Donnerstag, 30. November 2017

Mittwoch, 29. November 2017



Was gut ist, wissen wir, 
es steht in den Geboten. 

Aber Gott ist nicht nur in den Geboten, 
sie sind nur der kleinste Teil von ihm. 

Du kannst bei den Geboten stehen 
und kannst weit von Gott weg sein. 

Auch wenn alle einer Meinung sind, 

können alle Unrecht haben.


Bertrand Russell

Dienstag, 28. November 2017

 

Ein gesundes inneres Leben

In einer atheistischen Umwelt wird das «innere Leben» immerfort auf die Dinge verwiesen, die geglaubt und nicht bloß vorgestellt werden müssen; Dinge, denen wir uns nur anzupassen und nicht das Geringste beizufügen haben.
Es wird ständig angewiesen, die Praxis dessen zu sein, was das übernatürliche Leben Geheimstes in uns hat - kein intellektualistisch überfrachtetes geistliches Leben; es hat ins Lot gebracht zu werden in Bezug auf die Wirklichkeit Gottes.
Es bleibt für uns innerlich, hört aber auf, Innenschau zu sein.
Autopsien können beim Studium der Medizin behilflich sein; zu leben lehren sie nicht. Wir begreifen jetzt, dass der Wille, zuerst und vor allem ein inneres Leben zu führen, dasselbe wäre, wie wenn einer nach einer anatomischen Tafel leben wollte: etwa des von den übrigen Lebensfunktionen isolierten Atmungssystems, des isolierten Kreislaufs.
Wir entdecken, dass das innere Leben der bloße, aber notwendige Innenaspekt eines Gesamtlebens ist, seiner Ökonomie, seiner Dynamik, seiner Wirksamkeit.
Weil die Lebensbedingungen unseres Nächsten die Verkündigung für uns zu einer fraglosen Notwendigkeit machen, gibt es keine Möglichkeit mehr, das Apostolat zu verdächtigen, in ihm die mögliche Wucherung eines zum Selbstzweck erhobenen Innenlebens zu sehen.
Die beiden Gebote: «Du sollst den Herrn deinen Gott lieben» und «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst», klemmen uns zwischen zwei Imperative, die nicht unvereinbar sein können, da sie doch das Grundgesetz unseres Lebens bilden; sie klemmen uns in ein unerlässliches Tun, in eine Leistung, von der nichts uns entschuldigen kann.
Sie klemmen uns in den Akt der Verkündigung, in eine Leistung, an der nichts unser eigen ist, und doch alles durch uns getan werden muss beim Einsatz für das Evangelium.
Von hier aus erhellt sich für uns der Sinn des «inneren Lebens»: wirklich als der Kern eines Lebens, nicht bloß seiner Tätigkeiten, seiner Bewegung, sondern tiefer: als Kern eines zur vollen Reife gelangten Lebens, das sein Werk vollbringt, seine Frucht zeitigt.
So sind die Forderungen des Glaubens endlich versammelt, und sie sammeln uns. Sie spalten uns nicht länger.

Madeleine Delbrel

Montag, 27. November 2017



Ich muß Geduld haben und nicht Vernunft.
Ich muß die Wurzeln tiefer treiben und nicht an den Ästen rütteln.


H. Hesse

Sonntag, 26. November 2017



            Nicht das, was wir haben, sondern was wir verkosten,  
                macht uns glücklich.  
                Man kann das Leben nur verkosten, wenn man nicht fürchtet,  
                etwas zu verlieren.  
                Man wird frei, wenn man sich schließlich bewusst macht,  
                dass einem nicht genommen werden kann, was man weiß,  
                weder von anderen noch von sich selbst.


                Anthony de Mello

Samstag, 25. November 2017

 


Folgen einer Wahl

Halten wir diese Pflicht für eine solche, so wissen wir doch nicht immer, was sie von uns verlangt: denn gestern noch war sie uns unbekannt. Also müssen wir von Grund auf neu lernen, worum es sich für uns handelt. Da es christliche Verkündigung in christianisierter Umwelt nicht gab, blieb sie unbekannt, aber auch unverbogen, und wir können ihre Grundlagen und Modalitäten in ihrer ganzen Echtheit und Schlichtheit neu entdecken.
Rasch werden wir sie dann von dem unterscheiden, was wir «Apostolat treiben» nannten, von all diesen Apostolaten, die als fakultative Praktiken der Vervollkommnung erschienen, als eine Art tugendhafter Ergänzung des christlichen Lebens, so unterschieden von ihm, dass sie davon auch abtrennbar schien.
Christliche Verkündigung hingegen wird uns gezeigt als normale Reaktion unseres Organismus auf die Entchristlichung; als Gebrauch einer Lebensfunktion, als Erledigung eines Auftrags, für den wir konstitutiv ausgerüstet sind.
Christliche Verkündigung ist kein Zeitvertreib. Sie ist Frucht eines LEBENS, normale Auswirkung eines normalen Lebens. Unser ganzes Sein ist dafür eingefordert, wie es den ganzen Baum braucht, um eine Blüte zu treiben.
Die Verkündigung des Evangeliums ist die spezifisch christliche Aufgabe in atheistischer Umwelt, somit wird der Zustand dieser Umwelt die praktischen Voraussetzungen für diese Aufgabe enthalten, die normalen, deshalb auch für uns günstigen Voraussetzungen dafür.


