Sonntag, 29. April 2018



Ehrgeiz ist eine Art Gehirnwäsche, der wir unterzogen wurden.
Es wurde uns eingeschärft, dass nie etwas aus uns werden würde,
wenn wir keinen Ehrgeiz hätten.

Dabei erwähnte niemand die Energie und Freude, die in der Arbeit liegen können.
Von Tranxu, dem großen chinesischen Weisen, stammt der Satz:
„Wenn der Bogenschütze schießt, ohne einen besonderen Preis zu bekommen,
kann er seine ganze Kunst entfalten;
schießt er, um eine Bronzemedaille zu erringen,
fängt er an, unruhig zu werden.
Schießt er um den Goldpokal, wird er blind,
sieht zwei Ziele und gerät aus der Fassung.

Sein Können ist dasselbe, aber der Preis spaltet ihn,
er ist ihm wichtig.
Er denkt mehr ans Gewinnen als an das Schießen.
Und der Erfolgsdruck schwächt ihn."



Anthony de Mello

Samstag, 28. April 2018



Das ist der Sinn, (2)
den alle großen Männer
in ihren Werken ausgedrückt haben,
alle, die etwas mehr
gesucht und gearbeitet
und mehr geliebt haben
als die anderen,
alle, die auf die hohe See des Lebens
hinausgesteuert sind.

Hinaussteuern auf das Meer,
das müssen wir auch tun,
wollen wir etwas fangen,
und wenn es manchmal geschieht,
daß wir die ganze Nacht
gearbeitet haben und nichts erreichen,
dann ist es gut, doch nicht aufzugeben,
sondern in der Morgenstunde
nochmals das Netz auszuwerfen.

VINCENT VAN GOGH

Freitag, 27. April 2018



Es ist richtig, bei dem Glauben zu bleiben, (1)
daß alles wunderbar ist,
weit mehr als man begreifen kann;
denn das ist die Wahrheit,
und es ist gut,
feinfühlig und zart von Herzen zu sein,
es ist schön, voller Wissen zu sein
in den Dingen, die verborgen sind
vor den Weisen und Verständigen dieser Welt.
Es ist das Bedürfnis nach nichts Geringerem
als dem Unendlichen und Wunderbaren
und der Mensch tut wohl daran,
wenn er nicht mit weniger zufrieden ist
und sich nicht zu Hause fühlt,
solange er das nicht errungen ha
t.

VINCENT VAN GOGH

Donnerstag, 26. April 2018





                    Wer zum                    Durchkreuzten                    ja sagt -                    hat schon                     einen Fuß im
                    Ostern.


                    Kyrilla Spiecker

Mittwoch, 25. April 2018



Übergewechselt


Um denselben Grundsatz zu verdeutlichen, erzählte der Meister bei anderer Gelegenheit, wie er als Kind einmal seinen Vater - einen berühmten Politiker - scharfe Kritik üben hörte an einem Parteianhänger, der zur Opposition übergewechselt war.

„Aber Vater", sagte er ihm, „ein andermal warst du voll des Lobes über den Mann, der die Opposition verließ, um sich deiner Partei anzuschließen."

„Sehr richtig, mein Sohn! Daraus magst du diese wichtige Wahrheit in deinem jungen Leben lernen: Diejenigen, die zur anderen Partei überwechseln, sind Verräter,-
diejenigen, die zur eigenen Partei kommen, sind Bekehrte."

Anthony de Mello

Dienstag, 24. April 2018




Wach auf!

Die meisten Leute schlafen, ohne es zu wissen.
Sie wurden schlafend geboren, sie leben schlafend, sie heiraten im Schlaf, erziehen im Schlaf ihre Kinder und sterben im Schlaf, ohne jemals wach geworden zu sein.
Niemals verstehen sie den Reiz und die Schönheit dessen, was wir „menschliches Leben" nennen. 

Bekanntlich sind sich alle Mystiker - ob christlich oder nichtchristlich und egal, welcher theologischen Richtung oder Religion sie angehören - 

in diesem einen Punkt einig: dass alles gut, alles in Ordnung ist. 

Obwohl gar nichts in Ordnung ist, ist alles gut. 
Ein wirklich seltsamer Widerspruch. 
Aber tragischerweise kommen die meisten Leute gar nicht dazu, zu erkennen, dass tatsächlich alles gut ist, denn sie
schlafen. Sie haben einen Alptraum.

Vor einiger Zeit hörte ich im Radio die Geschichte von einem Mann, der an die Zimmertür seines Sohnes klopft und ruft: „Jim, wach auf!"
Jim ruft zurück: „Ich mag nicht aufstehen, Papa." 
Darauf der Vater noch lauter:
„Steh auf, du musst in die Schule!"
„Ich will nicht zur Schule gehen."
„Warum denn nicht?" fragt der Vater.

„Aus drei Gründen", sagt Jim. „Erstens ist es so langweilig, zweitens ärgern mich die Kinder, 
und drittens kann ich die Schule nicht ausstehen."

Der Vater erwidert: „So, dann sag' ich dir drei Gründe, wieso du in die Schule musst: 
Erstens ist es deine Pflicht, 
zweitens bist du 45 Jahre alt, und 
drittens bist du
der Klassenlehrer." 

Also aufwachen, aufwachen! 
Du bist erwachsen geworden, du bist zu groß, um zu schlafen. 
Wach auf! 
Hör auf, mit deinem Spielzeug zu spielen.

