Mittwoch, 30. September 2015






Ich glaube tatsächlich, dass wir alles in uns haben.
Dies meine ich nicht nur in dem Sinne, 

dass wir alle Menschen sind und dass es nichts Menschliches gibt, das uns fremd wäre,
weil es nichts Menschliches gibt, das es nicht in uns gäbe:
das Kind, der Kriminelle, der Verrückte, der Heilige, der Durchschnittsmensch.

Ich glaube nicht nur, dass dies alles in uns ist,
sondern dass wir uns all dessen auch gewahr sind und es spüren,
auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.

 
Erich Fromm

Dienstag, 29. September 2015








                Zu einem Mönchsvater, der sich der Geselligkeit hingab, 
                kam einmal ein Jäger, der ihn wegen seines Nichtstuns spöttisch anredete.
                Der Altvater forderte den Jäger auf, seinen Bogen zu spannen.  
                Der Jäger spannte mit aller Kraft,  
                aber der Altvater rief ihm zu: 
                „Noch mehr, noch mehr! Du mußt den Bogen noch stärker spannen!"
                Der Jäger protestierte: 
                „Der Bogen wird zerbrechen!"
                Daraufhin antwortete ihm der Mönch: 
                „Auch der Mensch wird zerbrechen, wenn er überspannt ist. "
 
 

Montag, 28. September 2015





                              Wie glücklich oder unglücklich wir sind, 
hängt eher davon ab,
                              wie wir die Ereignisse wahrnehmen und ihnen gegenübertreten, 
                              als von den Ereignissen an sich. 

                              Wenn du dein Leben nicht genießen kannst, 
                              stimmt etwas Grundlegendes mit dir 

                                                                                                                                                      nicht.

                              Anthony de Mello

Sonntag, 27. September 2015





               Wer Demut besitzt,
               kann nicht gedemütigt werden.


    
                                      Wer unterwürfig ist, 
                                          wird unterworfen.

              Peter Horton

Samstag, 26. September 2015






Wenn einer sich vornähme, das Wort Tod nicht mehr zu benützen,
auch kein anderes, das mit dem Tod zusammenhängt, mit dem Menschentod
oder mit dem Sterben der Natur. 

Ein ganzes Buch würde er schreiben,
ein Buch ohne Tod, ohne Angst vor dem Sterben, ohne Vermissen der Toten,
die natürlich auch nicht vorkommen dürften, ebensowenig wie Friedhöfe,
sterbende Häuser, tödliche Waffen, Autounfälle, Mord. 

Er hätte es nicht leicht,
dieser Schreibende, jeden Augenblick müßte er sich zur Ordnung rufen,
etwas, das sich eingeschlichen hat, wieder austilgen, schon der Sonnenuntergang
wäre gefährlich, schon ein Abschied, und das braune Blatt, das herabweht,
erschrocken streicht er das braune Blatt. 

Nur wachsende Tage, nur Kinder
und junge Leute, nur rasche Schritte, Hoffnung und Zukunft, ein schönes Buch,
ein paradiesisches Buch.




Marie Luise Kaschnitz



Freitag, 25. September 2015





Fügung und Führung setzen nur ein,
wenn eine Gewißheit da ist;
an ihr befestigen sie sich,
und langsam unterliegt
das Leben einem verborgenen Plan;
wir brauchen ihn nicht zu kennen;
er setzt sich durch,
insofern wir gehorsam sind.

Reinhold Schneider

Donnerstag, 24. September 2015






                               Halt an! Wo läufst du hin! 
                               Der Himmel ist in dir.  
                               Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.

                               ANGELUS SILESIUS

Mittwoch, 23. September 2015







INS HEUTE KOMMEN

Warum haben Sie denn Angst? 

Können Sie mit all Ihren Ängsten Ihr Leben auch nur um den kürzesten Augenblick verlängern?
Warum sich wegen des Morgen beunruhigen? 

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Werde ich nach dem Tod weiterleben? 

Warum sich mit dem Morgen plagen? 


Kommen sie ins Heute.

Jemand sagte einmal: „Das Leben ist etwas, das uns widerfährt, 

während wir damit beschäftigt sind, andere Pläne zu schmieden."

Das ist tragisch.
Leben Sie den gegenwärtigen Augenblick. 

Es ist eine der Ansichten, zu der Sie gelangen werden, wenn Sie wach geworden sind.
Sie werden erkennen, dass Sie in der Gegenwart leben und jeden Augenblick zu schätzen wissen.

