Mittwoch, 31. Dezember 2014





                  Von guten Mächten wunderbar geborgen, (1)
                  erwarten wir getrost, was kommen mag.
                  Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
                  und ganz gewiß an jedem neuen Tag.
                  Noch will das Alte unsere Herzen quälen,
                  noch drückt uns böser Tage schwere Last.
                  Ach, Herr, gib unseren aufgescheuchten Seelen
                  das Heil, für das du uns bereitet hast.

                  Und reichst du uns den schweren Kelch,
                  den bittren des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
                  so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
                  aus deiner guten und geliebten Hand.

                  Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
                  an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
                  dann woll'n wir des Vergangenen gedenken
                  und dann gehört dir unser Leben ganz.

                  Dietrich Bonhoeffer

Dienstag, 30. Dezember 2014


Immer wieder ist da,
wo ich stehe das Paradies
es ist nicht zu beschreiben 
und leicht zu übersehen.

Ulrich Schaffer

Montag, 29. Dezember 2014






                              Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte. (1)

 

                              Ich bitte nicht um Wunder und Visionen, Herr,
                              sondern um Kraft für den Alltag.
                              Mach mich findig und erfinderisch,
                              um im täglichen Vielerlei und Allerlei
                              rechtzeitig meine Erkenntnisse und Erfahrungen
                              zu notieren, von denen ich betroffen bin.

                              Mach mich griffsicher
                              in der richtigen Zeiteinteilung.
                              Schenke mir das Fingerspitzengefühl,
                              um herauszufinden,
                              was erstrangig und zweitrangig ist.

                              Ich bitte um Kraft für Zucht und Maß,
                              dass ich nicht durch das Leben rutsche,
                              sondern den Tagesablauf vernünftig einteile,
                              auf Lichtblicke und Höhepunkte achte.

                              Bewahre mich vor dem naiven Glauben,
                              es müsste im Leben alles glatt gehen.
                              Schenke mir die nüchterne Erkenntnis,
                              dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge,
                              Rückschläge
                              eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind,
                              durch die wir wachsen und reifen.

                              Antoine de Saint-Exupéry

Sonntag, 28. Dezember 2014





Es ist leicht auf den Wellen zu gehen –
Man muss nur einwenig weniger Dicht sein und
An die Erlösung von die Schwere glauben
Sagt mir eine Flunder, die nach Luft schnappt.

Ulrich Schaffer

Samstag, 27. Dezember 2014





Plötzlich 
weiß ich, daß es gehen
   wird –
trotz der Anstrengung.

Ulrich Schaffer

Freitag, 26. Dezember 2014




DIE GUTE NACHRICHT


Ich stelle mir vor, ich hätte nur noch ein paar Tage zu le­ben. ..
Ich darf mir einen oder zwei Menschen wählen, mit denen ich diese letzten Tage verbringe.
Ich treffe die schwie­rige Wahl... dann spreche ich mit diesem Menschen und erkläre ihm, warum ich ihn gewählt habe. . .
Zum letzten Male habe ich Gelegenheit, auf Menschen zuzugehen, die mir unsympathisch oder gleichgültig waren. Wenn ich das fertig bringe: was sage ich einem jeden jetzt, da ich fühle, dass ich an der Schwelle der Ewigkeit stehe?  ..,

Eines Tages bin ich allein in meinem Zimmer und denke an all das in meinem Leben, wofür ich besonders dankbar bin . . . und worauf ich stolz bin. . . Dann wende ich mich den Dingen zu, die ich bereue und am liebsten ungeschehen machte. .. besonders meine Sünden. . .

Während ich mich damit befasse, kommt Jesus herein.
Seine Nähe bringt mir selige Freude und Frieden... Ich er­zähle ihm einiges aus meinem Leben, was mir Leid tut. . .
Er unterbricht mich mit den Worten: "All das ist vergeben und vergessen. Weißt du nicht, dass die Liebe das Böse nicht nachträgt?" (1 Kor 13,5).
Dann fährt er fort: "Deine Sünden sind tatsächlich nicht nur vergeben, sie sind sogar in Gnade verwandelt worden. Hast du denn nie gehört, dass da, wo die Sünde groß, die Gnade übergroß ist?" (Röm 5,21).
Das klingt für mein armes, furchtsames Herz zu wunder­bar, um wahr zu sein. Da höre ich ihn sagen: "Ich bin so zufrieden mit dir, ich bin dir so dankbar. . ." Ich fange an zu protestieren, dass in meinem Leben nichts ist, was ihn so zufrieden und dankbar machen könnte. Er sagt: "Du wärest sicher einem Menschen, der für dich nur ein wenig von dem getan hätte, was du für mich getan hast, unaussprechlich dankbar. Meinst du, ich hätte weniger Herz als du?"