Anthony de Mello

Montag, 23. April 2018




Halte Du meine Hand!
Befreie mich
von meinem eigenen Schatten,
mein Gott, von der Verworrenheit
und den Trümmern meines Lebens!
Denn die Nacht ist dunkel,
und dein Pilger ist blind.
Halte du meine Hand:
Erlöse mich von Verzweiflung!
Berühre mit deiner Flamme
die lichtlose Lampe meines Grams!
Wecke meine ermüdeten Kräfte
aus ihrem Schlaf!
Laß mich nicht, meine Verluste zählend,
hinter dem Zuge zurückbleiben!
Laß bei jedem Schritt
die Straße mir singen
von ihrem Ziel, deinem Hause!
Denn die Nacht ist dunkel,
und dein Pilger ist blind.
Halt du meine Hand.
 
Rabindranath Tagore

Sonntag, 22. April 2018



Man kann es nie wissen

Der Meister und ein Schüler begegneten unterwegs einem Blinden, der am
Straßenrand saß und bettelte.
Sagte der Meister: „Gib dem Mann ein Almosen!"
Der Schüler warf eine Münze in den Hut des Bettlers.
Sagte der Meister: „Du hättest deinen Hut ziehen sollen als Zeichen des Respekts."
„Warum?" wollte der Schüler wissen.
„Man sollte es immer tun, wenn man ein Almosen gibt."
„Aber der Mann war doch blind!"
„Man kann es nie wissen", erwiderte der Meister, „vielleicht war er ein Schwindler."

Anthony de Mello

Freitag, 20. April 2018

Nur für heute

Muße ist dem Geist so notwendig wie Arbeit.
Man ruiniert sich den Geist,
wenn man zu viel arbeitet,
man verrostet,
wenn man nichts tut.

Joseph Joubert

Nur für heute

Die Augenblicke,
in denen wir innehalten,
sind kostbar.

Voltaire

Nur für heute

Du kannst
nicht
auf den Schatten des Baumes warten,
den du gepflanzt hast.

Hans Kasper



Lulu

Der Besucher einer Irrenanstalt sah, wie einer der Insassen auf einem Stuhl saß,
sich ständig hin- und herwiegte und mit sanfter zufriedener Stimme wiederholte: „Lulu,
Lulu..."
„Was hat der Mann für ein Problem?" fragte er den Arzt.
„Lulu. Sie war die Frau, die ihn sitzengelassen hat", antwortete der Doktor.
Als sie die Runde fortsetzten, kamen sie zu einer Gummizelle, deren Bewohner
seinen Kopf immer wieder gegen die Wand schlug und stöhnend wiederholte: „Lulu,
Lulu..."
„Ist Lulu auch das Problem dieses Mannes?" fragte der Besucher.
„Ja", erwiderte der Arzt, „ihn hat Lulu schließlich geheiratet."

Es gibt eigentlich nur zwei Heimsuchungen im Leben: nicht zu bekommen, was
man sich wünscht, und das, was man sich wünscht, zu bekommen.

Anthony de Mello

Dienstag, 17. April 2018

Nur für heute

Muße,
nicht Arbeit,
ist das Ziel
der Menschen.

Oscar Wilde



Du kannst nicht über deinen Appetit hinaus essen.
Die andere Hälfte des Brotlaibes 
gehört einem anderen Menschen, 
und es sollte ein
wenig übrigbleiben 
für den zufälligen Gast.

Kahlil Gibran


Montag, 16. April 2018

Samstag, 14. April 2018

Nur für heute

Auferstehung

Manchmal stehen wir auf
Stehen wir zur Auferstehung auf
Mitten am Tage
Mit unserem lebendigen Haar
mit unserer atmenden Haut.

Nur das Gewohnte ist um uns.
Keine Fata Morgana von Palmen
Mit weidenden Löwen
Und sanften Wölfen.

Die Weckuhren hören nicht auf zu ticken
Ihre Leuchtzeiger löschen nicht aus.

Und dennoch leicht
Und dennoch unverwundbar
Geordnet in geheimnisvolle Ordnung
Vorweggenommen in ein Haus aus Licht.

Marie Luise Kaschnitz




Es ist gut am Rand zu leben
schon der gedachte Tod macht
Aufmerksam

Ulrich Schaffer 

Mittwoch, 4. April 2018

Nur für heute

Gelassenheit
ist Einsicht
in die Vergänglichkeit.

Andreas Tenzer





               Auch das Schöne ist Nahrung für uns. 

               Wir leben nicht nur vom Notwendigen. 
               Ganz nötig brauchen wir das, 
               was über das Brot hinausgeht.


               Ulrich Schaffer

Sonntag, 1. April 2018

Nur für heute

Wir müssen nicht nur arbeiten,
sondern auch träumen,
nicht nur handeln,
sondern auch glauben.

Anatole France

Nur für heute

Beim Malen von Blumen
kommt mein Geist zur Ruhe.

Auguste Renoir

wo kommt mein Geist, wo komme ich zur Ruhe ...




WAS LIEBE IST (2)

Was ist zu tun, um solche Liebe zu erlangen? 
Es gibt nichts, 
was Sie tun könnten, denn Liebe lässt sich nicht erzwingen. 
Doch 
gibt es etwas, wovon Sie lassen könnten. 
Achten Sie darauf, welch wunderbare Veränderung in Ihnen vor
sich geht, sobald Sie die Menschen nicht mehr in gut und böse, in Heilige und Sünder einteilen, sondern sie als nicht wahrnehmend und unwissend zu sehen beginnen. 
Geben Sie den Irrglauben auf, 
dass Menschen im Bewusstsein sündigen können. 
Niemand kann im Licht des Bewusstseins sündigen. 
Sünde geschieht
nicht - wie wir fälschlicherweise meinen - aus Bosheit, 
sondern aus Unwissenheit.
„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." 

Dies zuerkennen heißt, 
die bewundernswerte Fähigkeit einer Rose, einer Lampe, eines
Baumes zu erlangen.


Anthony de Mello