Dienstag, 23. Januar 2018

Wenn die hinterste Ecke des Erdballs

technisch erobert und

wirtschaftlich ausbeutbar geworden ist,

wenn jedes beliebige Vorkommnis

an jedem beliebigen Ort

zu jeder Zeit

beliebig schnell zugänglich,

wenn Zeit

nur noch

Schnelligkeit,

Augenblicklichkeit

und

Gleichzeitigkeit

ist



dann,

 ja dann



greift immer noch

wie ein Gespenst

über all diesen Spuk hinweg

die Frage:



Wozu?

Wohin?

Und

was dann?
 
Lasst uns die Augen schließen und

tief in unser Innerstes schauen.



Wie in der tiefsten Finsternis des Waldes,

öffnen sich, nach einiger Zeit, die Pupillen und

funkelnde Sterne weisen uns den Weg.
                                      Wenn die Stille zu sprechen beginnt, wird das Herz weit.

Martin Heidegger, 1931

Montag, 22. Januar 2018


Einsamkeit ist nicht Abwesenheit von Menschen (02c)


Lassen wir unsere Kindereien.

Das Holz, das im Feuer brennt, kümmert sich nicht um die Landschaft.
Wir leben in einer verschwenderisch heißen Glut.
Sengt sie uns nicht,
dann,
weil unsere Füße daneben sind,
denn an Holz fehlt es nicht.

Was macht es aus, welchen Ort wir in der Welt haben,
ob er voller Menschen ist oder öde;
wo immer wir sind, sind wir "Gott mit uns",
wo immer wir sind, sind wir "Enmanuel".

 


 Madeleine Delbrél

Sonntag, 21. Januar 2018



Einsamkeit ist nicht Abwesenheit von Menschen (02b)

Wissen,
einmal im Leben nur,
daß einzig du bist!

Einmal nur begegnet sein
und dies vielleicht in einer wirklichen Wüste -
dem Dornbusch, der brannte und doch nicht verbrannte;

im Dornbusch dem, der in uns und für immer begründet hat
die Einsamkeit.

Moses, der einmal begegnete dem unaussprechlichen Dornbusch,
konnte zurück zu den Menschen,
denn er trug in sich eine unzerstörbare Wüste.
So auch wir:
Werfen wir der Welt nicht vor
und auch nicht dem Leben,
daß sie uns das Antlitz Gottes verhüllen,

Finden wir es,
dies Antlitz,
so wird es selbst
alles einhüllen, alles aufnehmen in sich. 





Madeleine Delbrél

Samstag, 20. Januar 2018





Einsamkeit ist nicht Abwesenheit von Menschen (02a)



Die Einsamkeit, o Gott,
besteht nicht darin, dass wir allein sind,
sondern darin, dass du da bist,
denn vor dir versinkt alles im Tod
oder alles wird du.

Was nützte es uns, bis ans Ende der Welt zu gehen, um eine Wüste zu finden?

Warum hinter Mauern gehen,
die uns trennten von der Welt?
Denn du wirst dort nicht gegenwärtiger sein
als im Lärm der Maschinen
oder als in der Menge aus hundert Gesichtern.

Sind wir so kindlich zu meinen, all diese Menschen seien
groß genug,
wichtig genug,
lebendig genug,
um uns die Sicht zu versperren, wenn wir Ausschau halten nach dir?

Allein sein heißt
nicht,
die Menschen hinter sich gelassen
oder sie verlassen zu haben;
allein sein heißt
wissen,
dass du groß bist, o Gott,
dass du allein groß bist
und dass kein nennenswerter Unterschied besteht
zwischen der Unendlichkeit der Sandkörner
und der unendlichen Zahl menschlichen Lebens.




Madeleine Delbrél

Freitag, 19. Januar 2018


DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (2)

Wenn Sie das Leben und die einfachen Sinnesfreuden wirklich genießen würden - 

Sie wären überrascht.
 

Sie würden die außergewöhnliche Disziplin eines Tieres entwickeln.
Ein Tier isst niemals zuviel, 

in seiner natürlichen Umgebung wird es nie zu dick.
Es wird niemals etwas essen oder trinken, das seiner Gesundheit schaden könnte: 

Sie würden nie ein Tier Zigaretten rauchen sehen. 