So lehne ich mich zurück und lasse mich von seinen Wor­ten treffen...
und mein Herz jubelt vor Freude, dass ich einen solchen Gott habe!

Anthony de Mello

Donnerstag, 25. Dezember 2014







DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (2)

Wenn Sie das Leben und die einfachen Sinnesfreuden wirklich genießen würden - 

Sie wären überrascht. 
 

Sie würden die außergewöhnliche Disziplin eines Tieres entwickeln. 
Ein Tier isst niemals zuviel, 

in seiner natürlichen Umgebung wird es nie zu dick.
Es wird niemals etwas essen oder trinken, das seiner Gesundheit schaden könnte: 

Sie würden nie ein Tier Zigaretten rauchen sehen. 

Es bewegt sich soviel, wie es braucht - 
beobachten Sie einmal Ihre Katze nach ihrer Mahlzeit, 
sehen Sie, wie sie sich ausruht 
und wie sie mit einem Sprung wieder in Aktion ist, 
sehen Sie, wie geschmeidig ihre Glieder und wie lebendig ihr Körper ist. 
 

Das haben wir verloren. 
Wir sind nur noch kopfgesteuert, 
haben uns in unseren Ideen und Idealen verloren, 
und ständig heißt es: weiter, weiter. 
 

Auch stehen wir in einem inneren Konflikt, den Tiere nicht haben. 

Wir machen uns selbst immer wieder Vorwürfe 
und plagen uns mit Schuldgefühlen. 

Sie werden wissen, wovon ich spreche.

Anthony de Mello

Mittwoch, 24. Dezember 2014





DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (1)

Leider haben sich die Menschen irgendwie verrannt, sie werden immer abhängiger, 

da sie die schönen Dinge des Lebens nicht zu genießen verstehen.

In den siebziger Jahren appellierte Präsident Carter an die Amerikaner, 

den Gürtel enger zu schnallen. 

Dabei dachte ich mir: Er sollte nicht an sie appellieren, mehr zu sparen, 
sondern sie daran erinnern, das, was sie haben, mehr zu genießen. 

Ich glaube, die meisten Menschen in reichen Ländern haben das verlernt. 
Sie brauchen immer teurere technische Spielereien, 
sie können sich nicht an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. 

Wohin man geht, ob im Supermarkt oder in Wartesälen, 
ertönt die schönste Musik, aber ich habe noch keinen getroffen, 
der ihr je gelauscht hätte - keine Zeit, keine Zeit. 
Sie sind schuldig, sie haben keine Zeit, das Leben zu genießen. 
Sie sind überlastet: weiter, weiter.

Anthony de Mello

Dienstag, 23. Dezember 2014





UNPARTEIISCH

Jesus Christus sagte, er sei noch nie bei einem Fußballmatch gewesen. Also nahmen meine Freunde und ich ihn zu einem Spiel mit. Es war eine wilde Schlacht zwischen den protestantischen Boxern und den katholischen Kreuzfahrern.

Die Kreuzritter erzielten das erste Tor. Jesus schrie laut Beifall und warf seinen Hut in die Luft. Dann waren die Boxer vorne. Und Jesus spendete wild Beifall und warf seinen Hut in die Luft.

Das schien den Mann hinter uns zu verwirren. Er klopfte Jesus auf die Schulter und fragte: „Für welche Partei brüllen Sie, guter Mann?"

„Ich", erwiderte Jesus, den mittlerweile das Spiel sichtlich aufregte, „oh, ich schreie für keine Partei. Ich bin bloß hier, um das Spiel zu genießen."

Der Frager wandte sich seinem Nachbarn zu und feixte: „Hm, ein Atheist!"

Auf dem Rückweg klärten wir Jesus über die Lage der Religionen in der heutigen Welt auf. „Fromme Leute sind ein komisches Volk, Herr", sagten wir, „sie scheinen immer zu denken, Gott sei auf ihrer Seite und gegen die Leute von der anderen Partei."

Jesus stimmte zu. „Deswegen setze ich nie auf Religionen, ich setze auf Menschen", sagte er. „Menschen sind wichtiger als Religionen. Der Mensch ist wichtiger als der Sabbat."

„Du solltest deine Worte wägen", sagte einer von uns etwas besorgt.

„Du bist schon einmal wegen einer solchen Sache gekreuzigt worden."

„Ja - und von religiösen Leuten", sagte Jesus mit gequältem Lächeln.


Anthony de Mello

Montag, 22. Dezember 2014







Und manchmal

setzen wir uns

an den Rand der Zeit

und gönnen uns die kleine Pause

für den großen Dank.

