Man schweigt und kommt sich christlich vor,
indem man sein eigenes Erbarmen
genießt,
eine Art von Erbarmen, das nichts
verändert;
der bloße Verzicht, sich in das
Wagnis eines Urteils einzulassen,
ist ja noch keine Gerechtigkeit,
geschweige denn Güte oder sogar Liebe.
Er ist einfach unverbindlich,
weiter nichts.
Nun ist aber gerade die Unverbindlichkeit,
das Schweigen zu einer Untat, die
man weiß,
wahrscheinlich die allergemeinste Art unserer
Mitschuld.
Max Frisch
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