Es bewegt sich soviel, wie es braucht - 
beobachten Sie einmal Ihre Katze nach ihrer Mahlzeit, 
sehen Sie, wie sie sich ausruht 
und wie sie mit einem Sprung wieder in Aktion ist, 
sehen Sie, wie geschmeidig ihre Glieder und wie lebendig ihr Körper ist.
 

Das haben wir verloren. 
Wir sind nur noch kopfgesteuert, 
haben uns in unseren Ideen und Idealen verloren, 
und ständig heißt es: weiter, weiter.
 

Auch stehen wir in einem inneren Konflikt, den Tiere nicht haben. 

Wir machen uns selbst immer wieder Vorwürfe 
und plagen uns mit Schuldgefühlen. 

Sie werden wissen, wovon ich spreche.

Anthony de Mello

Donnerstag, 18. Januar 2018



DIE EINFACHEN DINGE DES LEBENS (1)

Leider haben sich die Menschen irgendwie verrannt, sie werden immer abhängiger, 

da sie die schönen Dinge des Lebens nicht zu genießen verstehen.

In den siebziger Jahren appellierte Präsident Carter an die Amerikaner, 

den Gürtel enger zu schnallen. 

Dabei dachte ich mir: Er sollte nicht an sie appellieren, mehr zu sparen, 
sondern sie daran erinnern, das, was sie haben, mehr zu genießen. 

Ich glaube, die meisten Menschen in reichen Ländern haben das verlernt. 
Sie brauchen immer teurere technische Spielereien, 
sie können sich nicht an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. 

Wohin man geht, ob im Supermarkt oder in Wartesälen, 
ertönt die schönste Musik, aber ich habe noch keinen getroffen, 
der ihr je gelauscht hätte - keine Zeit, keine Zeit. 
Sie sind schuldig, sie haben keine Zeit, das Leben zu genießen. 
Sie sind überlastet: weiter, weiter.

Anthony de Mello

Mittwoch, 17. Januar 2018

 
Es gibt keine Einsamkeit ohne Schweigen. 

Manchmal heißt schweigen, den Mund halten, immer aber heißt es lauschen.
Ein bloßes Aussetzen des Lärms wäre noch kein Schweigen, wenn wir dabei nicht voll Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes ausgerichtet wären.

Ein Tag  voller Geräusche  und Stimmen kann ein Tag des Schweigens sein,
wenn der Lärm uns zum Widerhall der Gegenwart Gottes wird.
Wenn wir über uns selbst und aus uns selbst reden, fallen wir aus dem Schweigen heraus.
Wenn wir dagegen mit unseren Lippen die inneren Anregungen des Wortes Gottes auf dem Grund unseres Herzens wiederholen, brechen wir das Schweigen nicht.

Schweigen verträgt sich nicht mit einem Schwall von Worten.

Wir können ganz gut reden und auch ganz gut still sein: Aber wir sind nicht geübt darin, uns auf die notwendigen Worte zu beschränken. Dauernd schwanken wir zwischen einem Stummsein, das der Liebe schadet, und einem Ausbruch von Worten, der die Wahrheit übertönt.

Schweigen ist Liebe und Wahrheit.

Es antwortet dem, der es nach etwas fragt, aber es gibt nur Worte von sich, die Leben bedeuten. Das Schweigen führt uns wie alle großen Lebensregeln zur Selbsthingabe und nicht zu verstecktem Geiz. Es hält uns gesammelt für diese Hingabe. Man kann sich ja nicht verschenken, wenn man sich vorher verzettelt hat. Die leeren Worte, in die wir unsere Gedanken kleiden, sind eine dauernde Vergeudung unserer selbst.

Madeleine Delbrél

Dienstag, 16. Januar 2018




                           Es gibt etwas, das sogar Gott nicht kann", sagte der Meister 
                                    zu einem Schüler, der fürchtete, jemanden zu kränken.                                     „Was?"                                     „Er kann nicht jeden zufriedenstellen", sagte der Meister.

                                    Anthony de Mello

Montag, 15. Januar 2018



Der Indianer Joseph Bruchac sagt einmal:

»Unsere Urgroßeltern sprachen niemals über das Beten, 

aber jeder Tag ihres Lebens war ein Gebet. 
Sie wussten, dass alles auf der Welt ein Geschenk des Schöpfers war, auch jeder Schluck Wasser, den sie tranken, 
und die Luft, die sie atmeten.
Diese Geschenke waren von solchem Wert, 

dass niemand sie zurückerstatten konnte.