Vreni Merz

Sonntag, 21. Dezember 2014





WENN GOTT LACHT

Der indische Mystiker Ramakrishna pflegte zu sagen: 
Gott lacht bei zwei Gelegenheiten. Er lacht, wenn er einen Arzt zu einer Mutter sagen hört: „Haben Sie keine Angst. Ich werde den Jungen gesund machen." 
Gott sagt sich dann: „Ich habe vor, dem Jungen das Leben zu nehmen, und dieser Mann denkt, er könne es retten!"
 
Er lacht auch, wenn er sieht, wie zwei Brüder ihr Land unter sich aufteilen, indem sie eine Grenzlinie ziehen und sagen: „Diese Seite gehört mir und die andere dir." 
 
Er sagt sich dann: „Das Universum gehört mir, und diese beiden behaupten, Teile davon gehörten ihnen!"
 
Als ein Mann erfuhr, sein Haus sei von der Flut weggerissen worden, lachte er und sagte:
„Unmöglich! Ich habe den Hausschlüssel hier in meiner Tasche."

Anthony de Mello

Samstag, 20. Dezember 2014





DIE BESTEN DINGE

Die besten Dinge des Lebens sind uns geschenkt: 

 Sehvermögen, Gesundheit, Liebe, Freiheit und das Leben selbst. 
 Schade nur, dass wir uns an ihnen nicht recht erfreuen. 

Wir sind zu sehr von dem Gedanken belastet, 
dass wir nicht genug von sehr nebensächlichen Dingen besitzen: 
wie Geld, gute Kleider und Ruhm.

Als ich einmal zurück in meine Heimat flog, hatte das Flugzeug Verspätung, 

und ich war verärgert. 
Als es dann den Flughafen erreicht hatte, kreiste es fast eine halbe Stunde wegen „technischer Schwierigkeiten", wie es diskret hieß, über dem Flughafen, was uns noch mehr verspätete. 
Die halbe Stunde war voller Spannung und Sorgen. 
Schließlich landeten wir erleichtert. 
Verflogen war mein Ärger über die Verspätung. 
Alle waren sehr froh, sicher auf der Erde zu sein. 
Die Verspätung war nun eine dumme Kleinigkeit. 

Doch erst die Möglichkeit eines schweren Unfalls führte uns das vor Augen.

Ich las einmal von einem Mann, den die Nationalsozialisten gefangen hielten: der schrieb in einem Brief an seine Familie über seine große Freude, 

dass er von einer fensterlosen Zelle in eine andere verlegt worden war, die hoch oben ein Luftloch hatte, durch das er ein Stück blauen Himmel bei Tag und nachts ein paar Sterne erkennen konnte. 

Das betrachtete er als ein großes Glück.

Nachdem ich diesen Brief gelesen hatte, 

schaute ich aus meinem Fenster auf die ganze Weite des Himmels. 
Ich war tausendmal reicher als dieser Gefangene, 
und doch gab mir mein Reichtum nicht einmal einen Bruchteil der Freude, 
die jener von seinem Luftloch empfing. 



Anthony de Mello

Freitag, 19. Dezember 2014





"Es gibt etwas, das sogar Gott nicht kann", 
sagte der Meister zu einem Schüler, 
der fürchtete, jemanden zu kränken.

„Was?"

„Er kann nicht jeden zufriedenstellen", sagte der Meister.


Anthony de Mello

Donnerstag, 18. Dezember 2014






                  Die Gewalt als solche schafft nie Neues. 
                  Das Neue muss schon da sein. 
                  Vor allem müssen die Gesellschaftsformen, die der Liebe im Wege stehen, 
                  durch solche ersetzt werden, die sie fördern.  
                  Es bleibt die Hoffnung, dass die Menschen ihr eigenes Leiden erkennen, 
                  das durch den Mangel an Liebe hervorgerufen wird.  
                  Aus diesem Leiden werden neue und starke Impulse zur Liebe erwachsen 
                  und damit auch zum Leben.

                  Erich Fromm

Mittwoch, 17. Dezember 2014





                Nicht das, was wir haben, sondern was wir verkosten,  
                macht uns glücklich.  
                Man kann das Leben nur verkosten, wenn man nicht fürchtet,  
                etwas zu verlieren.  
                Man wird frei, wenn man sich schließlich bewusst macht,  
                dass einem nicht genommen werden kann, was man weiß,  
                weder von anderen noch von sich selbst.

