Dienstag, 30. November 2021

Angenehme Vorstellung von Dingen - Marie Louise Kaschnitz

 





             Angenehme Vorstellungen von Dingen,
             die noch nicht sind, aber sein werden,
             zum Beispiel im März,
             wenn wieder einmal keine einzige Knospe
             zu sehen,
             kein Frühlingslufthauch
             zu spüren ist,
             während doch gegen Abend der Amselsturm sich erhebt.
             Blüten aus Terzen, Blätter aus Quinten, Sonne aus Trillern,
          ganze Landschaften aus Tönen aufgebaut.
          Frühlingslandschaften,
          rosa-weiße Apfelbäume vor blauen Gewitterwolken,
          Sumpfdotterbäche talabwärts,
          rötlicher Schleier über den Buchenwäldern,
          Sonne auf den Lidern,
          Sonne auf der ausgestreckten Hand.

          Lauter Erfreuliches,
          was doch auch in anderer Beziehung,
          zum Beispiel in der Beziehung der Menschen zueinander,
          eintreten könnte,
          Freude, Erkennen.

          Amselsturm hinter den Regenschleiern,
          und wer sagt,
          daß in dem undurchsichtigen Sack Zukunft
          nicht auch ein Entzücken steckt?
 
          Marie Luise Kaschnitz


Montag, 29. November 2021

Jesus und das Fußballspielen - Anthony de Mello

 


UNPARTEIISCH

Jesus Christus sagte, er sei noch nie bei einem Fußballmatch gewesen. 
Also nahmen meine Freunde und ich ihn zu einem Spiel mit. 
Es war eine wilde Schlacht zwischen den protestantischen Boxern und den katholischen Kreuzfahrern.

Die Kreuzritter erzielten das erste Tor. 
Jesus schrie laut Beifall und warf seinen Hut in die Luft. 
Dann waren die Boxer vorne. Und Jesus spendete wild Beifall und warf seinen Hut in die Luft.

Das schien den Mann hinter uns zu verwirren. 
Er klopfte Jesus auf die Schulter und fragte: „Für welche Partei brüllen Sie, guter Mann?"

„Ich", erwiderte Jesus, den mittlerweile das Spiel sichtlich aufregte, „oh, ich schreie für keine Partei. Ich bin bloß hier, um das Spiel zu genießen."

Der Frager wandte sich seinem Nachbarn zu und feixte: „Hm, ein Atheist!"

Auf dem Rückweg klärten wir Jesus über die Lage der Religionen in der heutigen Welt auf. „Fromme Leute sind ein komisches Volk, Herr", sagten wir, „sie scheinen immer zu denken, Gott sei auf ihrer Seite und gegen die Leute von der anderen Partei."

Jesus stimmte zu. 
„Deswegen setze ich nie auf Religionen, ich setze auf Menschen", sagte er. „Menschen sind wichtiger als Religionen. Der Mensch ist wichtiger als der Sabbat."

„Du solltest deine Worte wägen", sagte einer von uns etwas besorgt.

„Du bist schon einmal wegen einer solchen Sache gekreuzigt worden."

„Ja - und von religiösen Leuten", sagte Jesus mit gequältem Lächeln.



  Anthony de Mello




Sonntag, 28. November 2021

Rolle - Sympathie - Dag Hammarskjöld

 




                Das Kostüm für deine Rolle,

                die Maske, die du mit soviel

            Sorgfalt angelegt hast,

            um zu deinem Vorteil aufzutreten,

            war die Mauer

            wischen dir und der Sympathie,

            die du suchtest.


                        Eine Sympathie,

                        die du an dem Tag gewonnen hast,

                        als du nackt dort standest.


            Der befehlenden Stimme wurde erst gehorcht,

            als sie in Hilflosigkeit

            erstickte.