Sonntag, 14. Januar 2018


Das Schweigen fehlt uns nicht, denn wir haben es

Wenn es uns eines Tages  fehlt, so deshalb, weil wir es nicht zu halten wußten.

Alle Geräusche, die uns umgehen, machen viel weniger Lärm als wir selber.
Der eigentliche Lärm ist der Widerhall der Dinge in uns.
Wer spricht, unterbricht damit nicht unbedingt das Schweigen.
Das Schweigen ist der Platz des Wortes Gottes,
und wenn wir sprechen, wiederholen wir bloß dieses Wort -
wir hören dabei nicht auf zu schweigen.

Die Klöster erscheinen als Orte des Lobpreises und als Orte eines Schweigens, das für den Lobpreis unentbehrlich ist.

Wir, die wir auf der Straße leben, zwischen die Menschen gepresst, bereiten unsere Seelen zu ebensolchen Höhlen des Schweigens, in denen das Wort Gottes ruhen und widerhallen kann.

In manchen Menschenmengen, wo Hass, Begierde, Alkohol die Sünde verrät, erkennen wir das Schweigen der Wüste; und unser Herz sammelt sich mit großer Leichtigkeit, damit Gott seinen Namen darin ertönen lassen kann: „Vox  clamantis in deserto“

Madeleine Delbrél

Samstag, 13. Januar 2018



Wir reden
Wir reden dauernd
aneinander vorbei

Wir reden
Wir reden uns
immer weiter auseinander
Vielleicht
schweigen wir uns
wieder zusammen
Lothar Zenetti

Freitag, 12. Januar 2018





                       Wer im Zustand einer Emotion
                       entscheiden zu kännen glaubt,

irrt.
                       Er wird entschieden.

                          Peter Horton

Donnerstag, 11. Januar 2018





Es gibt keine Einsamkeit ohne Schweigen.
Manchmal heißt schweigen, den Mund halten, immer aber heißt es lauschen.
Ein bloßes Aussetzen des Lärms wäre noch kein Schweigen, wenn wir dabei nicht voll Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes ausgerichtet wären.

Ein Tag  voller Geräusche  und Stimmen kann ein Tag des Schweigens sein,
wenn der Lärm uns zum Widerhall der Gegenwart Gottes wird.
Wenn wir über uns selbst und aus uns selbst reden, fallen wir aus dem Schweigen heraus.
Wenn wir dagegen mit unseren Lippen die inneren Anregungen des Wortes Gottes auf dem Grund unseres Herzens wiederholen, brechen wir das Schweigen nicht.

Schweigen verträgt sich nicht mit einem Schwall von Worten.

Wir können ganz gut reden und auch ganz gut still sein: Aber wir sind nicht geübt darin, uns auf die notwendigen Worte zu beschränken. Dauernd schwanken wir zwischen einem Stummsein, das der Liebe schadet, und einem Ausbruch von Worten, der die Wahrheit übertönt.

Schweigen ist Liebe und Wahrheit.

Es antwortet dem, der es nach etwas fragt, aber es gibt nur Worte von sich, die Leben bedeuten. Das Schweigen führt uns wie alle großen Lebensregeln zur Selbsthingabe und nicht zu verstecktem Geiz. Es hält uns gesammelt für diese Hingabe. Man kann sich ja nicht verschenken, wenn man sich vorher verzettelt hat. Die leeren Worte, in die wir unsere Gedanken kleiden, sind eine dauernde Vergeudung unserer selbst.



Madeleine Delbrél


Mittwoch, 10. Januar 2018

 

Warum sollte der Lerchengesang im Kornfeld,
das nächtliche Knistern der Insekten,
das Summen der Bienen im Thymian unser Schweigen nähren können -
und nicht auch
die Schritte der Menschenmenge auf den Straßen,
die Stimmen der Marktfrauen,
die Rufe der Männer bei der Arbeit,
das Lachen der Kinder im Park,
die Lieder, die aus der Bar dringen?


All das ist Geräusch von Geschöpfen, die auf ihre Bestimmung zugeben,
alles ist ein Widerhall des Hauses Gottes,
mag es geordnet oder ungeordnet sein,
alles ist ein Signal des Lebens, das unserem Leben begegnet.

Das Schweigen ist keine Flucht,
sondern Sammlung unserer selbst im Hohlraum Gottes.
Das Schweigen ist keine Blindschleiche,
die beim leisesten Geräusch davon flieht,
sondern ein Adler mit kraftvollen Schwingen,
der über das Getöse der Erde, der Menschen und des Windes hinausfliegt.
Madeleine Delbrél

Dienstag, 9. Januar 2018



Ich sehe den Bäumen die Stürme an,
die aus laugewordenen Tagen an meine ängstlichen Fenster schlagen,
und höre die Fernen Dinge sagen, die ich nicht ohne Freund ertragen,
nicht ohne Schwester lieben kann.
Da geht der Sturm, ein Umgestalten geht durch den Wald und durch die Zeit,
und alles ist wie ohne Alter:
die Landschaft, wie ein Vers im Psalter, ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.
Wie ist das klein, womit wir ringen, was mit uns ringt, wie ist das groß;
ließen wir, ähnlicher den Dingen, uns so vom großen Sturm bezwingen -
wir würden weit und namenlos.
Was wir besiegen, ist das Kleine, und der Erfolg selbst macht uns klein.

Das Ewige und Ungemeine will nicht von uns gebogen sein.
Das ist der Engel, der den Ringern des Alten Testaments erschien:
wenn seiner Widersacher Sehnen im Kampfe sich metallen dehnen,
fühlt er sie unter seinen Fingern wie Saiten tiefer Melodien.

Wen dieser Engel überwand,
welcher so oft auf Kampf verzichtet, der geht gerecht und aufgerichtet
und groß aus jener harten Hand, die sich wie formend an ihn schmiegte.
Die Siege laden ihn nicht ein. 
 Sein Wachstum ist:
der Tiefbesiegte von immer Größerem zu sein.
Rainer Maria Rilke

Montag, 8. Januar 2018



MENSCHLICHER FORTSCHRITT

Der Meister begrüßte die technologischen Fortschritte, war sich aber durchaus ihrer Grenzen bewusst.

Als ihn ein Industrieller fragte, was er arbeite, antwortete er: „Ich bin in der Menschen-Industrie tätig."
„Und was bitte ist das?" fragte der Industrielle.
„Nehmt Euch selbst", sagte der Meister. „Ihr bemüht Euch um die Herstellung besserer Dinge, ich bemühe mich, bessere Menschen hervorzubringen."

Zu seinen Schülern sagte er später: „Ziel des Lebens ist es, Menschen zum Erblühen zu bringen. Heute scheint man mehr damit beschäftigt, Sachen zu perfektionieren."


Anthony de Mello

Sonntag, 7. Januar 2018


 



 Einsamkeit ist nicht Abwesenheit von Menschen  (03)

Ich bin sicher, 

dass die wahre Liebe zu Gott
uns in einem ganz wesentlichen Bereich unserer selbst
menschlich einsam werden lässt.
Und ich glaube auch,
dass Gott diese Einsamkeit braucht,
um in die Welt zu gelangen und sie umzugestalten.

Ohne diese Einsamkeit bleibt
unsere Hingabe an Gott immer unentschlossen und
unsere Hingabe an die anderen irgendwie nur dürftig.



Madeleine Delbrél

Samstag, 6. Januar 2018

 

Einsamkeit ist nicht Abwesenheit von Menschen  (01) 

Uns Leuten von der Straße
scheint die Einsamkeit nicht die Abwesenheit der Welt zu sein, sondern die Anwesenheit Gottes.

Dass wir ihm überall begegnen, macht unsere Einsamkeit aus.
Wahrhaft einsam zu sein heißt für uns, an Gottes Einsamkeit teilzuhaben.

Er ist so groß, dass er nichts und niemandem sonst Raum lässt, es sei denn in ihm.
Die ganze Welt erscheint uns wie ein Aug-in-Auge mit ihm, dem wir uns nicht entziehen können.

Begegnung mit seiner lebendigen Kausalität im Gedröhn der Straßenkreuzungen.
Begegnung mit seinen Fußspuren auf unserer Erde.
Begegnung mit seiner Vorsehung in den Naturgesetzen.
Begegnung mit Jesus Christus in all den »Kleinen, die ihm gehören«: denen, die physisch leiden, die sich langweilen, die sich ängstigen, denen etwas fehlt.
Begegnung mit Christus, der abgewiesen wird durch die Sünde mit ihren tausend Gesichtern.

