DESIDERATA (6)
im übrigen aber sei freundlich und sanft mit Dir selber.
Du bist ein Kind der Schöpfung, nicht weniger,
als Bäume und Sterne es sind.
Du hast ein Recht, hier zu sein.
entfaltet die Schöpfung sich so, wie sie es soll.
DESIDERATA (6)
Du hast ein Recht, hier zu sein.
DESIDERATA (5)
aber erschöpfe Dich nicht durch dunkle Vorahnungen.
Viel Ängste entstehen nur durch Erschöpfung und Verlassenheit.
DESIDERATA (4)
Ja sagen
zum Leben
heißt auch
ja sagen
Ja -
auch zu der Eigenschaft
die sich am widerwilligsten
umwandeln läßt
Versuchung
D. Hammarskjöld
Wenn uns ein außerhalb unseres Ichs
liegendes gemeinsames Ziel
mit anderen Menschen geschwisterlich verbindet,
dann allein atmen wir frei.
Kameraden dürfen sich nur Menschen nennen,
die in der gleichen Gruppe angeseilt
dem selben Gipfel entgegenstürmen,
um ihn gemeinsam zu erreichen.
A. de Saint-Exupery
Es ist in dir,
und so du magst eine Stunde schweigen
von allem deinem Wollen und Sinnen,
so wirst du
unaussprechliche Worte Gottes hören.
JAKOB BÖHME
ZWEI MENSCHEN
LOTHAR ZENETTI
Ich glaube tatsächlich, dass wir alles in uns haben.
Dies meine ich nicht nur in dem Sinne, dass wir alle Menschen sind
und dass es nichts Menschliches gibt, das uns fremd wäre,
weil es nichts Menschliches gibt, das es nicht in uns gäbe:
das Kind, der Kriminelle, der Verrückte, der Heilige, der Durchschnittsmensch.
Ich glaube nicht nur, dass dies alles in uns ist,
sondern dass wir uns all dessen auch gewahr sind und es spüren,
auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.
Erich Fromm
Erst muß
die Nacht
ihre Mitte erreicht haben,
ehe sie
den neuen Tag weckt.
Erst muß
die Talsohle erreicht sein,
ehe
der Aufstieg beginnt.
Erst muß
der Auftrag des Vaters erfüllt sein,
ehe
der Erniedrigte
zur Rechten des Vater erhöht wird,
ehe
ihm alle Macht
im Himmel wie auf Erden zuteil wird.
Der Ball des Gehorsams (4)
Gib, dass wir unser Dasein leben
Der Ball des Gehorsams (3)
Wir aber, wir vergessen so oft die Musik deines Geistes,
Weil wir wissen, dass sowas beim Tanz immer vorkommt.
‚Wir haben auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt’
Denn ich glaube, du hast von den Leuten genug,
Sinkt jeder Tag
hinab in jeder Nacht,
so gibt’s einen Brunnen,
der drunten die Helligkeit hält.
Man muß an den Rand
des Brunnendunkels hocken,
entsunkenes Licht zu angeln
mit Geduld.
PABLO NERUDA
Herr,
ich habe es satt,
den Hals zu verdrehen
und jedem Trugbild nachzugaffen.
Ich drehe mich nicht mehr um.
Geradeaus sehe ich und schweige.
Ich gönne meinem Nacken Ruhe.
Denn mein Nacken ist müde,
müde vom ewigen Drehen und Wenden.
Mache mich zu einem Menschen,
der geradeaus geht,
daß ich nur auf deinen Weg schaue,
den Weg, den du zeigst.
Meine Ohren sind müde
vom Lärm der Züge und Autos,
müde vom Nachhall der Worte,
vom Kopfweh kommender Tage,
sehr, sehr müde
und beinah ertötet
vom klingenden, betäubenden Lärm.
Ich habe es satt, gereizt zu werden,
gereizt von den vielen Dingen draußen
und von der Selbstsucht drinnen.
Herr, reize du mich,
daß deine große Liebe mich treibt
und ich in Ewigkeit fröhlich bin.
Ein jegliches hat seine Zeit,
und alles Vorhaben
unter dem Himmel
hat seine Stunde.
Ich sah die Arbeit,
die Gott den Menschen
gegeben hat,
dass sie sich damit plagen.
Er hat alles schön
gemacht zu seiner Zeit,
auch hat er die
Ewigkeit in ihr Herz gelegt;
nur dass der Mensch
nicht ergründen kann
das Werk, das Gott tut,
weder Anfang noch Ende.
Prediger 3,1.10-11
aus dem Stundenbuch
Mach mich zum Wächter deiner Weiten,
mach mich zum Horchenden am Stein,
gib mir die Augen auszubreiten
auf deiner Meere Einsamsein;
laß mich der Flüsse Gang begleiten
aus dem Geschrei zu beiden Seiten
weit in dem Klang der Nacht hinein.
Schick mich in deine leeren Länder,
durch die die weiten Winde gehen,
wo große Klöster wie Gewänder
um ungelebte Leben stehn.
Dort will ich mich zu Pilgern halten,
von ihren Stimmen und Gestalten
durch keine Trug mehr abgetrennt
und hinter einem blinden Alten
des Weges gehen, den keiner kennt.
Rainer Maria Rilke