Donnerstag, 31. August 2017




                Nicht das, was wir haben, sondern was wir verkosten,  
                macht uns glücklich.  
                Man kann das Leben nur verkosten, wenn man nicht fürchtet,  
                etwas zu verlieren.  
                Man wird frei, wenn man sich schließlich bewusst macht,  
                dass einem nicht genommen werden kann, was man weiß,  
                weder von anderen noch von sich selbst.


                Anthony de Mello

Mittwoch, 30. August 2017




Noch mehr Worte

Von Mark Twain stammt der schöne Satz: „Es war sehr kalt,
und wäre das Thermometer noch ein paar Zentimeter länger gewesen, wären wir erfroren." -
Wir erfrieren an Wörtern.
Nicht die Kälte draußen spielt eine Rolle,
sondern das Thermometer.
Nicht die Realität fällt ins Gewicht,
sondern was man sich selbst über sie sagt.

Ich hörte einmal eine schöne Geschichte von einem Bauern in Finnland.
Als die russisch-finnische Grenze gezogen wurde, musste der Bauer sich entscheiden,
ob er in Russland oder in Finnland leben wollte.
Nach langer Bedenkzeit sagte er, er wolle in Finnland leben,
doch wollte er die russischen Beamten nicht vor den Kopf stoßen.
Diese kamen zu ihm und fragten ihn, wieso er in Finnland leben wollte.
Er antwortete: „Es war schon immer mein Wunsch, in Mütterchen Russland zu leben, aber in meinem Alter könnte ich keinen russischen Winter mehr überleben."

Antonio de Mella

Dienstag, 29. August 2017





Wenn du dich an negative Gefühle klammerst, 
wirst du nie glücklich.
Ich will damit nicht sagen, 
dass du nicht auch einmal so etwas empfinden kannst,
was man negative Gefühle nennt. 

Dafür sind wir Menschen! 

Es wäre nicht normal, 
würdest du dich nie in Bedrängnis oder niedergeschlagen fühlen,
wenn du nie wegen irgendeines Verlustes traurig wärst. 

Du kannst durchaus negative Gefühle haben. 

Weißt du aber, was das Schlimmste an ihnen ist? 

Wenn du dich an sie klammerst.

Anthony de Mello

Sonntag, 27. August 2017



                 DESIDERATA (7)

                   Lebe darum in Frieden mit Gott,
                wie immer Du ihn jetzt für Dich begreifst,
                in der verwirrenden Unruhe des Lebens,
                halte Friede mit Deine Seele.

                Trotz ihres Schein, der Plackerei und den zerbrochenen Träumen
                ist diese Welt doch wunderschön.
                Sei vorsichtig.

Samstag, 26. August 2017



                                  DESIDERATA (6)


                                  Erwarte eine heilsame Selbstbeherrschung von Dir,
                                  im übrigen aber sei freundlich und sanft mit Dir selber.
                                  Du bist ein Kind der Schöpfung, nicht weniger,
                                  als Bäume und Sterne es sind.

                                 Du hast ein Recht, hier zu sein.
                                 Und ob Du es merkst oder nicht, ohne Zweifel
                                 entfaltet die Schöpfung sich so, wie sie es soll.

Freitag, 25. August 2017



                   DESIDERATA (5)


                        Nimm den Ratschluß der Jahre mit Freundlichkeit an
                   und gib Deine Jugend mit Anmut zurück, wenn sie endet.

                         Pflege die Kräfte Deines Gemütes,
                  damit es Dich schützen kann, wenn plötzlich hereinbrechendes Unglück dich trifft,                 
                  aber erschöpfe Dich nicht durch dunkle Vorahnungen.
                  Viel Ängste entstehen nur durch Erschöpfung und Verlassenheit.

Donnerstag, 24. August 2017



                      DESIDERATA (4)


                        Sei  D u   s e l b s t !
                        Vor allem: heuchle keine Zuneigung, wo Du sie nicht spürst
                        doch denke auch nicht verächtlich von der Liebe,
                        wo sie sich wieder regt.
                        Sie erfährt so viel Entzauberung, erträgt so viel Dürre,
                        und wächst doch so voller Ausdauer immer wieder neu wie das Gras.

