Samstag, 1. September 2012


SEPTEMBER

Blick aus der Wartburg                                                                                                                                      © Bernd H Brang

dem nachspüren, was Platz im Leben beansprucht




                           
                                                                                                                                                                                                                   © Bernd H Brang

dem nachspüren, was hinter der Fassade lauert

                           
                                                                                                                                                                                                                   © Bernd H Brang

 
Der Pilger wanderte schon einige Zeit durch einen Wald wie aus einem Märchen – knorrige, moosbewachsene Bäume, von denen lange Flechten wie Bärte von alten weisen Männern herunterhingen.
Plötzlich sah er auf einer Lichtung eine alte Frau, die mit Steinen und Kieseln in einem Sandhaufen spielte.

Er rieb sich die Augen – doch die Frau und der Sandhaufen verschwanden nicht. Irritiert schaut er ihr eine Weile zu – dann fragte er sie, was er da mache.

Die Frau lächelte ihn an und sagte: „Ich denke über das Leben nach.“

„Ah!“ sagte der Pilger und wollte kopfschüttelnd weiter gehen.

Doch die  alte Frau rief ihm nach: „Wollen Sie einmal meine Ergebnisse sehen?“

Der Pilger blieb stehen – irgendwie verrückt – aber sie tat ihm leid, wie sie so allein auf der Lichtung saß und mit Sand und Steinen spielte.

Die Frau füllte einen Eimer mit großen Steinen und fragt den Pilger, ob der Eimer  voll sei.
Er bejahte es.

Dann nahm die alte Frau Kieselsteine und schüttete diese in den Eimer. sie schüttelte den Eimer hin und her und die Kieselsteine rollten in die Leerräume zwischen den Steinen.
Wieder fragte sie den Pilger, ob der Topf nun voll sei.
Er stimmte zu und wollte sich nun kopfschüttelnd abwenden.

Die alte Frau nahm als nächstes Sand in die Hände und schüttete diesen in den Eimer. Natürlich füllte der Sand den kleinsten verbliebenen Freiraum.
Sie frage ein drittes Mal, ob der Eimer nun voll sei.
Der Pilger antwortete ärgerlich „ja“.

Nun hatte die alte Frau plötzlich zwei Dosen Bier in der Hand und schüttete den ganzen Inhalt in den Topf und füllte somit den letzten Raum zwischen den Sandkörnern aus.
Der Pilger war nun überzeugt, daß die Frau geistig verwirrt sei – für das Bier hätte er eine bessere Verwendung gehabt und er ging weg.

Doch die alte Frau rief ihm nach: „Wollen Sie sich nicht die Erklärung des Experiments anhören – oder habe sie alles verstanden?“
Noch mehr verwirrt kam der Pilger wieder zu der Frau zurück.

„Nun“, sagte sie mit einem weisen Lächeln, „Ich möchte, daß Sie diesen Eimer als die Repräsentation Ihres Lebens ansehen.
Die Steine sind die wichtigen Dinge in Ihrem Leben: Ihre Familie, Ihre Kinder, Ihre Gesundheit, Ihre Freunde, die bevorzugten, ja leidenschaftlichen Aspekte Ihres Lebens, welche, falls in Ihrem Leben alles verlorenginge und nur noch diese verbleiben würden, Ihr Leben trotzdem, noch erfüllend machten.
Die Kieselsteine symbolisieren die anderer Dinge im Leben wie Ihre Arbeit, Ihr Haus, Ihr Geld.
Der Sand ist alles andere, die Kleinigkeiten.

Falls Sie den Sand zuerst in den Topf geben“, fuhr die Alte  fort, „hat es weder Platz für die Kieselsteine noch für die Golfbälle. Dasselbe gilt für Ihr Leben.
Wenn Sie all Ihre Zeit und Energie in Kleinigkeiten investieren, werden Sie nie Platz haben für die wichtigen Dinge.
Achten Sie auf die Dinge, welche Ihr Glück gefährden. Spielen Sie mit den Kindern. Nehmen Sie sich Zeit für eine ihre Gesundheit. Führen Sie Ihren Partner zum Essen aus.
Es wird immer noch Zeit bleiben um das Haus zu reinigen oder Pflichten zu erledigen.
Achten Sie zuerst auf die Steine, die Dinge, die wirklich wichtig sind.
Setzen Sie Ihre Prioritäten. Der Rest ist nur Sand."

Da wollte der Pilger doch wissen, was denn das Bier repräsentieren soll.
Die Alte schmunzelte: "Ich bin froh, daß Sie das fragen. Es ist dafür da, Ihnen zu zeigen, daß, egal wie schwierig Ihr Leben auch sein mag, es immer noch Platz gibt für ein oder zwei Bierchen."





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