Madeleine Delbrel





Freitag, 24. November 2017

 


Echte Würde 
wird nicht 
durch Missachtung gemindert.

Die Majestät der Niagara-Fälle 

wird nicht geringer, 
wenn man hineinspuckt.

Donnerstag, 23. November 2017



Ein Wanderer: „Wie wird das Wetter heute?" 
Der Schäfer: „So, wie ich es gerne habe." 
„Woher wisst Ihr, dass das Wetter so sein wird, wie Ihr es liebt?"

„Ich habe die Erfahrung gemacht, mein Freund, dass ich nicht immer das bekommen kann, was ich gerne möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. 

Deshalb bin ich ganz sicher: das Wetter wird heute so sein, wie ich es mag."

Was immer geschieht, an uns liegt es, Glück oder Unglück darin zu sehen.
Anthony de Mello

Mittwoch, 22. November 2017



Die Ekstase deiner Verfügungen (01b)

An dem Tag, da wir das verstünden, 
träten wir ins Leben, 
wie eine Art Propheten, 
wie Seher deiner leisen Vorsehungen, 
Täter deiner Eingriffe.
Nichts wäre mittelmäßig, denn alles wäre entworfen von dir,
nichts wäre zu schwer, denn alles wurzelte in dir,
nichts wäre traurig, denn alles wäre gewollt von dir,
nichts wäre langweilig, denn alles spräche von deiner Liebe.

Wir alle sind vorbestimmt zur Ekstase,
alle berufen aus unsern armseligen Machenschaften heraus,
um Stunde für Stunde in deinen Plan aufzutauchen.
 

Madeleine Delbrél
  

Dienstag, 21. November 2017



Das eigene Wort,
wer holt es zurück,
das lebendige,
eben noch unausgesprochene Wort?
Wo das Wort vorbeifliegt,
verdorren die Gräser,
werden die Blätter gelb,
fällt Schnee.
Ein Vogel käme dir wieder.
Nicht dein Wort,
das eben noch ungesagte,
in deinen Mund.
Du schickst andere Worte
hinterdrein,
Worte mit bunten weichen Federn.
Das Wort ist schneller,
das schwarze Wort.
Es kommt immer an,
es hört nicht auf,
anzukommen.
Besser ein Messer als ein Wort.
Ein Messer kann stumpf sein.
Ein Messer trifft oft
am Herzen vorbei.
Nicht das Wort.
Am Ende ist das Wort,
immer
am Ende
das Wort.


                                                               
Hilde Domin

Montag, 20. November 2017

 

Wir wussten nicht, dass es ein Evangelium gibt.

Eine christliche Umwelt ist eine solche, der das Evangelium verkündet worden ist. 
Lange Zeit war keine neue Verkündigung nötig, sie erübrigte sich. Wer als Christ das Evangelium verkünden wollte, musste sich spezialisieren, aus dem Normalen heraus- und anderswohin ziehen: am Ort verkündete er es nicht, denn dazu war kein Anlass.

Trotzdem demissionierte er nicht, aber die Verkündigung blieb außerhalb des täglichen Gesichtsfelds; man ließ die übernatürliche Wirklichkeit, die der tragende Grund der Verkündigung ist, in der gleichen scheinbaren Unverwendbarkeit erstarren.

So entschwand diese Wirklichkeit auch ihrerseits dem Blick, weil man nichts mehr von ihr erwartete.

Eine atheistische Umwelt hingegen ist zu christianisieren. Je zeitgemäßer sie ist, desto umfassender muss die christliche Verkündigung sein und desto vordringlicher ist sie.

Und weil die Verkündigung umfassend sein muss, bringt sie die unverwendeten übernatürlichen Wahrheiten in unser praktisches Gesichtsfeld zurück: sie werden für uns aufs neue wirklich und unentbehrlich.

Zum ersten Mal geht diese Wirklichkeit uns an, ist wie ein Anruf an uns, neu zu glauben, besser zu glauben. Unsere christliche Berufung, unsere eigene Treue zu Gott werden uns in Erinnerung gebracht.

