Montag, 31. Juli 2017




DIE GUTE NACHRICHT


Ich stelle mir vor, ich hätte nur noch ein paar Tage zu le­ben. ..
Ich darf mir einen oder zwei Menschen wählen, mit denen ich diese letzten Tage verbringe.
Ich treffe die schwie­rige Wahl... dann spreche ich mit diesem Menschen und erkläre ihm, warum ich ihn gewählt habe. . .
Zum letzten Male habe ich Gelegenheit, auf Menschen zuzugehen, die mir unsympathisch oder gleichgültig waren. Wenn ich das fertig bringe: was sage ich einem jeden jetzt, da ich fühle, dass ich an der Schwelle der Ewigkeit stehe?  ..,

Eines Tages bin ich allein in meinem Zimmer und denke an all das in meinem Leben, wofür ich besonders dankbar bin . . . und worauf ich stolz bin. . . Dann wende ich mich den Dingen zu, die ich bereue und am liebsten ungeschehen machte. .. besonders meine Sünden. . .

Während ich mich damit befasse, kommt Jesus herein.
Seine Nähe bringt mir selige Freude und Frieden... Ich er­zähle ihm einiges aus meinem Leben, was mir Leid tut. . .
Er unterbricht mich mit den Worten: "All das ist vergeben und vergessen. Weißt du nicht, dass die Liebe das Böse nicht nachträgt?" (1 Kor 13,5).
Dann fährt er fort: "Deine Sünden sind tatsächlich nicht nur vergeben, sie sind sogar in Gnade verwandelt worden. Hast du denn nie gehört, dass da, wo die Sünde groß, die Gnade übergroß ist?" (Röm 5,21).
Das klingt für mein armes, furchtsames Herz zu wunder­bar, um wahr zu sein. Da höre ich ihn sagen: "Ich bin so zufrieden mit dir, ich bin dir so dankbar. . ." Ich fange an zu protestieren, dass in meinem Leben nichts ist, was ihn so zufrieden und dankbar machen könnte. Er sagt: "Du wärest sicher einem Menschen, der für dich nur ein wenig von dem getan hätte, was du für mich getan hast, unaussprechlich dankbar. Meinst du, ich hätte weniger Herz als du?"

So lehne ich mich zurück und lasse mich von seinen Wor­ten treffen...
und mein Herz jubelt vor Freude, dass ich einen solchen Gott habe!

Anthony de Mello

Sonntag, 30. Juli 2017




DIE BESTEN DINGE

Die besten Dinge des Lebens sind uns geschenkt: 

 Sehvermögen, Gesundheit, Liebe, Freiheit und das Leben selbst. 
 Schade nur, dass wir uns an ihnen nicht recht erfreuen. 

Wir sind zu sehr von dem Gedanken belastet, 
dass wir nicht genug von sehr nebensächlichen Dingen besitzen: 
wie Geld, gute Kleider und Ruhm.

Als ich einmal zurück in meine Heimat flog, hatte das Flugzeug Verspätung, 

und ich war verärgert. 
Als es dann den Flughafen erreicht hatte, kreiste es fast eine halbe Stunde wegen „technischer Schwierigkeiten", wie es diskret hieß, über dem Flughafen, was uns noch mehr verspätete. 
Die halbe Stunde war voller Spannung und Sorgen. 
Schließlich landeten wir erleichtert. 
Verflogen war mein Ärger über die Verspätung. 
Alle waren sehr froh, sicher auf der Erde zu sein. 
Die Verspätung war nun eine dumme Kleinigkeit. 

Doch erst die Möglichkeit eines schweren Unfalls führte uns das vor Augen.

Ich las einmal von einem Mann, den die Nationalsozialisten gefangen hielten: der schrieb in einem Brief an seine Familie über seine große Freude, 

dass er von einer fensterlosen Zelle in eine andere verlegt worden war, die hoch oben ein Luftloch hatte, durch das er ein Stück blauen Himmel bei Tag und nachts ein paar Sterne erkennen konnte. 

Das betrachtete er als ein großes Glück.