 
                Anthony de Mello

Dienstag, 16. Dezember 2014





                Es gibt einen sehr interessanten talmudischen Mythos, der besagt,  
                dass das Kind, bevor es geboren wird, alles weiß.  
                Mit diesem Wissen aber geboren zu werden, wäre derart schmerzvoll,  
                dass ein Engel kommt und aus Erbarmen das Kind berührt  
                und damit sein ganzes Wissen hinwegnimmt.  
                Dieser Mythos drückt auf symbolische Weise sehr treffend aus, 
                worum es mir geht:  
                Unbewusst wissen wir alles, und doch wissen wir es nicht,
                weil dieses Wissen zu schmerzvoll wäre.


                Erich Fromm

Montag, 15. Dezember 2014




 

                              Nimm mich bitte,
                              wie ich bin,
                              heißt:

                              laß mich in Ruhe,
                              ich will mich nicht ändern!


                              Nimm die Menschen, wie sie sind,
                              heißt:
                              gib jedem die Chance
                              auf seine Entwicklungsstufe.

                              Peter Horton

Sonntag, 14. Dezember 2014





Ehrgeiz ist eine Art Gehirnwäsche, der wir unterzogen wurden.
Es wurde uns eingeschärft, dass nie etwas aus uns werden würde,
wenn wir keinen Ehrgeiz hätten.

Dabei erwähnte niemand die Energie und Freude, die in der Arbeit liegen können.
Von Tranxu, dem großen chinesischen Weisen, stammt der Satz:
„Wenn der Bogenschütze schießt, ohne einen besonderen Preis zu bekommen,
kann er seine ganze Kunst entfalten;
schießt er, um eine Bronzemedaille zu erringen,
fängt er an, unruhig zu werden.
Schießt er um den Goldpokal, wird er blind,
sieht zwei Ziele und gerät aus der Fassung.

Sein Können ist dasselbe, aber der Preis spaltet ihn,
er ist ihm wichtig.
Er denkt mehr ans Gewinnen als an das Schießen.
Und der Erfolgsdruck schwächt ihn."


Anthony de Mello

Samstag, 13. Dezember 2014





                    Der Tag,
                    an dem du für jede Kleinigkeit
                    in deinem Leben Dankbarkeit empfinden kannst,
                    an diesem Tag wird dein Herz
                    mit einer tiefen Zufriedenheit erfüllt sein
                    und beinahe beständige Freude wird dein sein.
                    Wer ständig froh sein will, der muß ständig dankbar sein;
                    das ist das Geheimnis.
                    Antony de Mello

Freitag, 12. Dezember 2014





                Nimm mich bitte,
                wie ich bin,
                heißt:
                laß mich in Ruhe,
                ich will mich nicht ändern!


                Nimm die Menschen, wie sie sind,
                heißt:
                gib jedem die Chance
                auf seine Entwicklungsstufe.

                Peter Horton

Donnerstag, 11. Dezember 2014





                 Wenn Sie eine Zeile
                 beglückend anspringt,
                 gebührt die Bewunderung
                 Ihnen selbst.


                 Der Verfasser kann nur wecken,
                 was lebendig ist.
                 Peter Horton

Mittwoch, 10. Dezember 2014





Ich glaube tatsächlich, dass wir alles in uns haben.
Dies meine ich nicht nur in dem Sinne, dass wir alle Menschen sind 

und dass es nichts Menschliches gibt, das uns fremd wäre,
weil es nichts Menschliches gibt, das es nicht in uns gäbe:
das Kind, der Kriminelle, der Verrückte, der Heilige, der Durchschnittsmensch.

Ich glaube nicht nur, dass dies alles in uns ist,
sondern dass wir uns all dessen auch gewahr sind und es spüren,
auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.


Erich Fromm

Dienstag, 9. Dezember 2014





Stell dir vor, du fühlst dich nicht wohl und bist schlechter Laune.
Dabei fährst durch eine wunderbare Landschaft.
Die Gegend ist herrlich, aber du bist nicht in der Stimmung, etwas aufzunehmen.
Ein paar Tage später kommst du wieder an diesem Ort vorbei und rufst:
„Nicht zu glauben! Wo war ich nur, dass ich das alles nicht gesehen habe?"


Anthony de Mello

Montag, 8. Dezember 2014





               
                Innerhalb des Gebäudes
                einer Wissenschaft
                schwört man leicht,
                festen Boden unter den
                Füßen zu haben.


                Man vergißt, daß das ganze Gebäude
                auf ein paar unbeweisbaren
                Schwimmern, den Axiomen, ruht.


                Axiome sind die von der Intuition
                aufgespürten unsichtbaren Trittplatten
                unter der Wasseroberfläche
                des Wissens,
                die ein unbescheidener Intellekt
                zu dem Wahn mißbraucht,
                er könne über's Wasser gehen
                Peter Horton