Und diesmal fällt beim neuergangenen Ruf die christliche Verkündigung nicht mehr außer Betracht. Sie ist nichts Beliebiges mehr: Verkündigung wird eine Art organische Notwendigkeit, eine erstrangige Standespflicht.

Madeleine Delbrel

Sonntag, 19. November 2017

Der Ball des Gehorsams  (01d)


So wird das Leben zu einer Art Film, der in Zeitlupe abläuft.
Es macht uns nicht schwindlig, lässt uns nicht außer Atem kommen.
Es zernagt nur, Faser um Faser, das Gewebe des alten Menschen, der ohnehin nicht empfehlenswert war und der von Grund auf neu werden muss. 


Wenn wir uns daran gewöhnt haben, unseren Willen all diesen Winzigkeiten auszuliefern, dann kommt es uns nicht mehr schwer vor, wenn es sich ergibt, dass wir das tun sollen, was unser Vorgesetzter von uns will oder unser Mann, unsere Frau oder unsere Eltern. 

Und wir hoffen voll Zuversicht, dass dann auch der Tod leicht sein wird. Er wird keine große Affäre sein, sondern eine Abfolge kleiner gewöhnlicher Leiden, denen man nacheinander zugestimmt hat. 

Madeleine Delbrél

Samstag, 18. November 2017



Was kann man tun, um glücklich zu sein? 
Nichts! 
Man kann nichts tun, braucht nichts Zusätzliches; 

du musst etwas lassen: 
Deine Illusionen, 
deine Ambitionen, 
deine Sehnsüchte. 

Wie lässt man von denen? 

Indem man erkennt, dass sie falsch sind.


Anthony de Mello

Freitag, 17. November 2017

 

Sorge nicht,
wohin dich der einzelne Schritt führt:
nur wer weit blickt,
findet sich zurecht.

Dag Hammarskjöld

Donnerstag, 16. November 2017




                       Handle wie die kleinen Kinder.
                       Mit der einen Hand
                       halten sie sich am Vater fest,
                       mit der anderen
                       pflücken sie Erdbeeren oder Brombeeren
                       am Wegrain.
                       So sammle und verwende auch Du
                       die weltlichen Güter mit der einen Hand und
                       mit der anderen halte
                      die Hand des himmlischen Vaters;
                      wende Dich immer wieder IHM zu,
                      um zu sehen,
                      ob IHM Dein Tun und Wandeln angenehm ist.



                         Franz von Sales

Donnerstag, 9. November 2017


                             Was kann man tun, um glücklich zu sein?                              Nichts!                              Man kann nichts tun,  
                             braucht nichts Zusätzliches;                              du musst etwas lassen:  
                             Deine Illusionen, deine Ambitionen, deine Sehnsüchte.                              Wie lässt man von denen?
                             Indem man erkennt, dass sie falsch sind.

                             Anthony de Mello

Mittwoch, 8. November 2017






Das Zufällige



Wenn wir von "Zufall" sprechen, dann wollen wir meist damit sagen:
ich kann nichts dafür, daß das so kam; geheimnisvolle Mächte waren mit im Spiel; 

eine fatale Pechsträhne hat mich verfolgt oder eine sagenhafte Glücksphase hat mit begünstigt.

Wir haben uns aber zu fragen, ob wir nicht manchmal die Verantwortung für unser Schicksal von uns abwälzen wollen, wenn wir alles von seltsamen Zufällen abhängig sehen.

Max Frisch hat folgenden Satz in sein Tagebuch geschrieben:
"Wir erleben keine Zufälle,
die nicht zu uns gehören.
Am Ende ist es immer das Fälligste,
was uns zufällt."

Wenn das stimmt, dann haben wir das auf uns Zukommende als zu uns gehörig zu erkennen 

und zu bejahen, auch wenn es uns im ersten Moment erschreckt.
Natürlich komme ich mir manchmal vor,
als geriete ich vom Regen in die Traufe,
als würde ich von anonymen Mächten zermahlen.
Aber es hilft mir ein wenig, wenn ich nicht davonlaufe, sondern das, was auf mich zufällt, 

zuerst einmal zulasse.

Vielleicht ist das, was mir da "über den Weg läuft" wichtig.
Oft erweist sich das Bedrohliche als verheißungsvoll, wenn ich nicht angstvoll darauf reagiere, sondern es herankommen lasse.

"Gott redet zum Menschen in den Dingen und Wesen, die er ihm ins Leben schickt; 

der Mensch antwortet durch seine Handlung an eben diesen Dingen und Wesen."
Dieses Wort Martin Bubers begleitet mich mein halbes Leben.


