Montag, 20. November 2017

 

Wir wussten nicht, dass es ein Evangelium gibt.

Eine christliche Umwelt ist eine solche, der das Evangelium verkündet worden ist. 
Lange Zeit war keine neue Verkündigung nötig, sie erübrigte sich. Wer als Christ das Evangelium verkünden wollte, musste sich spezialisieren, aus dem Normalen heraus- und anderswohin ziehen: am Ort verkündete er es nicht, denn dazu war kein Anlass.

Trotzdem demissionierte er nicht, aber die Verkündigung blieb außerhalb des täglichen Gesichtsfelds; man ließ die übernatürliche Wirklichkeit, die der tragende Grund der Verkündigung ist, in der gleichen scheinbaren Unverwendbarkeit erstarren.

So entschwand diese Wirklichkeit auch ihrerseits dem Blick, weil man nichts mehr von ihr erwartete.

Eine atheistische Umwelt hingegen ist zu christianisieren. Je zeitgemäßer sie ist, desto umfassender muss die christliche Verkündigung sein und desto vordringlicher ist sie.

Und weil die Verkündigung umfassend sein muss, bringt sie die unverwendeten übernatürlichen Wahrheiten in unser praktisches Gesichtsfeld zurück: sie werden für uns aufs neue wirklich und unentbehrlich.

Zum ersten Mal geht diese Wirklichkeit uns an, ist wie ein Anruf an uns, neu zu glauben, besser zu glauben. Unsere christliche Berufung, unsere eigene Treue zu Gott werden uns in Erinnerung gebracht.

Und diesmal fällt beim neuergangenen Ruf die christliche Verkündigung nicht mehr außer Betracht. Sie ist nichts Beliebiges mehr: Verkündigung wird eine Art organische Notwendigkeit, eine erstrangige Standespflicht.

Madeleine Delbrel

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen