Donnerstag, 1. März 2012


MÄRZ


Der Pilger ging entlang eines sprudelnden Bergbachs.


Auf seinem Weg war an vielen Wasserläufen entlang gegangen

kleine Rinnsalen                     Bächen                          Flüssen                                         Strömen


waren seine Begleiter gewesen


an heiße Sonnentage            bei strömendem Regenwetter                         an windigen Etappen


wie unterschiedlich der „eine“ Wasserlauf doch sein konnte


so schmal, dass er mit Leichtigkeit zu überspringen war
                                                 dann so breit, dass er ihn nur mit einem Boot überqueren konnte

ruhig und träge und fast wie ein See
                                                   dann wieder so schnell und voller wilder Strudel und Untiefen

hell und klar und durchsichtig bis zum Grund
                                     dann von Regen und Schneeschmelz aufgewühlt in schmutzigem Braun


wie unterschiedlich er „seinen“ Wegbegleiter doch wahrnahm

je nachdem

wie das Wetter war                                                                              wie er sich gerade fühlte
                                                                                     was ihn gerade bewegte
                                             welchen Gedanken er gerade nachhing





Er erkannte, dass der BEGRIFF FLUSS, dem Wasserlauf nicht gerecht wurde, der ihm so manche Stunde ein lebendiger Wegbegleiter gewesen war.

Da wurde er misstrauisch gegenüber BeGriffen und machte sich auf,  hinter den BeGriffen die lebendige und freie Wirklichkeit zu suchen.

Bergbach in Österreich                                                                                                                                                               © Bernd H Brang

das suchen, was die Wirklichkeit aus den Begriffen befreit


MÄRZ


Der Pilger ging entlang eines klaren, ruhigen Bergbachs.

Auf seinem Weg war er an vielen Wasserläufen entlang gegangen

kleinen Rinnsalen                   Bächen                          Flüssen                                           Strömen

wie unterschiedlich der „eine“ Wasserlauf doch sein konnte

ruhig und träge und fast wie ein See
                                                   dann wieder so schnell und voller wilder Strudel und Untiefen


Hier waren viele Steine und Felsen, die das Fliesen des Wasserlaufs veränderten.


Er war fasziniert, wie gleich gültig das Wasser um sie herumströmt

da gab es keine Anstrengung
                                               das Hindernis zur Seite zur räumen
und doch nahm das Wasser laufend
                                                                  im vorbeifließen etwas von dem Hindernis weg

der Fels wurde
                                      zum Stein
                                                           dann irgendwann zum Sand
das Hindernis verschwunden



Wie war es bei ihm doch so oft so anders - irgendwie sogar konträr.

Gedanken, Gefühle, Ideen, Phantasien, Befürchtungen, Ängste waren oft wie kleine Steine, die dann zu Brocken und manchmal zu Felsen oder gar Gebirgen wurden
von ihm genährt und aufgebaut

Und wenn sie dann so wuchsen stemmte er sich dagegen an, kämpfte angestrengt …

                                                                                                              nicht immer mit Erfolg :-))




Er beschloss sich von dem Wasserlauf in die Schule nehmen zu lassen und vom ihm den gelassenen Umgang mit Hindernissen lehren zu lassen – darauf zu vertrauen, dass Gelassenheit eine wunderbar starke und verändernde Kraft ist.

   Stein in der Rosanna/Österreich                                                                                                                                   © Bernd H. Brang

der Energie trauen, die aus der Gelassenheit entspringt



MÄRZ


Der Pilger war immer wieder auf Neue fasziniert zu beobachten
was sich hinter dem nächsten Hügel, der nächsten Wegbiegung für ihn auftat.

BAUM                                                           AUF                                                            GANG

Manchmal war es „eindeutig“ – manchmal nicht klar, was sich ihm da eröffnete

Brücke Auto Bäume Wald Kirchturm Häuser Menschen Rehe Berggipfel Felder

Jetzt was es ein Baumaufgang
                                           wie die Sonne am Horizont
                                                                       erhob sich ein Baum hinter dem Hügel
                                                                                   mit jedem seine Schritte mehr und mehr

Baumaufgang – ob jemand diesen Begriff verstehen würde fragte er sich lächelnd.

              Be                                                                                                               griff

In Kindheit und Jugend und auch noch danach hatte er immer neue Begriffe kennengelernt.

Als kleines Kind hatte er in die Welt geschaut –                                                           einfach so
Er war durch die Welt gegangen und hatte sie erfahren –                                            einfach so

Dann hatte jemand zu ihm gesagt:           Das IST            ein Haus, ein Mensch, eine Brücke …
Von nun an wurde von ihm erwartet,                     dass er WUSSTE, was DAS IST
ein Haus, ein Mensch, eine Brücke …

die Welt war nicht mehr die Gleiche wie zuvor

Er war lange und weit gegangen bis im etwas auffiel:
Beim Wald sah er zum ersten Mal,
dass es das was er im Kopf mit dem Begriff „WALD“ verband
nicht gab.

Die WIRKLICHKEIT „W A L D“ war immer anders, hing von so vielem ab,
war immer wieder neu und ganz anders!!!

Erschrocken und erfreut erkannte er, dass ein Begriff nicht die WIRKLICHKEIT ist.

Der Begriff war für ihn wie eine Mauer zwischen ihm und der REALITÄT gestanden.

Seit diesem Augenblick war er misstrauisch geworden gegenüber Begriffen und versuchte hinter sie und durch sie hindurch sich dem Wesen, der Wirklichkeit zu nähern

Und erneut nahm er sich vor misstrauisch zu sein gegenüber Begriffen.

Baumaufgang auf der Via Regia                                                                                                                                              © Bernd H Brang

das suchen, was hinter den Begriffen lebt