Otto Betz

Dienstag, 7. November 2017



WENN GOTT LACHT

Der indische Mystiker Ramakrishna pflegte zu sagen: 
Gott lacht bei zwei Gelegenheiten. Er lacht, wenn er einen Arzt zu einer Mutter sagen hört: „Haben Sie keine Angst. Ich werde den Jungen gesund machen." 
Gott sagt sich dann: „Ich habe vor, dem Jungen das Leben zu nehmen, und dieser Mann denkt, er könne es retten!"
 
Er lacht auch, wenn er sieht, wie zwei Brüder ihr Land unter sich aufteilen, indem sie eine Grenzlinie ziehen und sagen: „Diese Seite gehört mir und die andere dir." 
 
Er sagt sich dann: „Das Universum gehört mir, und diese beiden behaupten, Teile davon gehörten ihnen!"
 
Als ein Mann erfuhr, sein Haus sei von der Flut weggerissen worden, lachte er und sagte:
„Unmöglich! Ich habe den Hausschlüssel hier in meiner Tasche."

Anthony de Mello

Montag, 6. November 2017



               "Prüfet alles und behaltet das Beste!"
               Wir aber gehen hin,               schnappen das Erstbeste               und wüten dan Rest des Lebens               über den Betrug,               der uns wiederfuhr.

               Peter Horton

Sonntag, 5. November 2017


An: Empfänger: Empfänger unbekannt
Betreff: Retour à l´expèditeur


Vielen Dank für die Wolken.
Vielen Dank für das Wohltemperierte Klavier
und, warum nicht, für die warmen Winterstiefel.
Vielen Dank für mein sonderbares Gehirn
und für allerhand andre verborgne Organe,
für die Luft und natürlich für den Bordeaux.
Herzlichen Dank dafür, dass mir das Feuerzeug nicht ausgeht,
und die Begierde und das Bedauern, das inständige Bedauern.
Vielen Dank für die vier Jahreszeiten,
für die Zahl e und für das Koffein
und natürlich für die Erdbeeren auf dem Teller,
gemalt von Chardin, sowie für den Schlaf,
für den Schlaf ganz besonders,
und, damit ich es nicht vergesse,
für den Anfang und das Ende und die paar Minuten dazwischen
inständigen Dank,
meinetwegen für die Wühlmäuse draußen im Garten auch.

Hans Magnus Enzensberger

Samstag, 4. November 2017


                       Das Leben kann nur rückwärts verstanden,

                       muss aber vorwärts gelebt werden.
                       SÖREN A. KIERKEGAARD

Freitag, 3. November 2017


         Spüre den Sinn deiner alltäglichen Arbeit auf 
         und sein Lichtstrahl durchglüht
                                                                 deinen Tag.


         J. Iljin


Donnerstag, 2. November 2017



                Gebet, ganz präsent zu sein (2)

                Guter Gott, wir glauben, daß Du uns nah bist.
                Deine Anwesenheit schenkt uns Hoffnung. 
                Wir danken Dir für jeden Tag unseres Lebens. 
                Wir danken Dir, daß Du uns immer neu die Möglichkeit schenkst 
                zu verstehen, zu vergeben, zu vertrauen und zu lieben. 
                Wir danken Dir, daß wir jetzt leben und
                daß unsere Probleme im Maß unserer Seele bleiben.
                Wir bitten Dich: lehre und führe uns,
                füge in unserm Geist die Gedanken zusammen, die Du uns denken,
                und in unserem Herzen die Gefühle, die Du uns empfinden lassen möchtest. 
                Baue uns wieder auf.
                Setze uns richtig zusammen;
                denn wir selbst wissen nicht, wie wir das anstellen sollen.
                Wir vertrauen darauf, daß Du dieses Gebet hörst
                und Dich mehr als wir selbst um die Antwort kümmerst. 
                Wir beten darum nicht allein,
                sondern mit dem ganzen Leib Christi in Jesu Namen.

Mittwoch, 1. November 2017



                              Gebet, ganz präsent zu sein (1)

                              Hilf uns, ganz im jetzt gegenwärtig zu sein.
                              Das ist das Einzige, was wir haben,
                              und immer darin sprichst Du, Gott, zu uns.
                              Dieses Jetzt nimmt alles auf, verwirft nichts
                              und kann daher auch Dich, Gott, aufnehmen.

                              Hilf uns, an dem Ort ganz präsent zu sein,
                              vor dem wir am meisten Angst habe,
                              weil er sich immer so leer und so langweilig und so ungenügend anfühlt.

                              Hilf uns, ein wenig Raum zu finden,
                              den wir nicht sofort wieder
                              mit unseren eigenen Einfallen und Vorstellungen ausfüllen. 

                              Hilf uns, jenen Raum zu finden,
                              in dem Du als der Gott der Liebe Dich uns Hungrigen und Leeren zeigen kannst.

                              Hilf uns, nicht uns selbst im Weg zu stehen,
                              damit Platz für Dich wird.