            Dag Hammarskjöld




Samstag, 27. November 2021

niemand beeindrucken - Anthony de Mello

 


Du musst niemanden beeindrucken, nie wieder.
Du fühlst dich in der Welt einfach wohl, du verlangst von niemandem mehr etwas.
Wenn deine Wünsche nicht erfüllt werden, macht dich das nicht unglücklich.
Wenn du dich vor niemandem mehr verteidigen musst, fühlst du dich auch nicht mehr dazu gezwungen, dich zu entschuldigen.
Noch nicht einmal, dich zu erklären.
Du musst niemand mehr beeindrucken.
Du belastest dich nicht damit, was andere sagen oder denken.
Es macht dir nichts aus, es trifft dich nicht.
Dann wird die Liebe beginnen. 

                                                                        Aber erst dann.

Anthony de Mello 



Freitag, 26. November 2021

Erst- und Zweit UrSache

 


GEGENWART

Es ist typisch für die Hebräer der Bibel, Gottes Handeln in allen Dingen zu sehen. 

Wir halten uns fast ausschließlich mit sekundären Ursachen auf, während die Hebräer meist auf die Erste Ursache blickten. 

Sind ihre Armeen im Kampf geschlagen worden?
Nein, Gott hat sie geschlagen; das Unvermögen der Generäle hat nichts damit zu tun!
Wurde ihre Ernte von Heuschrecken zerstört?
Gott hat sie geschickt.

Zugegeben, ihr Wirklichkeitssinn war einseitig.
Sie haben anscheinend sekundäre Ursachen ganz ignoriert. 
Unser moderner Wirklichkeitssinn ist auf noch extremere Weise einseitig, denn wir ignorieren anscheinend vollständig die Erste Ursache. 

Sind deine Kopfschmerzen verschwunden?
Die Hebräer würden gesagt haben: „Gott hat dich gesund gemacht!" Und wir: „Lass Gott aus dem Spiel. Die Aspirintablette hat dich gesund gemacht."

Uns hingegen ist ganz der Sinn für das Werk des Unendlichen in unserem Leben verlorengegangen. 

Wir spüren nicht mehr,
dass Gott uns gesund macht durch unsere Ärzte,
dass Gott jedes Ereignis unseres Lebens formt,
dass Gott jeden Menschen, dem wir begegnen, schickt,
dass er uns im leichten Wind umspielt und uns bei jeder Empfindung berührt. 

Er erschafft alle Laute um uns, damit wir sie hören und uns Gottes Gegenwart bewusst werden.




Donnerstag, 25. November 2021

Erfolg - Leistung - Arbeitsleben - Dag Hammarskjöld

 




               Laß nie

           den Erfolg seine Leere verbergen,

           die Leistung ihre Wertlosigkeit

           das Arbeitsleben seine Öde.


           So behalte den Sporn,

           um weiter zu kommen,

           den Schmerz in der Seele,

           der uns über uns selbst hinaus treibt.


           Wohin?

           Das weiß ich nicht.

           Das begehre

           ich auch nicht zu wissen.


           Dag Hammarskjöld










Mittwoch, 24. November 2021

Bogenschütze von Tranxu - Anthony de Mello

 


Es gibt einen schönen Satz von Tranxu, einem großen chinesischen Weisen. 
Er lautet: „Wenn der Bogenschütze schießt, ohne einen besonderen Preis gewinnen zu wollen,
kann er seine ganze Kunst entfalten,
schießt er, um eine Bronzemedaille zu erringen, fängt er an, unruhig zu werden;
schießt er um den ersten Preis, wird er blind, sieht zwei Ziele und verliert die Beherrschung.

Sein Können ist dasselbe, aber der Preis spaltet ihn.

Er ist ihm wichtig! Er denkt mehr ans Gewinnen als ans Schießen,
und der Zwang zu gewinnen schwächt ihn."

Gilt dieses Bild nicht für die meisten Menschen?

Wenn man nicht für Erfolg lebt,
verfügt man über all sein Können, besitzt man all seine Kräfte,
ist man entspannt, sorgt man sich nicht,
es macht einem nichts aus, ob man verliert oder gewinnt.