Nachdem ich diesen Brief gelesen hatte, 

schaute ich aus meinem Fenster auf die ganze Weite des Himmels. 
Ich war tausendmal reicher als dieser Gefangene, 
und doch gab mir mein Reichtum nicht einmal einen Bruchteil der Freude, 
die jener von seinem Luftloch empfing. 



Anthony de Mello

Samstag, 29. Juli 2017



DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (2)

Wenn Sie das Leben und die einfachen Sinnesfreuden wirklich genießen würden - 

Sie wären überrascht.
 

Sie würden die außergewöhnliche Disziplin eines Tieres entwickeln.
Ein Tier isst niemals zuviel, 

in seiner natürlichen Umgebung wird es nie zu dick.
Es wird niemals etwas essen oder trinken, das seiner Gesundheit schaden könnte: 

Sie würden nie ein Tier Zigaretten rauchen sehen. 

Es bewegt sich soviel, wie es braucht - 
beobachten Sie einmal Ihre Katze nach ihrer Mahlzeit, 
sehen Sie, wie sie sich ausruht 
und wie sie mit einem Sprung wieder in Aktion ist, 
sehen Sie, wie geschmeidig ihre Glieder und wie lebendig ihr Körper ist.
 

Das haben wir verloren. 
Wir sind nur noch kopfgesteuert, 
haben uns in unseren Ideen und Idealen verloren, 
und ständig heißt es: weiter, weiter.
 

Auch stehen wir in einem inneren Konflikt, den Tiere nicht haben. 

Wir machen uns selbst immer wieder Vorwürfe 
und plagen uns mit Schuldgefühlen. 

Sie werden wissen, wovon ich spreche.

Anthony de Mello

Freitag, 28. Juli 2017



DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (1)

Leider haben sich die Menschen irgendwie verrannt, sie werden immer abhängiger, 

da sie die schönen Dinge des Lebens nicht zu genießen verstehen.

In den siebziger Jahren appellierte Präsident Carter an die Amerikaner, 

den Gürtel enger zu schnallen. 

Dabei dachte ich mir: Er sollte nicht an sie appellieren, mehr zu sparen, 
sondern sie daran erinnern, das, was sie haben, mehr zu genießen. 

Ich glaube, die meisten Menschen in reichen Ländern haben das verlernt. 
Sie brauchen immer teurere technische Spielereien, 
sie können sich nicht an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. 

Wohin man geht, ob im Supermarkt oder in Wartesälen, 
ertönt die schönste Musik, aber ich habe noch keinen getroffen, 
der ihr je gelauscht hätte - keine Zeit, keine Zeit. 
Sie sind schuldig, sie haben keine Zeit, das Leben zu genießen. 
Sie sind überlastet: weiter, weiter.

Anthony de Mello

Donnerstag, 27. Juli 2017




              Nur die Kreativität
              des kindlich offenen Gemüts
              dringt in die Schale des Nichtwissens,
              die das Herz der Wahrheit
              dem flegelhaften Blick
              eines sich selbst
              vergötzenden Intellekts
              verhüllt.


                Peter Horton

Mittwoch, 26. Juli 2017




Nur Glaube, der spirituelle Wachheit einschließt,
bewahrt vor einem Archiv unbeantworteter Gebete.


Peter Horton

Dienstag, 25. Juli 2017






Zu einer Zeit, als in Afrika das Reisen noch sehr beschwerlich war, kämpfte sich ein Forscher mit seinen Trägern durch dichtes Buschland. 

Weil er nach drei Tagen sein Ziel erreichen wollte, trieb er sie immer wieder zur Eile an. 
Zunächst ließen sie sich sein Drängen gefallen, dann aber setzten sie sich und blieben sitzen.
Die Sonne brannte heiß, die Luft flimmerte, nur ein paar Vögel sangen in die Stille hinein.
Der Forscher bat die Männer weiterzugehen, er drohte ihnen, er lockte sie. 
Nichts half Sie blieben sitzen.

