Mittwoch, 31. Oktober 2018

Mach mich zum Wächter deiner Weiten, mach mich zum Horchenden am Stein, gib mir die Augen auszubreiten auf deiner Meere Einsamsein; laß mich der Flüsse Gang begleiten aus dem Geschrei zu beiden Seiten weit in den Klang der Nacht hinein.
Schick mich in deine leeren Länder, durch die die weiten Winde gehn,wo große Klöster wie Gewänder um ungelebte Leben stehn. Dort will ich mich zu Pilgern halten,Von ihren Stimmen und Gestaltendurch keinen Trug mehr abgetrenntund hinter einem blinden Altendes Weges geh'n, den keiner kennt.

Rainer Maria Rilke




                               Was wir ahnen,
                               kann uns stärker bestimmen,
                               als was wir wissen.


                                   Ulrich Schaffer

Dienstag, 30. Oktober 2018

Die Welt
ist ein Ort des Geschäfts;
was für ein endloses Hasten!

Wie herrlich wäre es,
die Menschheit
einmal in Muße zu sehen.

Henry David Thoreau 




          Man muß versuchen,          bis zum Äußersten
 
             ins Innerste           zu gehen.          Der Feind des Menschen
          ist die Oberfläche.
          Samuel Beckett

Montag, 29. Oktober 2018



Ein wohlhabender Industrieller sagte zu dem Meister: „Welchen Beruf übt Ihr aus?"

„Keinen", sagte der Meister.

Der Industrielle lachte verächtlich: „Ist das nicht Faulheit?"

„Du lieber Himmel, nein! Faulheit ist meistens ein Laster sehr aktiver Menschen."

Später sagte der Meister zu seinen Schülern: „Tut nichts und alle Dinge werden durch euch geschehen. Nichtstun bedeutet in Wirklichkeit sehr viel Tätigkeit - probiert es!"


Anthony de Mello

Sonntag, 28. Oktober 2018




Wüste

Charles de Foucauld sagte einmal:
"Wenn das kontemplative Leben nur hinter Klostermauern oder im Schweigen der Wüste möglich wäre, dann müßten wir, um gerecht zu sein jeder Familienmutter ein kleines Kloster geben und den Luxus einer kleinen Wüste dem Hilfsarbeiter, der im Lärm einer Stadt leben muß, um hart sein Brot zu verdienen.
"Kontemplation auf den Straßen": Das ist die Aufgabe von Morgen.
Bring ein wenig Wüste in dein Leben,
verlaß von Zeit zu Zeit die Menschen,
such die Einsamkeit, um im Schweigen und anhaltenden Gebet deine Seele zu erneuern!
Das ist unentbehrlich. Das bedeutet "Wüste" in deinem geistlichen Leben.
Eine Stunde am Tag, ein Tag im Monat,
acht Tage im Jahr, länger, wenn es nötig ist, mußt du alles und alle verlassen, um dich allein mit Gott zurückzuziehen.
Wenn du das nicht suchst, wenn du das
nicht liebst, mach dir keine Illusionen.
Anders wirst du nie zum kontemplativen Gebet kommen.
Denn nicht Alleinsein wollen - obwohl man es könnte - um die innige Nähe Gottes zu kosten, ist ein Zeichen, daß es an dem Grundelement der Beziehung zum allmächtigen Gott fehlt:
an der Liebe.
Ohne Liebe aber ist keine Offenbarung möglich.
Aber die Wüste ist nicht der endgültige Ort.
Sie ist eine Zwischenstation.

Samstag, 27. Oktober 2018




Lass also deinen Willen.
Du kannst ohnedies nicht verantworten, 
was du tust und was durch dich geschieht.

Lass dich führen

Lass einmal deine Pläne.
Dein Leben findet seinen Sinn nicht mit dem, 
was du von deinen Plänen erreichst. 
Vertraue dich dem verborgenen Plan an, den Gott mit dir hat.
Er kennt dich.

Lass auch einmal deine Sorgen um andere Menschen. 
Du besserst wenig mit deinen Sorgen. 
Tu, was nötig ist. Aber vertraue der Sorge, die in Gottes Willen am Werk ist.

Lass deine Angst vor deinem eigenen Versagen.
Du brauchst weder ein vollkommener 
noch ein wichtiger noch ein allseits geachteter Mensch zu sein.
Wichtiger ist, dass du weißt: Ein gesegneter Mensch wirst du sein nach seinem Willen

Lass alle ungelösten Fragen.

Lass alle Mühe, die du mit dir selbst hast, 
dann und wann ganz und gar stehen oder liegen zu lassen. 

Lass alle verkrampften Erwartungen an dich oder an die Menschen. 
Du wirst auf deine Fragen in dieser Welt keine Antwort finden 
außer dem Vertrauen, dass es einen Augenblick geben wird, 
in dem dir die Wahrheit aufgeht.

Renne nicht gegen verschlossene Türen.
Bleib stehen mit Gelassenheit und Geduld. 
Eines Tages werden sie sich öffnen und du wirst Gott begegnen.

Lass dich selbst.
Du lebst in der Hand Gottes. Und das gilt.

Jörg Zink 

Freitag, 26. Oktober 2018



Anmut und Behagen (2)


Ich sah auch schlechte Künstler,
verkrampft über zu schwierigen Stücken.
Ihr Spiel offenbarte ihre ganze Mühsal.
Vor lauter Hinsehn hörte man die Musik kaum.