Anthony de Mello



Dienstag, 23. November 2021

Erfahrungen und Fehler - Anthony de Mello

 


                                    Erfahrungen und Fehler sind normal und heilsam;
                           gäbe es keine Erfahrungen und Fehler,
                           gäbe es keine Risiken.
                           Es gäbe nur die berechnete Konformität.
                                    Doch das ist weder Leben
                                    noch der Sinn der Schöpfung,
                                    noch die Erfahrung von Liebe
                                    und auch nicht
                                    die Frohe Botschaft.



                                                  Anthony de Mello




Montag, 22. November 2021

vergessen - Dag Hammarskjöld

 





                 Selbst

             das Qualvollste

             zu vergessen

             können

             wir uns

             nicht leisten


             Dag Hammarskjöld

Sonntag, 21. November 2021

Winter der Seele - R. de Langeac

 


Winter der Seele

Es ist Winter. Aber auch das muß sein.
Nur ein Tor wird im Winter einen Baum fällen,
weil er jetzt nicht Blüten oder Früchte trägt.
Winter ist die Zeit der tiefen, schmerzlichen, mühsamen Verwurzelung,
die sich erst in der Zukunft richtig auswirkt.-
Jetzt stehst du gleichsam am Tor der Burg.
Du klopfst an, doch niemand öffnet.-
Aber du harrst aus, allen Unbilden der Witterung ausgesetzt...
Selten hellt sich der Himmel auf und läßt den Frühling ahnen.-
Sag dem Herrn, daß du nicht aufhören wirst, anzuklopfen,
da du auf sein Versprechen baust.
Vergiß aber nicht, daß er alle Rechte hat.
Warte geduldig, bis deine Stunde schlägt.-
Entfliehe keinem Leiden, das die Vorsehung dir schickt.-
In der Stunde des Leidens, der Prüfung, harre in Geduld.
Auf den Winter folgt der Frühling.
Die gefrorene Erde läßt man in Ruhe und bearbeitet sie nicht.
Wir aber möchten immer wieder handeln,
auch wenn alles dagegen spricht.
Nein, ich wiederhole, harre in Geduld!


R. de Langeac




Samstag, 20. November 2021

GEBET DER SIOUX

 


 




O großer Geist, dessen Stimme ich in den Winden vernehme und dessen Atem der ganzen Welt Leben spendet, höre mich.
Ich trete vor dich hin als eines deiner vielen Kinder.
Ich bin klein und schwach. Ich bedarf deiner Kraft und Weisheit.
Laß mich in Schönheit wandeln und meine Augen immer den roten und purpurnen Sonnenuntergang schauen.
Laß meine Hände die Dinge verehren, die du gemacht hast, und meine Ohren deine Stimme hören.

Schenke mir Weisheit, daß ich die Dinge, die du mein Volk gelehrt hast, und die Lehre, die du in jedem Blatt und jedem Felsen verborgen hast, erkennen möge.


GEBET DER SIOUX

Freitag, 19. November 2021

Heiliger Geist - Wilhelm Stählin

 



Wer an den Heiligen Geist als die schöpferische Aktivität Gottes glaubt und
in diesem Glauben um das Kommen des Geistes bittet,
der muß wissen,
daß er damit die göttliche Störung herbeiruft und
sich dafür offenhält,
daß Gott ihn stört in seinem "Besitz",
in seinen Gewohnheiten,
auch Denkgewohnheiten,
wenn sie nicht mehr dafür taugen,
ein Gefäß der heilsamen Unruhe und
der aufregenden Wahrheit zu sein.

Wer also bittet: "Komm Heiliger Geist",
muß auch bereit sein zu bitten:
"Komm uns störe mich,
wo ich gestört werden muß."


Wilhelm Stählin



Donnerstag, 18. November 2021

Unkraut im Garten - Dag Hammarskjöld

 



                Du kannst nicht spielen

                mit dem Tier in dir,

            ohne ganz Tier zu werden:

            nicht mit der Lüge, 

            ohne das Recht zur Wahrheit einzubüßen;

            nicht mit der Grausamkeit,

            ohne die Zartheit das Geistes zu verlieren.


            Wer seinen Garten rein halten will,

            darf keinen Fleck dem Unkraut

            überlassen.


