Samstag, 28. Februar 2015




An: Empfänger: Empfänger unbekannt
Betreff: Retour à l´expèditeur


Vielen Dank für die Wolken.
Vielen Dank für das Wohltemperierte Klavier
und, warum nicht, für die warmen Winterstiefel.
Vielen Dank für mein sonderbares Gehirn
und für allerhand andre verborgne Organe,
für die Luft und natürlich für den Bordeaux.
Herzlichen Dank dafür, dass mir das Feuerzeug nicht ausgeht,
und die Begierde und das Bedauern, das inständige Bedauern.
Vielen Dank für die vier Jahreszeiten,
für die Zahl e und für das Koffein
und natürlich für die Erdbeeren auf dem Teller,
gemalt von Chardin, sowie für den Schlaf,
für den Schlaf ganz besonders,
und, damit ich es nicht vergesse,
für den Anfang und das Ende und die paar Minuten dazwischen
inständigen Dank,
meinetwegen für die Wühlmäuse draußen im Garten auch.

Hans Magnus Enzensberger

Freitag, 27. Februar 2015




         Man ist das, was man vor Gott ist,
         nicht mehr und nicht weniger.
 


         Johannes Vienny

Donnerstag, 26. Februar 2015





Es muß so sein,
daß wir uns ohne jede
Sicherung ganz in
Gottes Hände legen;
um so tiefer
ist dann die Geborgenheit.


Edith Stein


Mittwoch, 25. Februar 2015





"Prüfet alles und behaltet das Beste!"
Wir aber gehen hin,
schnappen das Erstbeste
und wüten dan Rest des Lebens
über den Betrug,
der uns wiederfuhr.


Peter Horton

Dienstag, 24. Februar 2015





Durch eine Verkettung von Umständen gelangte das Ei eines Adlers in ein Nest im hintersten Winkel einer Scheune, in dem eine Henne auf ihren Eiern brütete.
Als es soweit war, schlüpfte der kleine Adler mit den anderen Küken aus.
Die Zeit verging, und der kleine Vogel begann auf unerklärliche Weise sich danach zu sehnen, fliegen zu können.
Also sagte er zu seiner Mutter, der Henne: „Wann werde ich fliegen lernen?"
Der armen Henne war durchaus bewusst, dass sie nicht fliegen konnte und auch nicht die geringste Ahnung hatte, was andere Vögel taten, um ihre Jungen die Kunst des Fliegens zu lehren.
Aber sie genierte sich, diese Unzulänglichkeit zuzugeben, und sagte daher: „Noch nicht, Kind, noch nicht. Ich werde es dir beibringen, wenn du soweit bist."
Monate vergingen, und der junge Adler begann zu argwöhnen, dass seine Mutter nicht fliegen konnte.

Aber er brachte es nicht fertig, auszubrechen und auf eigene Faust loszufliegen, denn seine Sehnsucht zu fliegen war in Konflikt geraten mit der Dankbarkeit, die er gegenüber dem Vogel, der ihn ausgebrütet hatte, empfand.

Anthony de Mello

Montag, 23. Februar 2015





               Befiehl du deine Wege

               Befiehl du deine Wege
               und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege
               des, der den Himmel lenkt.
               Der Wolken, Luft und Winden
               gibt Wege, Lauf und Bahn,
               der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

Befiehl dem Herrn deine Wege,
vertraue ihm, er wird handeln­.

               Dem Herren musst du trauen,
               wenn dir’s soll wohlergehn;
               auf sein Werk musst du schau’n,
               wenn dein Werk soll bestehn.
               Mit Sorgen und mit Grämen und mit selbst eigner Pein
               lässt Gott sich, garnichts nehmen,
               es muss erbeten sein.

               Auf, auf, gib deinem Schmerze
               und Sorgen gute Nacht,
               lass fahren, was dein Herze
               betrübt und traurig macht;
               bist du doch nicht Regente,
               der alles führen soll,
               Gott sitzt im Regimente
               und führet alles wohl.

               Paul Gerhardt

Sonntag, 22. Februar 2015





Stell dir vor, du fühlst dich nicht wohl und bist schlechter Laune.
Dabei fährst durch eine wunderbare Landschaft.
Die Gegend ist herrlich, aber du bist nicht in der Stimmung, etwas aufzunehmen.
Ein paar Tage später kommst du wieder an diesem Ort vorbei und rufst:
„Nicht zu glauben! Wo war ich nur, dass ich das alles nicht gesehen habe?"