Woher nähmen wir den Mut, sie zu verlachen oder zu hassen - diese vielfachen Sünder, mit denen wir täglich umgehen?

Einsamkeit Gottes in der Liebe zu den Brüdern und Schwestern:
Christus, der Christus bedient;
Christus im Dienenden und
Christus in dem, der bedient wird.

Wie sollte Apostolat für uns Zerstreuung oder Lärm sein? 



Madeleine Delbrél

Freitag, 5. Januar 2018


Der Ball des Gehorsams (4)

‚Wir haben auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt’


Herr, lehre uns den Platz,
Den in dem endlosen Roman,
Der zwischen dir und uns begonnen hat,
und uns einnimmt, dieser seltsame Ball des Gehorsams.

Offenbare uns das grosse Orchester Deiner Heilspläne,
Worin das, was du zulässt,
einfach befremdliche Töne von sich gibt
Inmitten der Heiterkeit dessen, was dein Wille ist.

Gib, dass wir unser Dasein leben
Nicht wie ein Schachspiel, bei dem alles berechnet ist,
Nicht wie einen Match, bei dem alles schwierig ist,
Nicht wie ein Zahlenproblem,
bei dem man sich den Kopf zerbricht,
sondern wie ein endloses Fest,
bei dem man dir immer wieder begegnet.
Wie einen Ball, wie einen Tanz
In den Armen deiner Gnade,
zu der Musik allumfassender Liebe.

Herr, komm und lade uns ein.
  


Madeleine Debrél

Donnerstag, 4. Januar 2018


Der Ball des Gehorsams (3)

‚Wir haben auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt’


Wir aber, wir vergessen so oft die Musik deines Geistes,
Wir haben aus unserem Leben eine Turnübung gemacht;
Wir vergessen, dass es in deinen Armen getanzt sein will;
Dass Dein Heiliger Wille von unerschöpflicher Phantasie ist.
Und dass es monoton und langweilig
Nur für grämliche Seelen zugeht,
Die als Mauerblümchensitzen am Rand
Des fröhlichen Balls deiner Liebe.

Herr, komm und lade uns ein.
Wir sind bereit, dir diese Besorgung vorzutanzen,
Dieses Haushaltungsbuch, dieses Essen,
das bereitet werden muss, diese Nachtwache,
Bei der wir schläfrig sein werden.
Wir sind bereit, dir diesen Tanz der Arbeit zu tanzen,
Den der Hitze und dann wieder den der Kälte.
Wenn gewisse Melodien in Moll stehen,
werden wir nicht behaupten, Sie seinen traurig;
Wenn andere uns etwas ausser Atem bringen,
sagen wir nicht,
Sie stiessen uns die Lunge aus dem Leib.
Und wenn die Leute uns anrempeln,
Nehmen wir es lachend hin,
Weil wir wissen, dass sowas beim Tanz immer vorkommt.

Madeleine Debrél

Mittwoch, 3. Januar 2018



Der Ball des Gehorsams (2)

‚Wir haben auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt’

Denn ich glaube, du hast von den Leuten genug,
die ständig davon reden, dir zu dienen
mit der Miene von Feldwebeln,
Dich zu kennen mit dem Gehabe von Professoren,
Zu dir zu gelangen nach den Regeln des Sports
Und dich zu lieben,
wie man sich nach langen Ehejahren liebt.

Eines Tages,
als du ein wenig Lust auf etwas Anderes hattest,
hast du den heiligen Franz erfunden
und aus ihm Deinen Gaukler gemacht.
An uns ist’s, uns von dir erfinden zu lassen,
um fröhliche Leute zu sein,
die ihr Leben mit dir tanzen.

Um gut tanzen zu können, mit dir oder auch sonst
Braucht man nicht zu wissen, wohin der Tanz führt.
Man muss ihm nur folgen,
darauf gestimmt sein, schwerelos sein,
Und vor allem: Man darf sich nicht versteifen.