Mittwoch, 23. August 2017






Und manchmal
setzen wir uns
an den Rand der Zeit
und gönnen uns die kleine Pause
für den großen Dank.
 Vreni Merz 

Dienstag, 22. August 2017




 DESIDERATA (3)


Übe Dich in Vorsicht bei Deinen Geschäften:
Die Welt ist voll von Tricks und Betrug.
Aber werde dadurch nicht blind für das,
was Dir an Tugend begegnet.
Es gibt so viele, die sich um Gutes bemühen,
und im Leben um Dich her verbirgt sich viel Heldentum.

Montag, 21. August 2017



                                        DESIDERATA (2)

                                        Wenn Du dich selbst mit anderen vergleichen willst,
                                        wisse, daß Eitelkeit oder Bitterkeit auf Dich warten,
                                        denn es wird immer größere und geringere Leute geben als Dich.


                                        Freue Dich an Deinen Erfolgen und Deinen Plänen.
                                        Strebe wohl danach weiterzukommen, doch bleibe bescheiden.
                                        Das ist ein guter Besitz im wechselnden Glück des Lebens.

Sonntag, 20. August 2017




DESIDERATA (1)


Gehe ruhig und gelassen deinen Weg - mitten Lärm und Hast -
wisse, welchen Frieden die Stille Dir schenken kann.

Stehe mit allen, wenn es geht, auf gutem Fuß,
aber gib Dich selber dabei nicht auf.

Sage Deine Wahrheit immer ruhig und klar
und höre die anderen auch an,
selbst die Geistlosen und Unwissenden -
auch sie haben ihre Geschichte.

Laute und zänkische Menschen meide.
Sie sind eine Plage für Dein Gemüt.

Samstag, 19. August 2017




Mein Leben ist ein Weg.
Aber nicht jeder Weg führt zum Ziel.
Ich brauch Wegweiser, damit ich mir Kraft erspare.
Denn sonst muß ich jeden Weg zu Ende gehen,
um zu erkennen, wohin er führt.
Der Wegweiser ist also energieschonend.
Und er schütz mich vor Irrwegen,
die nicht nur nicht ans Ziel führen,
sondern die gefährlich werden können.


Anselm Grün

Freitag, 18. August 2017





                            Solange wir                            mit dem Rücken                            zur aufgehende Sonne stehen                            brauchen wir Spiegel                            um uns zu sehen.

                            Peter Horton

Donnerstag, 17. August 2017



Aufwachen!

Die meisten Leute schlafen, ohne es zu wissen.
Sie wurden schlafend geboren, sie leben schlafend, sie heiraten im Schlaf, erziehen im Schlaf ihre Kinder und sterben im Schlaf, ohne jemals wach geworden zu sein. Niemals verstehen sie den Reiz und die Schönheit dessen, was wir „menschliches Leben" nennen.

Bekanntlich sind sich alle Mystiker - ob christlich oder nichtchristlich und egal, welcher theologischen Richtung oder Religion sie angehören- in diesem einen Punkt einig: dass alles gut, alles in Ordnung ist. Obwohl gar nichts in Ordnung ist, ist alles gut. Ein wirklich seltsamer Widerspruch. Aber tragischerweise kommen die meisten Leute gar nicht dazu, zu erkennen, dass tatsächlich alles gut ist, denn sie schlafen. Sie haben einen Alptraum.

Vor einiger Zeit hörte ich im Radio die Geschichte von einem Mann, der an die Zimmertür seines Sohnes klopft und ruft: „Jim, wach auf!"
Jim ruft zurück:„Ich mag nicht aufstehen, Papa."
Darauf der Vater noch lauter: „Steh auf, du musst in die Schule!"
„Ich will nicht zur Schule gehen."
„Warum denn nicht?" fragt der Vater.
„Aus drei Gründen", sagt Jim.
„Erstens ist es so langweilig, zweitens ärgern mich die Kinder, und drittens kann ich die Schule nicht ausstehen."

Der Vater erwidert: „So, dann sag' ich dir drei Gründe, wieso du in die Schule musst: Erstens ist es deine Pflicht, zweitens bist du 45 Jahre alt, und drittens bist du der Rektor."
Also aufwachen, aufwachen!
Du bist erwachsen geworden, du bist zu groß, um zu schlafen.
Wach auf! Hör auf, mit deinem Spielzeug zu spielen.
 