Ein großer Schmerz für uns ist es,
daß wir deine schöne Musik so freudlos spielen,
Herr, der du uns Tag um Tag bewegst.

Daß wir immer noch bei den Tonleitern sind,
bei der Zeit der anmutslosen Bemühungen.
Daß wir zwischen den Menschen hindurchgehn
wie schwerbeladene, ernste, überanstrengte Leute.
Daß wir es nicht fertigbringen, über unserm Winkel der Welt,
während der Arbeit, der Hast, der Ermüdung
etwas auszubreiten wie

Anmut und Behagen der Ewigkeit.

Madeleine Delbrêl

Donnerstag, 25. Oktober 2018

Nur gelassen,
nur gemächlich;
Stetigkeit führt auch zum Ziel.
Jeder Wagen ist zerbrechlich,
sausend durchs olympische Spiel.

Carl Ludwig Schleich



Anmut und Behagen (1)

Unser großer Schmerz ist, daß wir dich ohne Freude lieben,
o du, von dem wir «glauben», du seist unser Jubel;
daß wir ohne Behagen und Anmut
an deinen Willen gekrampft sind,
der unsere Tage bewegt.
Ein großer Schmerz, Herr, ist es für uns,
einen Künstler zu hören,
wie er die Menschenmusik ohne Ermüdung spielt,
indem er sich von ihr tragen läßt,
und durch die Akrobatik der Harmonien hindurch
einer Welle von Liebe begegnet, die doch nur Menschenmaß hat.
Von ihm vielleicht sollten wir es lernen,
deine Liebe zu spielen,
wir, für die diese Liebe zu groß, zu schwer ist.

Ich sah einen, der eine Zigeunerweise spielte
auf einer Geige aus Holz, 
mit Händen aus Fleisch.

In dieser Geige trafen sich sein Herz und die Musik.
Die Zuhörer hätten niemals erraten können,
daß die Melodie schwierig war,
Und wie lang er Tonleitern üben mußte,
seine Finger verrenken,
um die Noten und Klänge sich in die Fibern
seines Gehirns einprägen zu lassen.

Sein Körper war fast ohne Bewegung,
nur seine Finger, seine Arme.
Wenn er sich lang bemüht hatte, die Wissenschaft
der Musik zu besitzen,
so war es jetzt die Musik,
die ihn besaß, ihn belebte,
ihn aus sich selber hinauswarf wie eine tönende Entzückung.

Unter jeder gespielten Note hätte man eine ganze Geschichte
von Fingerübungen, Anstrengungen, Kämpfen entdecken können;
aber jede Note enteilte,als sei ihre Aufgabe erledigt,
wenn sie durch ihren genauen, vollkommenen Klang den Weg
für eine andere vollkommene Note gebahnt. 

Jede dauerte solange es nötig war.
Keine ging zu schnell los.
Keine verzögerte sich.
Sie dienten einem unmerklichen und allmächtigen Hauch.



Madeleine Delbrêl

Mittwoch, 24. Oktober 2018






Für mich gibt es nur das Gehen auf
Wegen, die Herz haben.


Auf jedem Weg gehe ich,
der vielleicht ein Weg ist, der Herz hat.


Dort gehe ich, und die einzige
lohnende Herausforderung ist,
seine ganze Länge zu gehen.


Und dort gehe ich und sehe,
und sehe staunend wie ein Kind.

Carlos Castaneda

Dienstag, 23. Oktober 2018



Der Unwissende sucht,
wenn er ein bescheidenes Herz hat,
noch die Quelle.

Der Dumme behauptet,
sie zu kennen,
aber nicht zu brauchen.


Peter Horton

Montag, 22. Oktober 2018



                                       Wenn Sie eine Zeile
                                       beglückend anspringt,
                                       gebührt die Bewunderung
                                       Ihnen selbst.


                                       Der Verfasser kann nur wecken,
                                       was lebendig ist.

                                       Peter Horton

Sonntag, 21. Oktober 2018



                 Unsere Lebendigkeit 
                 entsteht 
                 in unserer Leidenschaft 
                 für das Leben.

                          Ulrich Schaffer
                  

Samstag, 20. Oktober 2018

Unser Glück gründet nie auf etwas Bestimmtem.
Wahres Glück hat keine Ursache.
Wenn Sie jemand glücklich macht, oder Ihr Beruf Sie glücklich macht, geht es dabei nicht wirklich um Glück,
sondern um die Erfüllung eines Wunsches:
Ich möchte irgendetwas, nehme einen Anlauf, schaffe es,
bin begeistert, mache weiter bis zum Schluss, fühle mich belohnt, es macht mir Spaß, schließlich werde ich dessen müde.
Wenn ich es nicht schaffe, werde ich unruhig.
Das ist kein Glück! Das sind Gefühle.


Anthony de Mello

Freitag, 19. Oktober 2018

Sonntag, 14. Oktober 2018

Die Dinge tun das,
was sie immer tun.
Sie betrachten die Welt
von den Regalen aus, von den Fächern,
von den Tischplatten und Fenstersimsen
und machen sich nichts unseren Angelegenheiten.

Stefan Chwin


Mittwoch, 10. Oktober 2018

Zorn
wurzelt in mangelnder Selbsterkenntnis
und im fehlenden Verständnis
für die ebenso tiefen wie unmittelbaren Ursachen,
die diesen unerfreulichen Mißstand ausgelöst haben.

Thich Nhat Hanh