Man soll dir keine Erklärungen abverlangen
Über die Schritte, die du zu tun beliebst,
Sondern ganz mit dir eins sein – und lebendig pulsierend
Einschwingen auf den Takt des Orchesters
den du auf uns überträgst.
Man darf nicht um jeden Preis vorwärtskommen wollen,
manchmal muss man sich drehen oder seitwärts gehen.
Und man muss auch innehalten können
oder gleiten, anstatt zu marschieren.
Und all das wären ganz sinnlose Schritte,
Wenn die Musik nicht eine Harmonie daraus machte.
  

Madeleine Debrél

Dienstag, 2. Januar 2018



Der Ball des Gehorsams (1)

‚Wir haben auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt’

Heute ist 14. Juli.
Jedermann geht zum Tanz.
Allerorten, seit Monaten, Jahren, tanzt die Welt.
Je mehr man drin stirbt, umso mehr tanzt man.
Wogen des Krieges, wogender Ballsaal.

Das Ganze macht wirklich viel Lärm.
Die ernsthaften Leute haben sich schlafen gelegt.
Die Mönche singen die Matutin
Vom heiligen König Heinrich.
Ich aber denke an den anderen König,
den König David, der vor der Bundeslade tanzte.

Denn wenn es auch viele heiligmässige Leute gibt,
die nicht gern getanzt haben,
So gibt es doch auch Heilige,
denen der Tanz ein Bedürfnis war,
So glücklich waren sie zu leben:
Die heilige Teresa mit ihren Kastagnetten,
Johannes vom Kreuz mit dem Jesuskind auf dem Arm,
Und Franziskus vor dem Papst.
Wenn wir wirklich Freude an dir hätten, o Herr,
Könnten wir dem Bedürfnis, zu tanzen, nicht widerstehen
Das sich über die Welt hin ausbreitet.
Und wir könnten sogar erraten,
Welchen Tanz du getanzt haben willst,
indem wir uns den Schritten deiner Vorsehung überliessen.


Madeleine Debrél

Montag, 1. Januar 2018



DIE GUTE NACHRICHT (Am Besten TÄGLICH lesen)

Ich stelle mir vor, ich hätte nur noch ein paar Tage zu le­ben. ..
Ich darf mir einen oder zwei Menschen wählen, mit denen ich diese letzten Tage verbringe.
Ich treffe die schwie­rige Wahl... dann spreche ich mit diesem Menschen und erkläre ihm, warum ich ihn gewählt habe. . .
Zum letzten Male habe ich Gelegenheit, auf Menschen zuzugehen, die mir unsympathisch oder gleichgültig waren. Wenn ich das fertig bringe: was sage ich einem jeden jetzt, da ich fühle, dass ich an der Schwelle der Ewigkeit stehe?  ..,

Eines Tages bin ich allein in meinem Zimmer und denke an all das in meinem Leben, wofür ich besonders dankbar bin . . . und worauf ich stolz bin. . . Dann wende ich mich den Dingen zu, die ich bereue und am liebsten ungeschehen machte. .. besonders meine Sünden. . .

Während ich mich damit befasse, kommt Jesus herein.
Seine Nähe bringt mir selige Freude und Frieden... Ich er­zähle ihm einiges aus meinem Leben, was mir Leid tut. . .
Er unterbricht mich mit den Worten: "All das ist vergeben und vergessen. Weißt du nicht, dass die Liebe das Böse nicht nachträgt?" (1 Kor 13,5).
Dann fährt er fort: "Deine Sünden sind tatsächlich nicht nur vergeben, sie sind sogar in Gnade verwandelt worden. Hast du denn nie gehört, dass da, wo die Sünde groß, die Gnade übergroß ist?" (Röm 5,21).
Das klingt für mein armes, furchtsames Herz zu wunder­bar, um wahr zu sein. Da höre ich ihn sagen: "Ich bin so zufrieden mit dir, ich bin dir so dankbar. . ." Ich fange an zu protestieren, dass in meinem Leben nichts ist, was ihn so zufrieden und dankbar machen könnte. Er sagt: "Du wärest sicher einem Menschen, der für dich nur ein wenig von dem getan hätte, was du für mich getan hast, unaussprechlich dankbar. Meinst du, ich hätte weniger Herz als du?"

So lehne ich mich zurück und lasse mich von seinen Wor­ten treffen...
und mein Herz jubelt vor Freude, dass ich einen solchen Gott habe!

Anthony de Mello