Anthony de Mello

Mittwoch, 16. August 2017





O Gott,
wenn du unsere Schöpfung heimbringst,
dann öffne das große Tor
für die geschwätzige Rasse der Menschen.

Dann wird die Zeit vollendet sein,
und unsere Fragen
werden ihren Sinn verlieren,
wir werden von ihnen geheilt sein
wie von einer Krankheit.
Denn der Fortschritt des Menschen
besteht in der Entdeckung,
dass seinen Fragen kein Sinn innewohnt.

Ich habe die Weisen dieser Erde befragt.
Sie haben auf die Fragen des vergangenen
fahr es keine Antwort gefunden.
Die aber zu dir heimkehrten,
lächeln heute über sich selbst,
denn als sie die Wahrheit erkannten,
waren alle ihre Fragen
wie ausgelöscht.

Wenn er dich aufnimmt, Mensch,
so heilt er dich.
Er nimmt deine Fragen
mit seiner Hand von dir wie ein Fieber.

 Gott,
wenn du deine Schöpfung eines Tages
heimbringst, so öffne das doppelte Tor
und lass uns eintreten in dein Haus,
wo wir nicht mehr nach Antworten suchen,
weil wir glücklich sind.
Denn die Seligkeit ist das Ende der Fragen.
Und unser Friede wird sein,
dich zu verehren.

Antoine de Saint-Exupéry

Dienstag, 15. August 2017





Weiter treibe ich
hinaus ins fremde Land.
Beinhart die Erde,
Eisluft beißend kalt.
Berührt vom Winde
meines unbekannten Ziels
zittern die Seiten
im Warten.

Immer ein Fragender
werde ich dort sein,
wo das Leben verklingt -
ein klar schlichter Ton
im Schweigen.


Dag Hammarskjöld

Montag, 14. August 2017




GEGENWART

Es ist typisch für die Hebräer der Bibel, Gottes Handeln in allen Dingen zu sehen. 

Wir halten uns fast ausschließlich mit sekundären Ursachen auf, während die Hebräer meist auf die Erste Ursache blickten. 
Sind ihre Armeen im Kampf geschlagen worden? Nein, Gott hat sie geschlagen; das Unvermögen der Generäle hat nichts damit zu tun! Wurde ihre Ernte von Heuschrecken zerstört? Gott hat sie geschickt.

Zugegeben, ihr Wirklichkeitssinn war einseitig. Sie haben anscheinend sekundäre Ursachen ganz ignoriert. 

Unser moderner Wirklichkeitssinn ist auf noch extremere Weise einseitig, denn wir ignorieren anscheinend vollständig die Erste Ursache. 
Sind deine Kopfschmerzen verschwunden? Die Hebräer würden gesagt haben: „Gott hat dich gesund gemacht!" Und wir: „Lass Gott aus dem Spiel. Die Aspirintablette hat dich gesund gemacht."

Uns hingegen ist ganz der Sinn für das Werk des Unendlichen in unserem Leben verlorengegangen. 

Wir spüren nicht mehr, dass Gott uns gesund macht durch unsere Ärzte, dass Gott jedes Ereignis unseres Lebens formt, dass Gott jeden Menschen, dem wir begegnen, schickt, dass er uns im leichten Wind umspielt und uns bei jeder Empfindung berührt. 
Er erschafft alle Laute um uns, damit wir sie hören und uns Gottes Gegenwart bewusst werden.

Sonntag, 13. August 2017



Die Seele ist der Stille nicht mehr fähig,
in der allein
ihre Liebes- und Glaubenskraft sich sammelt,
ihre höchste Hoffnung gedeiht.
Wenn Gott schwiege
und der Mensch
noch immer nicht zu schweigen vermöchte,
ja der Mensch sich immer lauter gebärdete,
eben weil er fühlt —
nicht weiß und nicht wissen will
daß Gott schweigt:
was dann?


Es würde sich mit den Völkern verhalten
wie mit den Bewohnern einer großen Stadt,
deren übergrelles Licht die Tiefe
des nächtlichen Himmels verdeckt,
so daß kein Blick hinaufdringt;
eingesponnen im mißfarbigen Lichtgewebe,
gefangen im selbsterzeugten Lärm,
liegt die Stadt in der ungeheuren Nacht,
deren Gestirne über sie herrschen.



