Montag, 9. Juli 2012






JULI

Ein aufmerksames Herz - auch für sich selbst



  Schloß Schönbühl/Donau                                                                   © Bernd H Brang

                                      
Stift Göttweig / Österreich                                                                     © Bernd H Brang


Naumburg – Dom St Peter und Paul                                                     © Bernd H Brang






Ein aufmerksames Herz - auch für sich selbst



Wo soll ich anfangen?
Am besten bei deinen zahlreichen Beschäftigungen, denn ihretwegen habe ich am meisten Mitleid mit dir. Ich fürchte, daß du, eingekeilt in deine zahlreichen Beschäftigungen, keinen Ausweg mehr siehst und deshalb deine Stirn verhärtest; daß du dich nach und nach des Gespürs für einen durchaus richtigen und heilsamen Schmerz entledigst.

Es ist viel klüger, du entziehst dich von Zeit zu Zeit deinen Beschäftigungen, als daß sie dich ziehen und dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem du nicht landen willst.
Du fragst, an welchen Punkt? An den Punkt, wo das Herz hart wird.
Wenn du ganz und gar für alle da sein willst, nach dem Beispiel dessen, der allen alles geworden ist (1 Kor 9,22), lobe ich deine Menschlichkeit - aber nur, wenn sie voll und echt ist.

Wie kannst du aber voll und echt Mensch sein, wenn du dich selbst verloren hast?
Auch du bist ein Mensch. Damit deine Menschlichkeit allumfassend und vollkommen sein kann, mußt du also nicht nur für alle anderen, sondern auch für dich selbst ein aufmerksames Herz haben.

Denn was würde es dir sonst nützen, wenn du - nach dem Wort des Herrn (Mt 16,26) - alle gewinnen, aber als einzigen dich selbst verlieren würdest? Wenn also alle Menschen ein Recht auf dich haben, dann sei auch du selbst ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat.

Warum solltest einzig du selbst nichts von dir haben?
Wie lange bist du noch ein Geist, der auszieht und nie wieder heimkehrt
(Ps 78,39)?
Wie lange noch schenkst du allen anderen deine Aufmerksamkeit, nur nicht dir selber?
Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein?
Denk also daran: Gönne dich dir selbst.

Ich sage nicht: tu das immer, ich sage nicht: tu das oft, aber ich sage: tu es immer wieder einmal.
Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen


Bernhard v. Clairvaux an seinen früheren Mönch Papst Eugen III








Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen