Dienstag, 30. Juni 2020










                       Nur für heute                
                       werde ich große Sorgfalt in mein Auftreten legen:
                       vornehm in meinem Verhalten;                
                       ich werde niemand kritisieren,                
                       ja ich werde nicht danach streben,                
                       die anderen zu korrigieren                
                       oder zu verbessern - nur mich selbst.



                          Johannes XXIII  

Montag, 29. Juni 2020





 Unter der Haut
 
                                     Zwei Tropfen nur im großen Ozean
                                     zwei Funken Lava im Vulkan
                                     sie steigen zum Himmel und stürzen ab
                                     jetzt gibst du mir, was ich dir einst gab
                                     und manchmal berühren wir die Sterne
                                     komm wir wagen es noch einmal

Unter der Haut
da fließt der Fluß des Lebens
Tod und Liebe, nichts ist vergebens
Unter der Haut
da sind wir alle gleich
und leben ohne Maske, stark und reich

                                     Wir sind nur Gäste auf der Erdenbahn
                                     sind König oder Bettelmann
                                     Ich sehe die Lilien in meiner Hand
                                     die Spur der Zeit ist eingebrannt
                                     ja manchmal berühren wir die Sterne
                                     komm wir wagen es noch einmal

Unter der Haut
da fließt der Fluß des Lebens
Tod und Liebe, nichts ist vergebens
Unter der Haut
da sind wir alle gleich
und leben ohne Maske, stark und reich


                                     Unter der Haut 
                                     da sind wir alle gleich,
                                     und leben ohne Maske,
                                     Unter der Haut
                                     da fließt der Fluß des Lebens
                                     Tod und Liebe, nichts ist vergebens





Unter der Haut
da sind wir alle gleich
und leben ohne Maske, stark und reich

Unter der Haut, unter der Haut
 
Songtext

Sonntag, 28. Juni 2020









Mit dem Menschen steht es ganz ähnlich, 
wie mit einer Zitadelle. 
Er reißt die Mauern nieder, 


um sich die 
Freiheit zu wahren, 

aber nun ist er nur noch eine geschliffene Festung, 

die sich den 
Sternen öffnet. 



Dann beginnt die Angst vor dem Nichtsein.

A. Saint-Exupery

Samstag, 27. Juni 2020






Ehrgeiz ist eine Art Gehirnwäsche, der wir unterzogen wurden.
Es wurde uns eingeschärft, dass nie etwas aus uns werden würde,
wenn wir keinen Ehrgeiz hätten.

Dabei erwähnte niemand die Energie und Freude, die in der Arbeit liegen können.
Von Tranxu, dem großen chinesischen Weisen, stammt der Satz:
„Wenn der Bogenschütze schießt, ohne einen besonderen Preis zu bekommen,
kann er seine ganze Kunst entfalten;
schießt er, um eine Bronzemedaille zu erringen,
fängt er an, unruhig zu werden.
Schießt er um den Goldpokal, wird er blind,
sieht zwei Ziele und gerät aus der Fassung.

Sein Können ist dasselbe, aber der Preis spaltet ihn,
er ist ihm wichtig.
Er denkt mehr ans Gewinnen als an das Schießen.
Und der Erfolgsdruck schwächt ihn."


Anthony de Mello

Freitag, 26. Juni 2020





DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (2)

Wenn Sie das Leben und die einfachen Sinnesfreuden wirklich genießen würden - 

Sie wären überrascht.
 

Sie würden die außergewöhnliche Disziplin eines Tieres entwickeln.
Ein Tier isst niemals zuviel, 

in seiner natürlichen Umgebung wird es nie zu dick.
Es wird niemals etwas essen oder trinken, das seiner Gesundheit schaden könnte: 

Sie würden nie ein Tier Zigaretten rauchen sehen. 

Es bewegt sich soviel, wie es braucht - 
beobachten Sie einmal Ihre Katze nach ihrer Mahlzeit, 
sehen Sie, wie sie sich ausruht 
und wie sie mit einem Sprung wieder in Aktion ist, 
sehen Sie, wie geschmeidig ihre Glieder und wie lebendig ihr Körper ist.
 

Das haben wir verloren. 
Wir sind nur noch kopfgesteuert, 
haben uns in unseren Ideen und Idealen verloren, 
und ständig heißt es: weiter, weiter.
 

Auch stehen wir in einem inneren Konflikt, den Tiere nicht haben. 

Wir machen uns selbst immer wieder Vorwürfe 
und plagen uns mit Schuldgefühlen. 

Sie werden wissen, wovon ich spreche.

Anthony de Mello

Donnerstag, 25. Juni 2020








DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (1)

Leider haben sich die Menschen irgendwie verrannt, sie werden immer abhängiger,
da sie die schönen Dinge des Lebens nicht zu genießen verstehen.

In den siebziger Jahren appellierte Präsident Carter an die Amerikaner,
den Gürtel enger zu schnallen.

Dabei dachte ich mir: Er sollte nicht an sie appellieren, mehr zu sparen,
sondern sie daran erinnern, das, was sie haben, mehr zu genießen.

Ich glaube, die meisten Menschen in reichen Ländern haben das verlernt.
Sie brauchen immer teurere technische Spielereien,
sie können sich nicht an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen.

Wohin man geht, ob im Supermarkt oder in Wartesälen,
ertönt die schönste Musik, aber ich habe noch keinen getroffen,
der ihr je gelauscht hätte - keine Zeit, keine Zeit.
Sie sind schuldig, sie haben keine Zeit, das Leben zu genießen. 

Sie sind überlastet: weiter, weiter.

Anthony de Mello

Mittwoch, 24. Juni 2020








Die Seele ist der Stille nicht mehr fähig,
in der allein
ihre Liebes- und Glaubenskraft sich sammelt,
ihre höchste Hoffnung gedeiht.
Wenn Gott schwiege
und der Mensch
noch immer nicht zu schweigen vermöchte,
ja der Mensch sich immer lauter gebärdete,
eben weil er fühlt —
nicht weiß und nicht wissen will
daß Gott schweigt:
was dann?


Es würde sich mit den Völkern verhalten
wie mit den Bewohnern einer großen Stadt,
deren übergrelles Licht die Tiefe
des nächtlichen Himmels verdeckt,
so daß kein Blick hinaufdringt;
eingesponnen im mißfarbigen Lichtgewebe,
gefangen im selbsterzeugten Lärm,
liegt die Stadt in der ungeheuren Nacht,
deren Gestirne über sie herrschen.



Reinhold Schneider

Dienstag, 23. Juni 2020





Was siehst du?

Der Meister hob hervor, dass die Welt, wie sie die meisten Leute sehen, nicht die Welt der Wirklichkeit ist, sondern eine Welt, die ihr Kopf hervorgebracht hat.

Als ein Schüler das in Frage stellen wollte, nahm der Meister zwei Stöcke und legte sie in Form eines T auf den Boden. Dann fragte er den Schüler: „Was siehst du hier?"

„Den Buchstaben T", antwortete er.

„Genauso habe ich es mir vorgestellt", sagte der Meister. „Es gibt von sich aus keinen Buchstaben T; das T ist die Bedeutung, die du ihm gibst. Was du vor dir siehst, sind zwei abgebrochene Äste in Form von Stöcken."


Anthony de Mello

Montag, 22. Juni 2020




Ein frommer und religiöser Mann hatte schwere Zeiten durchzumachen.
Er versuchte es nun mit folgendem Gebet:
„Herr, erinnere dich an all die Jahre, in denen ich dir diente,
so gut ich konnte und nichts dafür verlangte. Nun, da ich alt und bankrott bin,
möchte ich dich zum ersten Mal in meinem Leben um eine Gunst bitten,
und ich bin sicher, du wirst sie nicht abschlagen: lass mich in der Lotterie gewinnen."




Tage vergingen,







dann Wochen




und Monate.







Nichts geschah.















Schließlich rief
er eines Nachts voller Verzweiflung:
„Warum gibst du mir keine Chance, Gott?"




















Plötzlich hörte er die Stimme Gottes:










„Gib mir auch eine Chance!




















Warum kaufst du dir kein Los?"


Anthony de Mello

Sonntag, 21. Juni 2020






              Du musst niemanden beeindrucken, nie wieder.
              Du fühlst dich in der Welt einfach wohl,
              du verlangst von niemandem mehr etwas.
              Wenn deine Wünsche nicht erfüllt werden,
              macht dich das nicht unglücklich.
              Wenn du dich vor niemandem mehr verteidigen musst,
              fühlst du dich auch nicht mehr dazu gezwungen,
              dich zu entschuldigen.
              Noch nicht einmal, dich zu erklären.
              Du musst niemand mehr beeindrucken.
              Du belastest dich nicht damit, was andere sagen oder denken.
              Es macht dir nichts aus, es trifft dich nicht.
              Dann wird die Liebe beginnen.


              Aber erst dann.

              Anthony de Mello 

Samstag, 20. Juni 2020





UNPARTEIISCH

Jesus Christus sagte, er sei noch nie bei einem Fußballmatch gewesen. Also nahmen meine Freunde und ich ihn zu einem Spiel mit. Es war eine wilde Schlacht zwischen den protestantischen Boxern und den katholischen Kreuzfahrern.

Die Kreuzritter erzielten das erste Tor. Jesus schrie laut Beifall und warf seinen Hut in die Luft. Dann waren die Boxer vorne. Und Jesus spendete wild Beifall und warf seinen Hut in die Luft.

Das schien den Mann hinter uns zu verwirren. Er klopfte Jesus auf die Schulter und fragte: „Für welche Partei brüllen Sie, guter Mann?"

„Ich", erwiderte Jesus, den mittlerweile das Spiel sichtlich aufregte, „oh, ich schreie für keine Partei. Ich bin bloß hier, um das Spiel zu genießen."

Der Frager wandte sich seinem Nachbarn zu und feixte: „Hm, ein Atheist!"

Auf dem Rückweg klärten wir Jesus über die Lage der Religionen in der heutigen Welt auf. „Fromme Leute sind ein komisches Volk, Herr", sagten wir, „sie scheinen immer zu denken, Gott sei auf ihrer Seite und gegen die Leute von der anderen Partei."

Jesus stimmte zu. „Deswegen setze ich nie auf Religionen, ich setze auf Menschen", sagte er. „Menschen sind wichtiger als Religionen. Der Mensch ist wichtiger als der Sabbat."

„Du solltest deine Worte wägen", sagte einer von uns etwas besorgt.

„Du bist schon einmal wegen einer solchen Sache gekreuzigt worden."

„Ja - und von religiösen Leuten", sagte Jesus mit gequältem Lächeln.

Anthony de Mello

Freitag, 19. Juni 2020










Reich sein
an Freude
hängt
nicht von Reichtum,
nicht von Armut ab,

sondern

von einem genügsamen
und zufriedenen Herzen. 



Jeremias Gotthelf

Donnerstag, 18. Juni 2020





Alles fließt, panta rhei, 
lehren Heraklit und die Alten Griechen.

Nichts ist festzuhalten,
 alles vergeht.


Wir sind nicht morbide, 

sondern weise,

wenn wir das nicht vergessen.


 Ulrich Schaffer

Mittwoch, 17. Juni 2020





UNPARTEIISCH

Jesus Christus sagte, er sei noch nie bei einem Fußballmatch gewesen. Also nahmen meine Freunde und ich ihn zu einem Spiel mit. Es war eine wilde Schlacht zwischen den protestantischen Boxern und den katholischen Kreuzfahrern.

Die Kreuzritter erzielten das erste Tor. Jesus schrie laut Beifall und warf seinen Hut in die Luft. Dann waren die Boxer vorne. Und Jesus spendete wild Beifall und warf seinen Hut in die Luft.

Das schien den Mann hinter uns zu verwirren. Er klopfte Jesus auf die Schulter und fragte: „Für welche Partei brüllen Sie, guter Mann?"

„Ich", erwiderte Jesus, den mittlerweile das Spiel sichtlich aufregte, „oh, ich schreie für keine Partei. Ich bin bloß hier, um das Spiel zu genießen."

Der Frager wandte sich seinem Nachbarn zu und feixte: „Hm, ein Atheist!"

Auf dem Rückweg klärten wir Jesus über die Lage der Religionen in der heutigen Welt auf. „Fromme Leute sind ein komisches Volk, Herr", sagten wir, „sie scheinen immer zu denken, Gott sei auf ihrer Seite und gegen die Leute von der anderen Partei."

Jesus stimmte zu. „Deswegen setze ich nie auf Religionen, ich setze auf Menschen", sagte er. „Menschen sind wichtiger als Religionen. Der Mensch ist wichtiger als der Sabbat."

„Du solltest deine Worte wägen", sagte einer von uns etwas besorgt.

„Du bist schon einmal wegen einer solchen Sache gekreuzigt worden."

„Ja - und von religiösen Leuten", sagte Jesus mit gequältem Lächeln.

Anthony de Mello

Dienstag, 16. Juni 2020







Durch eine Verkettung von Umständen gelangte das Ei eines Adlers in ein Nest im hintersten Winkel einer Scheune, in dem eine Henne auf ihren Eiern brütete.
Als es soweit war, schlüpfte der kleine Adler mit den anderen Küken aus.
Die Zeit verging, und der kleine Vogel begann auf unerklärliche Weise sich danach zu sehnen, fliegen zu können.
Also sagte er zu seiner Mutter, der Henne: „Wann werde ich fliegen lernen?"
Der armen Henne war durchaus bewusst, dass sie nicht fliegen konnte und auch nicht die geringste Ahnung hatte, was andere Vögel taten, um ihre Jungen die Kunst des Fliegens zu lehren.
Aber sie genierte sich, diese Unzulänglichkeit zuzugeben, und sagte daher: „Noch nicht, Kind, noch nicht. Ich werde es dir beibringen, wenn du soweit bist."
Monate vergingen, und der junge Adler begann zu argwöhnen, dass seine Mutter nicht fliegen konnte.

Aber er brachte es nicht fertig, auszubrechen und auf eigene Faust loszufliegen, denn seine Sehnsucht zu fliegen war in Konflikt geraten mit der Dankbarkeit, die er gegenüber dem Vogel, der ihn ausgebrütet hatte, empfand.


Anthony de Mello

Montag, 15. Juni 2020





Wenn Morgenfrische der Mittagsmüdigkeit weicht,
wenn die Beinmuskeln vor
Anspannung beben,
wenn der Weg unendlich scheint
und plötzlich nichts mehr gehen
will - gerade dann darfst
du nicht zaudern.


D. Hammarskjöld

Sonntag, 14. Juni 2020





Wir nennen unsere Welt "Schöpfung",
weil sie lebendig ist.
Lebendig ist sie, weil Gott das
"Geistige" und das "Materielle" in ihr durchwirkt und verbindet.
Wenn wir von "Schöpfung" sprechen,
dann kann es in dieser Welt der
massiven Dinge nichts geben, das nicht
von IHM durchwirkt wäre und das nicht zu einem Instrument seines Willens werden könnte.
Nichts gehorcht seinen "eigenen Grenzen".
In diesem Zusammenhang der Elemente und
des Willen Gottes finden wir Menschen uns, furchtsam und gefährdet,
bis wir mitten aus den Elementen,
die leise Stimme hören,
die sagt: Ich bin's! Angst? Ich bin's!
                     Tod? Ich bin's!
                     Nacht? Ich bin's.
Bis wir, geborgen in diesem leisen Wort,
es wagen,
das nächtliche Wasser zu befahren oder vielleicht selbst einmal den Fuß auf das Wasser zu setzen in dem Glauben,
daß es tragen wird.

                                                 J. Zink