Reinhold Schneider

Samstag, 12. August 2017



Wenn man glücklich sein möchte, kann man es augenblicklich sein.

Das Glück liegt in diesem Augenblick. 

Wenn man jedoch noch glücklicher sein will oder glücklicher als die anderen, zeigt man alle Eigenschaften eines unglücklichen Menschen, denn Glück ist unvergleichlich. 
Solche Wünsche sind unerfüllbar. 
Man kann nur so glücklich sein wie man selbst ist; das Glück der anderen lässt sich nicht messen.
 
Anthony de Mello

Donnerstag, 10. August 2017




Augen und Augenlider


Nachdem sich einer seiner Schüler eines ernsten Vergehens schuldig gemacht hatte, erwarteten alle, dass der Meister ihn exemplarisch bestrafen würde.

Als ein voller Monat vorübergegangen war, ohne dass er etwas getan hatte, machte man dem Meister Vorwürfe:

„Wir können nicht übersehen, was passiert ist. Schließlich hat uns Gott Augen gegeben."

„Ja", erwiderte der Meister, „und Augenlider."


Anthony de Mello

Mittwoch, 9. August 2017




 Geboren zu werden, 
              ist ein andauernder Prozess... 
              jeder Vorgang des Geborenwerdens, 
              jeder Schritt zu etwas Neuem, 
              ist mit Ungewissheit und Angst verbunden 
              und erfordert Glauben.


                   Erich Fromm

Dienstag, 8. August 2017




Ein frommer und religiöser Mann hatte schwere Zeiten durchzumachen.
Er versuchte es nun mit folgendem Gebet:
„Herr, erinnere dich an all die Jahre, in denen ich dir diente,
so gut ich konnte und nichts dafür verlangte. Nun, da ich alt und bankrott bin,
möchte ich dich zum ersten Mal in meinem Leben um eine Gunst bitten,
und ich bin sicher, du wirst sie nicht abschlagen: lass mich in der Lotterie gewinnen."




Tage vergingen,







dann Wochen




und Monate.







Nichts geschah.















Schließlich rief
er eines Nachts voller Verzweiflung:
„Warum gibst du mir keine Chance, Gott?"




















Plötzlich hörte er die Stimme Gottes:










„Gib mir auch eine Chance!




















Warum kaufst du dir kein Los?"

Anthony de Mello

Montag, 7. August 2017




„Ich habe keine Ahnung, was der morgige Tag bringen wird, 
also möchte ich mich darauf vorbereiten."

„Du fürchtest den morgigen Tag 
und erkennst nicht, 
dass der gestrige genauso gefährlich ist."

Anthony de Mello 

Sonntag, 6. August 2017



Die Augen öffnen -
und danken
Im Alltag sind wir uns so wenig bewußt,
daß der Mensch unendlich viel empfangen darf, 
viel mehr, als er selbst gibt.
Wie kann sich das Herz erfreuen
an einem schönen Sonnenaufgang und
an der Wärme, die die Sonne ausstrahlt,
an bunten Blumen, reifen Ährenfeldern,
an Bäumen, voll mit Früchten behangen,
an Gärten, reich an feinem Gemüse ...
Gott schenkt uns eine Fülle
von Formen und Farben.
Jeden Tag fließt uns diese Fülle
wie von selber zu.
Danken wir genug dafür?
Wer mit offnen Augen durch die Schöpfung geht, 
kann nur staunen und danken.

Antoinette Schneider

Samstag, 5. August 2017





Es ist gut am Rand zu leben
schon der gedachte Tod macht
Aufmerksam

Ulrich Schaffer 

Freitag, 4. August 2017




Der Unwissende sucht,
wenn er ein bescheidenes Herz hat,
noch die Quelle.

Der Dumme behauptet,
sie zu kennen,
aber nicht zu brauchen.


Peter Horton

Donnerstag, 3. August 2017



Ich stelle mir vor,
dass wir unsere Kinder eines Tages
nicht mehr als manipulierbare Kreaturen
ansehen werden,
sondern als Boten aus einer Welt,
die uns einmal sehr vertraut war,
die wir aber längst vergessen haben,
und die uns mehr über die wahren Geheimnisse

des Lebens lehren können,
als unsere Eltern jemals konnten.

ALICE MILLER