Anthony de Mello

Dienstag, 22. September 2015

 


Mit dem Menschen steht es ganz ähnlich,
wie mit einer Zitadelle.
Er reißt die Mauern nieder, 

um sich die
Freiheit zu wahren, 

aber nun ist er nur noch eine geschliffene Festung, 
die sich den
Sternen öffnet. 


Dann beginnt die Angst vor dem Nichtsei
n.

A. Saint-Exupery

Montag, 21. September 2015

 


"Warum sprichst du nichts?"
hast du mich gefragt.
Was soll ich denn sagen?
Wenn ich zu sprechen versuche,
mißlingt es mir.
Vielleicht wähle ich die falschen Worte,
vielleicht hörst du eine falsche Bedeutung heraus.
Dreimal gedreht und gewendet,
sagen sie plötzlich das Gegenteil von dem,
was ich mir vorgenommen.

Was bleibt für eine andere Wahl,
als zu verstummen?
Stummsein ist keine Lösung,
ich weiß.
Aber weniger mißverständlich,
scheint mir.

Du mußt mir eine Vorgabe zugestehen.
Laß meine dürftigen Brocken einfach stehen.
Lege sie nicht auf die Waagschale.
Setze keinen ironischen Schlenker hinzu.
Erinnere mich nicht
an die Widersprüche und Ungereimtheiten.
Ich möchte nicht im Schneckenhaus sitzen.
Glaubst du,
ich finde mich mit der Rolle des stummen Zuschauers ab?
Aber allein schaffe ich es nicht,
das Sprechen wieder zu lernen.
Du mußt der Geburtshelfer sein,
wenn du geduldig warten kannst,
können auch wieder Worte geboren werden.
      


                                   
                                                 D.u.F. Betz

Sonntag, 20. September 2015

 


Glauben heißt:
        warten können bis Gott das letzte
        Wort spricht
 

Glauben heißt:
        vertrauen, hoffen wider alle Hoffnung.
 

Glaube ist der Vogel, welcher singt,
wenn die Nacht noch dunkel ist.



Rabindranath . Tagore

Samstag, 19. September 2015

 


Nicht mehr:     ES muß anders werden
                        IHR müßt anders werden
          
             DU mußt anders werden
Sondern:    ICH muß anders werden
 

Sodann:              ICH bin anders geworden
       
                    Du darfst anders werden
                           IHR dürft anders werden
                           ES darf anders werden

 
                                                 D. Schneider

Freitag, 18. September 2015

 

Wenn Christus euch befreit,
dann seid ihr wirklich frei Menschen.

Ich möchte gerne frei sein von meiner Angst
gegen den Strom zu schwimmen,
damit ich tun kann, was recht ist
Ich möchte gern frei sein von dem Zwang
immer nur an mich selbst zu denken,
damit ich auch den anderen sehe.
Ich möchte gern frei sein von meiner Art,
den bequemsten Weg zu gehen,
damit ich mich mit gutem Gewissen freuen kann über das Erreichte.
Ich möchte gern frei  sein von meiner Schuld
anderen gegenüber, die mir nicht liegen,
damit es mir nachher nicht leid tut.
Ich möchte gern frei sein von meinem Neid
auf jeden, der etwas hat oder ist,
denn Neid macht nicht fröhlich.

Donnerstag, 17. September 2015



 


Was bedeutet angesichts der heutigen Situation 
der gute Wille einer kleinen Gruppe von Jungen und Mädchen?
Was waren im Evangelium die fünf Brot und die zwei Fische 

für die fünftausend hungrigen Menschen?

Christus verlangt von uns, 

daß wir alles geben und alles riskieren,
wie der Same, der in der Erde sterben muß, um Frucht zu bringen;
wie der Kaufmann alles verkauft, was er hat, um die kostbare Perle zu erwerben;
wie Petrus, der auf ein Wort von Christus hin nochmals seine Netze auswirft nach einer Nacht erfolgloser Arbeit. 


Damit dieses Gleichnis nicht bloße Erinnerung bleibt,

ist es von jetzt an Aufgabe jedes einzelnen, dort wo er lebt,
in der Gemeinschaft, in der er steht, Gleichnis des Lebens für die anderen
zu sein.