            Dag Hammarskjöld




Mittwoch, 17. November 2021

Nur eines ist wichtig - Pierre Teilhard de Chardin

 


Nur eines ist wichtig


Wahrlich,
das ist Glückseligkeit auf Erden,
wenn man sieht, daß alle Dinge für uns und durch uns vergöttlicht werden können!
Vergiß nicht,
diese Freude oder wesentliche Leidenschaft in deinem Geiste sorgfältig
über alles zu stellen,
selbst über das Gelingen und
den persönlichen, unmittelbaren,
sichtbaren Erfolg.
Nur eines ist wichtig und muß für uns
dem Sinn, der Leidenschaft für das Leben Nahrung geben:
die Erfahrung, 
daß Gott sich überall verwirklicht,
in uns und um uns.

Wenn nur diese grundlegende Umwandlung
in unserem Dasein immer weitergeht,
was bedeutet schon Verdruß oder Disharmonien im einzelnen,
die zweifellos bleiben
- und gegen die wir kämpfen müssen -,
die jedoch selber dazu beitragen können,
daß der Herr unseren Platz einnimmt.



Pierre Teilhard de Chardin


Dienstag, 16. November 2021

Kreativität - Peter Horton

 


               Nur die Kreativität
               des kindlich offenen Gemüts
  
          dringt in die Schale des Nichtwissens,
            die das Herz der Wahrheit
            dem flegelhaften Blick
            eines sich selbst
            vergötzenden Intellekts
            verhüllt.

                      Peter Horton




Montag, 15. November 2021

La Verna - Pilgersegen


 

                                           Möge der Weg der Pilgerschaft uns leiten,
                                           dankbar das Zeugnis hören,
                                           das die heiligen Stätten uns geben.

                                           Mögen auch wir Pilger jenen,
                                           die dort in der Ferne leben,
                                           die Kraft bezeugen,
                                           auf daß wir einander bestärken
                                           im Vorbild unseres Glauben,
                                           in der Hoffnung
                                           und in der Liebe zum Nächsten.

                                           Mögen wir gestärkt heimkehren
                                           mit festem Willen und mit Freude
                                           die christliche Liebe zu leben.


                                           nach einem Pilgersegen der Benediktiner






Sonntag, 14. November 2021

Glaube ist ... Martin Luther

 




                   Der Glaube,
                   das ist eine lebendige, verwegene             
                   Zuversicht auf Gottes Gnade.
 
           

        
                     Martin Luther

Samstag, 13. November 2021

wenn die Morgenfrische - Dag Hammarskjöld

 



 



Wenn die Morgenfrische

der Mittagsmüdigkeit weicht,

wenn die Beinmuskeln

vor Anspannung beben,

wenn der Weg unendlich scheint

und plötzlich nichts mehr gehen will,

wie du wünschest ...


gerade dann darfst du nicht zaudern.


Dag Hammarskjöld





Freitag, 12. November 2021

In großer Höhe - Dag Hammarskjöld

 




                   Auf einem sauberen Kleid

              stört der kleinste Fleck.

              In großer Höhe

              kann ein Augenblick

              der Nachlässigkeit 

              den Tod

              bedeuten.


              Dag Hammarskjöld




Donnerstag, 11. November 2021

Du Licht des Himmels - CHRISTLICHER HYMNUS 5./6. JH.

 






Du Licht des Himmels, großer Gott,
der ausgespannt das Sternenzelt
und der es hält mit starker Hand,
du sendest Licht in unsre Welt.
Die Morgenröte zieht herauf
und überstrahlt das Sternenheer,
der graue Nebel löst sich auf,
Tau netzt die Erde segensschwer.
Das Reich der Schatten weicht zurück,
das Tageslicht nimmt seinen Lauf,
und strahlend, gleich dem Morgenstern,
weckt Christus uns vom Schlafe auf.
Du Christus, bist der helle Tag,
das Licht, dem unser Licht entspringt,
Gott, der mit seiner Allmacht Kraft
die tote Welt zum Leben bringt.
Erlöser, der ins Licht uns führt
und aller Finsternis entreißt,
dich preisen wir im Morgenlied
mit Gott, dem Vater und dem Geist.