Anthony de Mello

Samstag, 21. Februar 2015





Das Blühen fordert mich heraus,
aus dem Grau zu treten,
farbig zu werden,
mein Leben zu gestalten.

Ulrich Schaffer

Freitag, 20. Februar 2015





        Was ist auf Erden am schwersten zu erreichen?
        Ein rechter Mensch zu sein
        nach allen Seiten,
        zur Höhe, zur Tiefe
        zum Teil und zum Ganzen
        zum Kleinen, zum Großen
        zu sich und zum Andren,
        zum Leben, zum Sterben,
        zur Welt und zu Gott.

        Carl Peter Fröhlich

Donnerstag, 19. Februar 2015



 


Das Zufällige


Wenn wir von "Zufall" sprechen, dann wollen wir meist damit sagen: 
ich kann nichts dafür, daß das so kam; geheimnisvolle Mächte waren mit im Spiel; eine fatale Pechsträhne hat mich verfolgt oder eine sagenhafte Glücksphase hat mit begünstigt.

Wir haben uns aber zu fragen, ob wir nicht manchmal die Verantwortung für unser Schicksal von uns abwälzen wollen, wenn wir alles von seltsamen Zufällen abhängig sehen.


Max Frisch hat folgenden Satz in sein Tagebuch geschrieben:
"Wir erleben keine Zufälle, 

die nicht zu uns gehören. 
Am Ende ist es immer das Fälligste,
was uns zufällt."


Wenn das stimmt, dann haben wir das auf uns Zukommende als zu uns gehörig zu erkennen und zu bejahen, auch wenn es uns im ersten Moment erschreckt.
Natürlich komme ich mir manchmal vor,
als geriete ich vom Regen in die Traufe,
als würde ich von anonymen Mächten zermahlen.
Aber es hilft mir ein wenig, wenn ich nicht davonlaufe, sondern das, was auf mich zufällt, zuerst einmal zulasse. 


Vielleicht ist das, was mir da "über den Weg läuft" wichtig. 

Oft erweist sich das Bedrohliche als verheißungsvoll, wenn ich nicht angstvoll darauf reagiere, sondern es herankommen lasse.

"Gott redet zum Menschen in den Dingen und Wesen, die er ihm ins Leben schickt; der Mensch antwortet durch seine Handlung an eben diesen Dingen und Wesen."  

Dieses Wort Martin Bubers begleitet mich mein halbes Leben.

Otto Betz






Mittwoch, 18. Februar 2015






                Nicht Genies, 
                nicht raffinierte Techniker,
                nicht Menschenverächter,
                sondern 
                schlichte, einfache, gerade Menschen werden wir brauchen.

                Dietrich Bonhoeffer

Dienstag, 17. Februar 2015






Das also sehe ich, und das erregt mich!
Wohin ich auch schaue, ich finde ringsum
nur Dunkelheit. 


Nichts zeigt mir die Natur, was nicht Anlaß
des Zweifels und der Beunruhigung wäre;
fände ich  gar nichts was die Gottheit zeigt, würde ich mich zur Verneinung entscheiden;
sähe ich überall die Zeichen eines Schöpfers,
so würde ich gläubig im Frieden ruhen. 


Da ich zu viel sehe, um zu leugnen und zu wenig, um gewiß zu sein, bin ich klagenswert, und hundertmal wünsche ich, daß, wenn ein Gott die Natur erhält sie es unzweideutig zeigen möge oder daß, wenn die Zeichen, die sie von ihm weist, Trug sind, sie diese völlig vernichten möge; 

daß sie alles oder nichts zeige, damit ich wisse, welcher Seite ich folgen soll, 
während ich in der Seinslage, in der ich bin,
in der ich nicht weiß, was ich bin, noch was ich tun soll, weder meine Beschaffenheit noch meine Pflicht kenne. Mein Herz wünscht von ganzer Seele zu wissen, welches das wahre Gut ist,
um ihm zu folgen, nichts würde mir zu teuer für die Ewigkeit sein.


B.Pascal

Montag, 16. Februar 2015




                              Ohne Wegspur

                              Keine Wegspur im Sand
                              Freund, was beschleicht
                              dich die Angst?

                              Du mußt doch gehen,
                              ob du lachst, ob du weinst,
                              ob du bangst.

                              Was kann Dir gescheh‘n?

                              Dich hält Deines Gottes Hand.
                              Sie bringt dich ans Ziel,
                              auch ohne Wegspur im Sand.