Montag, 31. Mai 2021

Schmerz - Khalil Gibran

 



                   Vieles ist in eurem Schmerz selbsterwählt.
              Es ist dies der bittere Trank,
              mit dem der Arzt in euch das kranke Ich heilt.
              Daher trauet dem Arzte und trinket
              sein Heilmittel in Schweigen und Gelassenheit.

              Khalil Gibran

Sonntag, 30. Mai 2021

Nur Glaube - Peter Horton

 




                               Nur Glaube, der spirituelle Wachheit einschließt,
                       bewahrt vor einem Archiv unbeantworteter Gebete.

                       Peter Horton


Samstag, 29. Mai 2021

Noch mehr Worte - Anthony de Mello

 



Noch mehr Worte

Von Mark Twain stammt der schöne Satz: „Es war sehr kalt,
und wäre das Thermometer noch ein paar Zentimeter länger gewesen, wären wir erfroren." -
Wir erfrieren an Wörtern.
Nicht die Kälte draußen spielt eine Rolle,
sondern das Thermometer.
Nicht die Realität fällt ins Gewicht,
sondern was man sich selbst über sie sagt.

Ich hörte einmal eine schöne Geschichte von einem Bauern in Finnland.
Als die russisch-finnische Grenze gezogen wurde, musste der Bauer sich entscheiden,
ob er in Russland oder in Finnland leben wollte.
Nach langer Bedenkzeit sagte er, er wolle in Finnland leben,
doch wollte er die russischen Beamten nicht vor den Kopf stoßen.
Diese kamen zu ihm und fragten ihn, wieso er in Finnland leben wollte.
Er antwortete: „Es war schon immer mein Wunsch, in Mütterchen Russland zu leben, aber in meinem Alter könnte ich keinen russischen Winter mehr überleben."


Anthony de Mello




Freitag, 28. Mai 2021

glücklich oder unglücklich - Anthony de Mello

 



                       Wie glücklich oder unglücklich wir sind,
                       hängt eher davon ab,
                       wie wir die Ereignisse wahrnehmen und ihnen gegenübertreten,
                       als von den Ereignissen an sich.
                       Wenn du dein Leben nicht genießen kannst,
                       stimmt etwas Grundlegendes mit dir nicht.


                       Anthony de Mello


Donnerstag, 27. Mai 2021

nie verlassen - Anthony de Mello

 



Wenn ein neuer Schüler zum Meister kam, 
wurde er gewöhnlich folgendem Verhör unterworfen:
„Weißt du, wer der einzige Mensch ist, der dich im ganzen Leben nie verlassen wird?"
„Wer ist es?"
„Du."

„Und kennst du die Antwort auf jede Frage, die dir je einfallen könnte?" „Wie lautet sie?"
„Du."

„Und kannst du die Lösung aller deiner Probleme ahnen?"
„Ich gebe auf."
„Du."


Anthony de Mello

Mittwoch, 26. Mai 2021

Zufall - Otto Betz

 



Das Zufällige



Wenn wir von "Zufall" sprechen, dann wollen wir meist damit sagen:
ich kann nichts dafür, daß das so kam; geheimnisvolle Mächte waren mit im Spiel; 
eine fatale Pechsträhne hat mich verfolgt oder eine sagenhafte Glücksphase hat mit begünstigt.

Wir haben uns aber zu fragen, ob wir nicht manchmal die Verantwortung für unser Schicksal von uns abwälzen wollen, wenn wir alles von seltsamen Zufällen abhängig sehen.

Max Frisch hat folgenden Satz in sein Tagebuch geschrieben:
"Wir erleben keine Zufälle,
die nicht zu uns gehören.
Am Ende ist es immer das Fälligste,
was uns zufällt."

Wenn das stimmt, dann haben wir das auf uns Zukommende als zu uns gehörig zu erkennen 
und zu bejahen, auch wenn es uns im ersten Moment erschreckt.
Natürlich komme ich mir manchmal vor,
als geriete ich vom Regen in die Traufe,
als würde ich von anonymen Mächten zermahlen.
Aber es hilft mir ein wenig, wenn ich nicht davonlaufe,
sondern das, was auf mich zufällt, 
zuerst einmal zulasse.