 

CHRISTLICHER HYMNUS 5./6. JH.

 


Mittwoch, 10. November 2021

Augenblicke - Ulrich Schaffer

 



Es sind die Augenblicke,
die über die Qualität des ganzen Jahres entscheiden.
Manchmal ist eine Minute mehr
als ein ganzer Monat.


Ulrich Schaffer


Dienstag, 9. November 2021

Stille des Waldes

Die Stille der Nacht 
oder des Waldes
kann der Seele ein Hilfsmittel sein,
in ihre eigenen Tiefen hineinzulauschen.

Friedrich Lienhard

nicht was wir haben - Anthony de Mello

 







                   Nicht das, was wir haben,
              sondern was wir verkosten,
              macht uns glücklich.

              Man kann das Leben nur verkosten,
              wenn man nicht fürchtet,
              etwas zu verlieren.
              Man wird frei,
              wenn man sich schließlich bewusst macht,
              dass einem nicht genommen werden kann,
              was man weiß,
              weder von anderen noch von sich selbst.



               Anthony de Mello 



Montag, 8. November 2021

der einzelne Schritt - Dag Hammarskjöld

 




                  Sorge dich nicht

             wohin der einzelne Schritt führt

             nur wer weit blickt,

             findet sich zurecht.


              Dag Hammarskjöld





Sonntag, 7. November 2021

Herr, gib uns ein kühnes Herz... - Reinhold Schneider

 



        Herr, gib uns ein kühnes Herz...

        Gib und ein kühnes Herz,
        denn siehe, Herr, wir sind geworfen zwischen zweien Welten.
        Wohl traf dein Pfeil uns tödlich,
        doch wir schälten
        uns nie von dieser Erde Liebe leer.

        Gib uns die Kühnheit, Herr,
        dich ganz zu wagen,
        die Dinge abzutun, die an uns hangen,
        und mit dem Herzen nur nach dir
        zu langen,
        und gib den Mut
        dem Tode ja zu sagen, der Einsamkeit,
        dem Dunkel und dem Leid.-

        Wir sind anheimgegeben deinen Händen.
        Die Treue schenk
        das Wagnis zu vollenden!

        Herr, gib ein kühnes Herz,
        wir sind bereit.



         Reinhold Schneider




Samstag, 6. November 2021

Gerechtigkeit - Gertrud von Le Fort

 




                 Gerechtigkeit gibt es

                 nur in der Hölle.


                 Im Himmel ist Gnade.


            Gertrud von Le Fort




Freitag, 5. November 2021

Die Gute Nachricht - Anthony de Mello

 



DIE GUTE NACHRICHT

Ich stelle mir vor, ich hätte nur noch ein paar Tage zu le­ben. ..
Ich darf mir einen oder zwei Menschen wählen, mit denen ich diese letzten Tage verbringe.
Ich treffe die schwie­rige Wahl... dann spreche ich mit diesem Menschen und erkläre ihm, warum ich ihn gewählt habe. . .
Zum letzten Male habe ich Gelegenheit, auf Menschen zuzugehen, die mir unsympathisch oder gleichgültig waren. Wenn ich das fertig bringe: was sage ich einem jeden jetzt, da ich fühle, dass ich an der Schwelle der Ewigkeit stehe? ..,

Eines Tages bin ich allein in meinem Zimmer und denke an all das in meinem Leben, wofür ich besonders dankbar bin . . . und worauf ich stolz bin. . . Dann wende ich mich den Dingen zu, die ich bereue und am liebsten ungeschehen machte. .. besonders meine Sünden. . .