                                                 R. Schutz

Mittwoch, 16. September 2015



Domplatz in Trient 


Wunder des Augenblickes

Zärtlichkeit
ist das spontane Ja-Sagen zu einem Du.
Sie erwacht in einem Augenblick und
kann ein ganzes Leben verzaubern.
Zärtlichkeit
gehört zu den großen Wundern des Menschen.
Sie ist der weite Horizont der Ferne und
das engste Zuhause bei einem Menschen.
Sie holt die Weite heim und
öffnet zugleich die verengten Räume.
Zärtlichkeit
ist die verschwiegenste Anerkennung eines geliebten Wesens.
Sie kommt ohne Worte aus und
besitzt ein reicheres Leben als
alle Worte und Sprachen der Welt.
Zärtlichkeit
vermag in jedem Augenblick ihren Namen zu verändern.
Sie wechselt von Anmut zu Vertrauen,
von Zuneigung zu Trost,
von Geduld zu Hoffnung,
von Herzlichkeit zu Mitleid,
von Geborgenheit zu Fröhlichkeit,
von Sympathie zu Begeisterung.
Zärtlichkeit
setzt immer ein Gegenüber voraus,
Einverständnis mit einem Menschen,
Offenheit zu einem Freund,
Bereitwilligkeit zur Liebe,
Fähigkeit zu Überraschung.
Zärtlichkeit
verlangt Phantasie für den anderen.
Zärtlichkeit
ist wohl die feinste Schwingung des Herzens und mit dem Wunder des Augenblicks auch ein, nein, das Wunder des Herzens.

                                                 H. Walldorf

Dienstag, 15. September 2015

Kirchturm in Kaltern




Könnt ich sie dir zurückbringen, diese stille Feier, diese heilige Ruhe im Innern,
wo auch der leiseste Laut vernehmbar ist, der aus der Tiefe des Geistes kommt,
und die leiseste Berührung von außen,
vom Himmel her, und aus den Zweigen und Blumen - ich kann es nicht aussprechen
wie mir oft ward, wenn ich so dastand vor der göttlichen Natur,
und alles Irdische in mir verstummte - da ist er uns so nahe, der Unsichtbare

Friedrich Hölderlin

Montag, 14. September 2015







Mich ruft zuweilen eine Stille, die alles Tönen überschweigt,
bis ein geheimnisvoller Wille sich über meine Seele neigt.
Der sprengt im Zittern von Sekunden dies enge Haus - die Welt ist Traum!
In ferne Täler sanken Stunden und flüsternah ward jeder Raum.
Da komm ich zu dir ohne Schritte, auf pfadelosen Pfades Spur,
und kein Gewähren, keine Bitte verschattet eine sel'ge Flur.
Ich bin an dich dahingegeben als je und je dir zugedacht,
du hüllst mich ein wie Licht und Leben mit ursprungtiefer Liebesnacht,
und alle Qual, die mich zerrissen, als trüg ich Wahn und Aberwitz,
war nur das zeitlich-dumpfe Wissen um einen ewigen Besitz.
Mich ruft zuweilen eine Stille, die alles Tönen überschweigt,
bis ein geheimnisvoller Wille sich über meine Seele neigt.
Der sprengt im Zittern von Sekunden dies enge Haus - die Welt ist Traum!
In ferne Täler sanken Stunden und flüsternah ward jeder Raum.
Da komm ich zu dir ohne Schritte, auf pfadelosen Pfades Spur,
und kein Gewähren, keine Bitte verschattet eine sel'ge Flur.
Ich bin an dich dahingegeben als je und je dir zugedacht,
du hüllst mich ein wie Licht und Leben mit ursprungtiefer Liebesnacht,
und alle Qual, die mich zerrissen, als trüg ich Wahn und Aberwitz,
war nur das zeitlich-dumpfe Wissen um einen ewigen Besitz
 

Gertrud von LeFort


ererer

Sonntag, 13. September 2015






                   Gebet der Schildkröte

                   Ein bischen Geduld, lieber Gott,
                   ich komme schon!
                   Man muß seine Natur nehmen, wie sie ist.
                   Nicht habe sie gemacht.
                   Ich möchte keineswegs
                   dies Haus auf meinem Rücken kritisieren:
                   Es hat sein Gutes.
                   Aber gib zu Herr:
                   Es ist reichlich schwer zu tragen!
                   Nun ja, laß diesen Panzer und mein Herz
                   - die doppelte Klausur -
                   für dich nicht ganz verschlossen sein.

 

Samstag, 12. September 2015



glückliche die Sonnenuhr ... sie zeigt die schönen Stunden nur (nebliger Morgen in Camposanpietro) 


Es kommt nicht darauf an, "Menschenkenntnis" zu entwickeln
und schon gar nicht darauf, Menschen zu durchschauen,
sondern zu klären,
wie man selbst mit anderen Menschen umgeht 

oder an ihnen vorbei lebt. 

Über Menschen nachdenken ist der Anfang der Selbsterkenntnis;
sie verstehen der Anfang der Liebe und
ohne Einschränkung mit allen umgehen können zeigt an, 

wie frei einer von sich selbst ist. 

Wer etwa für andere Menschen beten will muß mit ihnen leben.



                                                 J. Zink

Freitag, 11. September 2015



Antonius in Camposapietro 

Letzte Rosen

Stand heute vor einem Rosenstrauch,
die Blüten hingen schwer
des Herbstes gierig kalter Hauch
fraß rings die Gärten leer.

Da hab' ich jäh - doch nur im Traum -
die Rosen rasch gepflückt
und sie noch wußt' ich's selber kaum
dir in die Hand gedrückt.

 

                                               Else de Luca-Usener

Donnerstag, 10. September 2015



 

Wüste als Therapie

Wir können nicht übersehen, daß die Erfahrung der Wüste zu jenen therapeutischen Maßnahmen gehört, die Gott an uns Menschen anwendet.
Die Wüste als Therapie bedeutet manchmal: chirurgischen Eingriff, der versucht,
etwas abzuschneiden oder zu entfernen;
Diätkost als Weg zur Genesung,
um wieder stark zu werden oder um sich andere Speisen anzugewöhnen,..
Einsamkeit, als müßten wir in Quarantäne leben.
Gott überfüttert uns normalerweise nicht
mit der Wüste, denn er dosiert sehr gezielt die Dauer und die Intensität,
genauso dosiert er die Bereiche,
die unseres Lebens, die er behandeln will: Einmal sind es die Freunde, ein anderes Mal das Gebet oder die Beziehung zur Kirche oder einfach das Leid in der Familie...
Wir sind eingeladen, zu Gott -
als Therapeuten - Vertrauen zu haben...
Wüste mit Gott - ob sie persönlich oder kollektiv erfahren wird - kann für uns
ein Weg zur Heilung, zur Befreiung und
zur Erneuerung werden.

                                                 Antonio Sagardoy

Mittwoch, 9. September 2015



rein ins frische Nass ... füllt im Herbst Scheun und Faß

Ich glaube tatsächlich, dass wir alles in uns haben.
Dies meine ich nicht nur in dem Sinne, 

dass wir alle Menschen sind und dass es nichts Menschliches gibt, das uns fremd wäre,
weil es nichts Menschliches gibt, das es nicht in uns gäbe:
das Kind, der Kriminelle, der Verrückte, der Heilige, der Durchschnittsmensch.

Ich glaube nicht nur, dass dies alles in uns ist,
sondern dass wir uns all dessen auch gewahr sind und es spüren,
auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.

 
Erich Fromm

Dienstag, 8. September 2015



mach auf wo Schloß und Riegel für



                Zu einem Mönchsvater, der sich der Geselligkeit hingab,  
                kam einmal ein Jäger, der ihn wegen seines Nichtstuns spöttisch anredete.
                Der Altvater forderte den Jäger auf, seinen Bogen zu spannen.  
                Der Jäger spannte mit aller Kraft,  
                aber der Altvater rief ihm zu: 
                „Noch mehr, noch mehr! Du mußt den Bogen noch stärker spannen!"
                Der Jäger protestierte: 
                „Der Bogen wird zerbrechen!"
                Daraufhin antwortete ihm der Mönch: 
                „Auch der Mensch wird zerbrechen, wenn er überspannt ist. "
 
 

Montag, 7. September 2015



Pilgerschatten

                                                    Denke einmal an dich selbst,  
                                                    als dich jemand gut, attraktiv oder schön nannte.
                                                    Entweder du hast dich verschlossen,  
                                                    weil du dachtest, du seist hässlich, und hast dir gesagt: 
                                                    „Würdest du mich wirklich kennen, könntest du nicht sagen, 
                                                    dass ich schön bin."
                                                    Oder du hast dich den Worten des Betreffenden geöffnet und gedacht, 
                                                    du seist tatsächlich schön und dich von den Komplimenten hinreißen lassen.

                                                    In beiden Fällen hattest du Unrecht,                                                     da du weder schön noch hässlich bist.

                                                    Du bist du.

                                                    Anthony de Mello