Vielleicht ist das, was mir da "über den Weg läuft" wichtig.
Oft erweist sich das Bedrohliche als verheißungsvoll,
wenn ich nicht angstvoll darauf reagiere, sondern es herankommen lasse.

"Gott redet zum Menschen in den Dingen und Wesen, die er ihm ins Leben schickt; 
der Mensch antwortet durch seine Handlung an eben diesen Dingen und Wesen."
Dieses Wort Martin Bubers begleitet mich mein halbes Leben.


Otto Betz


Dienstag, 25. Mai 2021

Geduld - Hermann Hesse

 


                                         Ich muß Geduld haben und
                               nicht Vernunft.
                               Ich muß die Wurzeln tiefer treiben und
                               nicht an den Ästen rütteln.

                               Hermann Hesse




Montag, 24. Mai 2021

Ein Schatz - Kahlil Gibran

 



Ein Schatz

Wissen und Verstehen sind die treuesten Begleiter im Leben,
und sie werden sich niemals als falsch erweisen. 

Denn Wissen ist deine Krone und 
Verstehen dein Stab.

Wenn du diese beiden besitzt, hast du den größten Schatz, den es gibt.


Kahlil Gibran


Sonntag, 23. Mai 2021

Phil Bosmans - Freude

 




Kannst du dich an einer Blume freuen, 
an einem Lächeln, am Spiel eines Kindes 
dann bist du reicher und glücklicher 
als ein Millionär, der alles hat, 
was er sich träumen kann und 
der doch unbefriedigt bleibt und 
an nichts mehr Freude hat, 
weil er wie ein Paradegaul gegängelt wird 
von den Strängen seines eigenen Reichtums.
Nicht Besitz
macht reich
sondern
F R E U D E !

P. Bosmans



Samstag, 22. Mai 2021

Laß uns gehende bleiben - Dorothee Sölle

 



„Lass uns Gehende bleiben.
Wir sind nicht ganz zu Hause auf dieser Welt.
Wenn wir pilgern, sind wir nicht wir.
Er geht mit. Er ist dabei.

Wir sind unterwegs mit dir, Gott.
Durch Dunkel und Nässe,
durch Nebel und oft ohne Weg
und nicht selten ohne Ziel.

Wir sind Wanderer.
Wir sind Gehende.
Wir sind noch nicht ganz angekommen.

So wandert Gott mit uns
Und lehrt uns das Gehen –
Und das Suchen…..“

Dorothee Sölle



Freitag, 21. Mai 2021

Die Lotusblüte - Sengai

 



               Die Lotosblüte
           hat schwankend noch gezittert
           bevor sie abfiel -

           Geduld -
           Winde mögen wehen,
           Die rauh sind,
           Aber die Weide!

           SENGAI

Donnerstag, 20. Mai 2021

Jesus und Macht - Marc Oraison

 

Lourdes - Grotte


In der Tat ist es auffallend, daß Jesus keinerlei „Macht“ über die Menschen ausübte und ausüben wollte.
Die unleugbare Faszination, die von ihm ausging - die “Massen“ folgten ihm, um ihn zu hören - nutzte er in keiner Weise aus, um Macht auszuüben …
„Macht“ hat er nur über das Böse;
hier liegt der Sinn der Heilungen, der Wunder oder des herrlichen Bildes von dem Sturm, den er stillte.

Und er hat Macht über den Tod, aber indem er ihn auf sich nimmt.

Selbst im Augenblick, da er auf die Ausübung jedweder „übernatürlicher Macht“ verzichtet, durch die verhindert werden könnte, was geschehen wird.
Gegenüber all diesen Mächten hat er keine andere Macht, als zu schweigen.

Marc Oraison

Mittwoch, 19. Mai 2021

nur für heute - Johannes XXIII

 




                                        Nur für heute werde ich mich bemühen,

                              den Tag zu erleben,

                              ohne das Problem meines Lebens

                              auf einmal

                              lösen zu wollen.

                              Johannes XXIII

Dienstag, 18. Mai 2021

An die Sonne (2) - Ingeborg Bachmann

 


An die Sonne(2) 

Nichts Schönres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein...