Während ich mich damit befasse, kommt Jesus herein.
Seine Nähe bringt mir selige Freude und Frieden... Ich er­zähle ihm einiges aus meinem Leben, was mir Leid tut. . .
Er unterbricht mich mit den Worten: "All das ist vergeben und vergessen. Weißt du nicht, dass die Liebe das Böse nicht nachträgt?" (1 Kor 13,5).
Dann fährt er fort: "Deine Sünden sind tatsächlich nicht nur vergeben, sie sind sogar in Gnade verwandelt worden. Hast du denn nie gehört, dass da, wo die Sünde groß, die Gnade übergroß ist?" (Röm 5,21).
Das klingt für mein armes, furchtsames Herz zu wunder­bar, um wahr zu sein. Da höre ich ihn sagen: "Ich bin so zufrieden mit dir, ich bin dir so dankbar. . ." Ich fange an zu protestieren, dass in meinem Leben nichts ist, was ihn so zufrieden und dankbar machen könnte. Er sagt: "Du wärest sicher einem Menschen, der für dich nur ein wenig von dem getan hätte, was du für mich getan hast, unaussprechlich dankbar. Meinst du, ich hätte weniger Herz als du?"

So lehne ich mich zurück und lasse mich von seinen Wor­ten treffen...
und mein Herz jubelt vor Freude, dass ich einen solchen Gott habe!

Anthony de Mello

Donnerstag, 4. November 2021

des Berges Höhe - Dag Hammarskjöld

 






                                                   Miß nie

                                                   des Berges Höhe,

                                                   ehe du den Gipfel erreicht hast.


                                                   Dort

                                                   wirst du sehen,

                                                   wie niedrig er 

                                                   ist.



                                       Dag Hammarskjöld





Mittwoch, 3. November 2021

Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte (2) - Antoine de Saint-Exupéry

 



                                   Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte. (2)  

                                   Schicke mir im rechten Augenblick jemand,
                                   der den Mut hat,
                                   mir die Wahrheit in Liebe zu sagen.
                                   Ich möchte Dich und die anderen immer
                                   aussprechen lassen.
                                   Die Wahrheit sagt man nicht sich selbst,
                                   sie wird einem gesagt.

                                   Ich weiß, dass sich viele Probleme dadurch
                                   lösen, dass man nichts tut.
                                   Gib, dass ich warten kann.

                                   Du weißt, wie sehr wir der Freundschaft
                                   bedürfen.
                                   Gib, dass ich diesem schönsten, schwierigsten,
                                   riskantesten und
                                   zartesten Geschenk des Lebens gewachsen bin.


                                   Verleihe mir die nötige Phantasie,
                                   im rechten Augenblick ein Päckchen Güte,
                                   mit oder ohne Worte, an der richtigen Stelle
                                   abzugeben.


                                   Bewahre mich vor der Angst,
                                   ich könnte das Leben versäumen.


                                   Gib mir nicht, was ich mir wünsche,
                                   sondern was ich brauche.


                                   Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte!

                          Antoine de Saint-Exupéry




Dienstag, 2. November 2021

nicht das was wir sehen - Blaise Pascal

 






Nicht, was
wir sehen.
wohl aber


wie
wir sehen,
bestimmt




                                          den Wert des
Geschehenen.




                  Blaise Pascal






Montag, 1. November 2021

Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte. (1) - Antoine de Saint-Exupéry

 





                         Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte. (1)

 
                 Ich bitte nicht um Wunder und Visionen, Herr,
                 sondern um Kraft für den Alltag.
                 Mach mich findig und erfinderisch,
                 um im täglichen Vielerlei und Allerlei
                 rechtzeitig meine Erkenntnisse und Erfahrungen
                 zu notieren, von denen ich betroffen bin.

                 Mach mich griffsicher 
                 in der richtigen Zeiteinteilung. 
                 Schenke mir das Fingerspitzengefühl, 
                 um herauszufinden, 
                 was erstrangig und zweitrangig ist. 

                 Ich bitte um Kraft für Zucht und Maß, 
                 dass ich nicht durch das Leben rutsche, 
                 sondern den Tagesablauf vernünftig einteile, 
                 auf Lichtblicke und Höhepunkte achte.

                 Bewahre mich vor dem naiven Glauben, 
                 es müsste im Leben alles glatt gehen. 
                 Schenke mir die nüchterne Erkenntnis, 
                 dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge, 
                 Rückschläge 
                 eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind, 
                 durch die wir wachsen und reifen.

            Antoine de Saint-Exupéry