Endlich kam ihm die Idee, zu fragen: „ Warum verweigert ihr die Arbeit? Warum geht ihr nicht weiter? "

Und da sagte einer der Träger den Satz, den der Forscher wohl nicht mehr vergessen konnte: 

„ Wir müssen warten, bis unsere Seele nachgekommen ist."

Montag, 24. Juli 2017







                 Man müßte so still halten können,
                 so vorsichtig hinhören und so aufmerksam betrachten,
                 daß sich die ganze Welt auftut
                 und man alles an ihr von innen versteht,
                 über alle Worte hinaus.


                       Ulrich Schaffer
 

Sonntag, 23. Juli 2017





Nur eines ist wichtig

Wahrlich,
das ist Glückseligkeit auf Erden,
wenn man sieht, daß alle Dinge für uns und durch uns vergöttlicht werden können!
Vergiß nicht,
diese Freude oder wesentliche Leidenschaft in deinem Geiste sorgfältig
über alles zu stellen,
selbst über das Gelingen und
den persönlichen, unmittelbaren,
sichtbaren Erfolg.
Nur eines ist wichtig und muß für uns
dem Sinn, der Leidenschaft für das Leben Nahrung geben: die Erfahrung,
daß Gott sich überall verwirklicht,
in uns und um uns.

Wenn nur diese grundlegende Umwandlung
in unserem Dasein immer weitergeht,
was bedeutet schon Verdruß oder Disharmonien im einzelnen, die zweifellos bleiben
- und gegen die wir kämfen müssen -,
die jedoch selber dazu beitragen können,
daß der Herr unseren Platz einnimmt.



Pierre Teilhard de Chardin

Samstag, 22. Juli 2017




UNSICHERHEIT

Jeder hat dann und wann Gefühle, die als Unsicherheit bekannt sind. 

Sie fühlen sich unsicher wegen der Summe des Geldes, das Sie bei der Bank haben, 
wegen der Summe der Zuneigung, die Ihnen Ihr Freund zukommen lässt 
oder wegen der Art Ihrer Ausbildung, die Sie genossen haben. 
Auch fühlen Sie sich unsicher wegen Ihrer Gesundheit, Ihres Alters, Ihres Aussehens.

Würde man Ihnen die Frage stellen: „Warum fühlen Sie sich denn unsicher?", 

würden Sie höchstwahrscheinlich die falsche Antwort geben. 
Sie werden vielleicht sagen: „Ich werde von einem Freund nicht genug geliebt" 
oder: „Ich habe nicht die akademische Ausbildung, die ich brauchte", oder etwas Ähnliches. 

Mit anderen Worten: Sie werden die Aufmerksamkeit auf einen äußeren Umstand lenken 

und nicht merken, dass Gefühle der Unsicherheit nicht durch etwas verursacht werden, 
was nicht außerhalb von Ihnen liegt, sondern nur durch Ihre vorgegebenen schematischen Gefühlsabläufe, 
durch etwas, was Sie sich selbst einreden.

Wenn Sie Ihr Denkschema wechseln, sind Ihre Gefühle der Unsicherheit im Handumdrehen verschwunden, obwohl alles um Sie herum genauso ist wie vorher. 

Der eine fühlt sich auch ohne Geld auf der Bank ganz sicher, der andere fühlt sich unsicher, 
obwohl er Millionen besitzt.
Nicht die Menge des Geldes, sondern Ihr Denkschema macht den Unterschied. 

Der eine hat praktisch keine Freunde, ist sich aber der Liebe der Menschen völlig sicher. 
Ein anderer fühlt sich selbst bei der besitzergreifendsten und ausschließlichsten Beziehung unsicher. 
Wieder bildet das Denkschema den Unterschied.

Anthony de Mello

Freitag, 21. Juli 2017




            Sonderbares Leben            Bruchstücke eines Textes in dem             beständig andere             Bruchstücke eingeschoben werden.             Aber welches ist der richtige Text?

            H. Heissenbüttel


Freitag, 7. Juli 2017



Man schämt sich jetzt schon der Ruhe;
das lange Nachsinnen macht beinahe Gewissensbisse.
Man denkt mit der Uhr in der Hand,
wie man zu Mittag ißt,
das Auge auf das Börsenblatt gerichtet -
man lebt wie einer,
der fortwährend etwas „versäumen könnte".

„Lieber irgend etwas tun als nichts" -
auch dieser Grundsatz ist eine Schnur,
um aller Bildung und allem höheren Geschmack
den Garaus zu machen.

Und so wie sichtlich alle Formen
an dieser Hast der Arbeitenden zugrunde gehen,
so geht auch das Gefühl für die Form selber,
das Ohr und Auge
für die Melodie der Bewegungen zugrunde.

Der Beweis dafür liegt in der jetzt überall geforderten
plumpen Deutlichkeit in allen den Lagen,
wo der Mensch einmal redlich mit Menschen sein will,
im Verkehr mit Freunden, Frauen, Verwandten, Kindern,
Lehrern, Schülern, Führern -

man hat keine Zeit und keine Kraft mehr für die Zeremonien,
für die Verbindlichkeit mit Umwegen,
für allen Esprit der Unterhaltung
und überhaupt für alles Beschauliche.

Friedrich Nietzsche

Donnerstag, 6. Juli 2017



Nichts beschreibt besser die menschliche Natur
als die Geschichte des armen Betrunkenen,
der spät nachts außerhalb eines Parkes am Zaun rüttelt
und schreit: „Lasst mich raus!"

Nur deine Illusionen
hindern dich an der Erkenntnis,
dass du frei bist -
und es immer warst.  

Anthony de Mello

Mittwoch, 5. Juli 2017



               Wie glücklich oder unglücklich wir sind, 
               hängt eher davon ab,  
               wie wir die Ereignisse wahrnehmen und ihnen gegenübertreten,  
               als von den Ereignissen an sich.  
               Wenn du dein Leben nicht genießen kannst, 
               stimmt etwas Grundlegendes mit dir nicht.


               Anthony de Mello

Dienstag, 4. Juli 2017



Werde immer mehr wie ein Kind:
einfach, spontan, fröhlich.

Sei kein Faß,
Das von Problemen überläuft.

Du kannst doch
so schön lachen.

Öffne Dich
wie eine Blume in der Sonne.

Versuche jeden Tag neu,
die Menschen gern zu haben,
die um Dich herum sind.


Phil Bosmans

Montag, 3. Juli 2017



Es muß so sein,
daß wir uns ohne jede
Sicherung ganz in
Gottes Hände legen;
um so tiefer
ist dann die Geborgenheit.


Edith Stein

Sonntag, 2. Juli 2017



                               Von guten Mächten wunderbar geborgen, (2)
                               erwarten wir getrost, was kommen mag.
                               Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
                               und ganz gewiß an jedem neuen Tag.
                               Laß warm und still die Kerzen heute flammen,
                               die du in unsere Dunkelheit gebracht.
                               Führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
                               Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

                               Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
                               so laß uns hören jenen vollen Klang der Welt,
                               die unsichtbar sich um uns weitet,
                               all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

                               Von guten Mächten treu und still umgeben,
                               behütet und getröstet wunderbar.
                               So will ich diese Tage mit euch leben
                               und mit euch gehen in ein neues Jahr.

                               Dietrich Bonheffer

Samstag, 1. Juli 2017



                  Von guten Mächten wunderbar geborgen, (1)
                  erwarten wir getrost, was kommen mag.
                  Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
                  und ganz gewiß an jedem neuen Tag.
                  Noch will das Alte unsere Herzen quälen,
                  noch drückt uns böser Tage schwere Last.
                  Ach, Herr, gib unseren aufgescheuchten Seelen
                  das Heil, für das du uns bereitet hast.

                  Und reichst du uns den schweren Kelch,
                  den bittren des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
                  so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
                  aus deiner guten und geliebten Hand.

                  Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
                  an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
                  dann woll'n wir des Vergangenen gedenken
                  und dann gehört dir unser Leben ganz.

                  Dietrich Bonhoeffer