Nichts Schönres als den Stab im Wasser zu sehn und den Vogel oben,
Der seinen Flug überlegt, und unten die Fische im Schwarm,
Gefärbt, geformt, in die Welt gekommen mit einer Sendung von Licht,
Und den Umkreis zu sehn, das Geviert eines Felds, das Tausendeck meines Lands

Und das Kleid, das du angetan hast. Und dein Kleid, glockig und blau!
Schönes Blau, in dem die Pfauen spazieren und sich verneigen,
Blau der Fernen, der Zonen des Glücks mit den Wettern für mein Gefühl,
Blauer Zufall am Horizont! Und meine begeisterten Augen
Weiten sich wieder und blinken und brennen sich wund.

Schöne Sonne, der vom Staub noch die größte Bewundrung gebührt,
Drum werde ich nicht wegen dem Mond und den Sternen und nicht,
Weil die Nacht mit Kometen prahlt und in mir einen Narren sucht,
Sondern deinetwegen und bald endlos und wie um nichts sonst
Klage führen über den unabwendbaren Verlust meiner Augen.

INGEBORG BACHMANN

Montag, 17. Mai 2021

An die Sonne (1) - Ingeborg Bachmann

 




AN DIE SONNE (1)

Schöner als der beachtliche Mond und sein geadeltes Licht,
Schöner als die Sterne, die berühmten Orden der Nacht,
Viel schöner als der feurige Auftritt eines Kometen
Und zu weit Schönrem berufen als jedes andre Gestirn,
Weil dein und mein Leben jeden Tag an ihr hängt, ist die
Sonne.
Schöne Sonne, die aufgeht, ihr Werk nicht vergessen hat
Und beendet, am schönsten im Sommer, wenn ein Tag
An den Küsten verdampft und ohne Kraft gespiegelt die Segel
Über dein Aug ziehn, bis du müde wirst und das letzte verkürzt.

Ohne die Sonne nimmt auch die Kunst wieder den Schleier,
Du erscheinst mir nicht mehr, und die See und der Sand,
Von Schatten gepeitscht, fliehen unter mein Lid.

Schönes Licht, das uns warm hält, bewahrt und wunderbar sorgt,
Daß ich wieder sehe und daß ich dich wiederseh!


Ingeborg Bachmann


Samstag, 15. Mai 2021

Erde - Ulrich Schaffer

 



                  Was wir für die Erde sind,

                  wird die Erde für uns sein.



                          Ulrich Schaffer




Freitag, 14. Mai 2021

Verschlossen das Wasser - Alexander Solschenizyn

 



Verschlossen das Wasser,
verschlossen der Wald.
Der See schaut in den Himmel,
der Himmel blickt in den See.
Ob es noch etwas
auf der Welt
gibt - man weiß es nicht,
hinter dem Wald
sieht man es nicht.
Und wenn es etwas gibt,
so gehört es nicht hierher -
es ist überflüssig.
Hier müßte man
sich für immer ansiedeln.
Hier würde die Seele
zittern wie Luft,
zwischen Wasser und Himmel
dahinströmen,
und die Gedanken
würden tief und rein.

Alexander Solschenizyn

Donnerstag, 13. Mai 2021

Mittwoch, 12. Mai 2021

Ohne Wegspur

 


                              Ohne Wegspur

                              Keine Wegspur im Sand
                              Freund, was beschleicht
                              dich die Angst?

                              Du mußt doch gehen,
                              ob du lachst, ob du weinst,
                              ob du bangst.

                              Was kann Dir gescheh‘n?

                              Dich hält Deines Gottes Hand.
                              Sie bringt dich ans Ziel,
                              auch ohne Wegspur im Sand.



Dienstag, 11. Mai 2021

Keine Beschäftigung - Antonius von Florenz

 



Keine Beschäftigung

kann uns den inneren Frieden rauben,

solange wir in unserem Herzen

ein einsames Plätzchen behalten,

wo wir uns selbst sein können und

wo der Lärm der Welt nicht eindringt.


 

Antonius von Florenz

Sonntag, 9. Mai 2021

Im Stande des Mangels - J. H. Newman

 







Von Geburt an sind wir in einem Stande des Mangels.
Es fehlt uns etwas.

Wir besitzen
nicht alles, was zur Vollendung unserer Natur von Nöten ist.
Wie der Leib für sich allein nicht etwas vollständiges ist,
sondern der Seele bedarf, um sinnvoll zu sein,
so hat auch die Seele Fähigkeiten und Strebungen,
die ihres eigentlichen Sinnes, ihres Gegenstandes und Zieles entbehren,
so lange nicht Gott in ihr gegenwärtig ist und sie seiner inne geworden ist.

Das Leben vergeht, Reichtum entflieht,
Volksgunst ist launenhaft,
die Sinne altern, die Welt ist Wandlung,
die Freunde sterben.
Einer allein ist beständig.
Einer allein ist uns treu.
Einer allein kann treu sein.
Einer allein kann uns alles sein.
Einer allein kann unsere Nöte stillen.
Einer allein uns zu wahrer Entfaltung führen.
Einer allein dieser verwirrenden Vielfalt unseres Wesens Sinn verleihen.
Einer allein uns Einklang mit uns selber und Frieden geben.
Einer allein uns formen und zu eigen haben...


J. H. Newman

Samstag, 8. Mai 2021

Die Rose - Angelus Silesius

    






Alto de Perdon

 

                  Die Ros’ ist ohn’ Warum,

                  sie blühet, weil sie blühet.

                  Sie acht’ nicht ihrer selbst,

                  fragt nicht,

                  ob man sie siehet.

 

                       Angelus Silesius

 

 

 

 

 

 

 

 

Freitag, 7. Mai 2021

Was wir anstreben - Ulrich Schaffer

 





                 Was wir anstreben, 


                                                                                    formt uns.


                 Ulrich Schaffer 




Alles fließt, panta rhei - Ulrich Schaffer

 



Alles fließt, panta rhei, 
lehren Heraklit und die Alten Griechen.

Nichts ist festzuhalten,
 alles vergeht.


Wir sind nicht morbide, 

sondern weise,


wenn wir das nicht vergessen.



 Ulrich Schaffer

Donnerstag, 6. Mai 2021

Mittwoch, 5. Mai 2021

Dienstag, 4. Mai 2021

Glück - Anthony de Mello

 



Wenn man glücklich sein möchte, kann man es augenblicklich sein.

Das Glück liegt in diesem Augenblick. 

Wenn man jedoch noch glücklicher sein will oder glücklicher als die anderen, zeigt man alle Eigenschaften eines unglücklichen Menschen, denn Glück ist unvergleichlich. 
Solche Wünsche sind unerfüllbar. 
Man kann nur so glücklich sein wie man selbst ist; das Glück der anderen lässt sich nicht messen.

 
Anthony de Mello

Sonntag, 2. Mai 2021

wir verkaufen ... - La Verna

 





Eine Frau träumte, sie beträte einen ganz neuen Laden am Markt,
und zu ihrem Erstaunen stand Gott hinter dem Ladentisch.

„Was verkaufst du hier?" fragte sie.

„Alles, was dein Herz begehrt“, sagte Gott.

Die Frau wagte kaum zu glauben, was sie hörte,
beschloss aber das Beste zu verlangen, was ein Mensch sich nur wünschen konnte.
„Ich möchte Frieden für meine Seele und Liebe und Glück,
und weise möchte ich sein und nie mehr Angst haben", sagte sie.

Nach kurzem Nachdenken fügte sie hinzu: „Nicht nur für mich allein,
sondern für alle Menschen auf der Erde."

Gott lächelte: „Ich glaube, du hast mich falsch verstanden,
meine Liebe", sagte er,
„wir verkaufen hier keine Früchte, nur die Samen."
unbekannter Autor 

Samstag, 1. Mai 2021

Du kennst das Geheimnis - Gertrud von le Fort

 



Du kennst das Geheimnis der versiegenden Quellen,
Gott, du kennst das Geheimnis!

Du weißt, warum ein blühendes Land verdorrt,
Du weißt, warum uralt-heilige Tore sich schließen,
Du kennst das dunkle Gesetz des fallenden Sterns,

Und wenn der Ruhm eines ganzen Jahrhunderts erlischt
Wie eines einzigen Tages

Vorübervolles Erglänzen,

Wenn eines Jahrtausends Stimme plötzlich verstummt,
als wärs eines kleinen Vogels abendliches Gezwitscher -
Du kennst das Geheimnis, Gott,

Du kennst das Geheimnis

Unsrer versiegenden Quellen.


GERTRUD VON LE FORT