Donnerstag, 31. Mai 2012


Ein Wanderer: „Wie wird das Wetter heute?" 

Der Schäfer: „So, wie ich es gerne habe."

„Woher wisst Ihr, dass das Wetter so sein wird, wie Ihr es liebt?"

„Ich habe die Erfahrung gemacht, mein Freund, dass ich nicht immer das bekommen kann, was ich gerne möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. Deshalb bin ich ganz sicher: Das Wetter wird heute so sein, wie ich es mag."


Was immer geschieht, an uns liegt es, Glück oder Unglück darin zu sehen.

Anthony de Mello - Jahrbuch

Mittwoch, 30. Mai 2012


Wenn Morgenfrische der Mittagsmüdigkeit weicht, 
wenn die Beinmuskeln vor Anspannung beben, 
wenn der Weg unendlich scheint und 
plötzlich nichts mehr gehen will, wie du wünschest - 


gerade dann darfst du 
nicht   
zaudern.

Dag Hammarskjöld


Dienstag, 29. Mai 2012


Jemand sagte einmal: „Gott sei Dank gibt es die Wirklichkeit - und die Möglichkeiten ihr zu entkommen." Genau das ist es, was eigentlich geschieht...
Wie schön ist es doch, eingesperrt zu sein! Oder wie mir unlängst jemand sagte, in seinem Käfig zu sitzen. Sind Sie gern eingesperrt? Werden Sie gerne kontrolliert? Darf ich Ihnen etwas sagen? Wenn Sie sich selbst erlauben, sich gut zu fühlen, sobald man Ihnen sagt, dass Sie okay sind, schaffen Sie die Voraussetzung dafür, sich schlecht zu fühlen, sobald man Ihnen sagt, dass Sie nicht okay sind. 
Solange Sie dafür leben, die Erwartungen anderer zu erfüllen, achten Sie darauf, was Sie anziehen, wie Sie sich frisieren, ob Ihre Schuhe geputzt sind - kurz, ob Sie jeder lächerlichen Erwartung entsprechen wollen.
 Nennen Sie das menschlich?
Und das werden Sie entdecken, wenn Sie sich beobachten! 
Sie werden entsetzt sein! 
Der springende Punkt ist, dass Sie weder okay noch nicht okay sind. Sie können höchstens der momentanen Stimmung, dem Trend oder der Mode entsprechen. 
Heißt das nun, dass Sie okay geworden sind? 
Hängt Ihr Okay-Sein davon ab? 
Hängt es davon ab, wie man über Sie denkt? 
Jesus Christus muss demnach überhaupt nicht okay gewesen sein.
 Sie sind nicht okay', und Sie sind nicht ,nicht okay', Sie sind Sie selbst!

Ich hoffe, dass dies eine wichtige Entdeckung für Sie wird.

Vergessen Sie das ganze Gerede von okay und nicht okay.
Vergessen Sie alle Urteile, und beobachten Sie einfach, schauen Sie zu. 

Sie werden wichtige Entdeckungen machen, die Sie verändern werden.

Anthony de Mello

Montag, 28. Mai 2012

Wenn es Liebe ist, wonach du wirklich verlangst, dann brich sogleich auf und fang an zu sehen.
Nimm diese Aufgabe ernst. 
Betrachte einen Menschen, den du nicht magst, und sieh wirklich deine Vorurteile. 
Betrachte einen Menschen, an dem du hängst, und sieht das Leid, die Sinnlosigkeit, die Unfreiheit, die das Sichanklammem mit sich bringt. 
Betrachte lange und liebevoll die Gesichter und das Auftreten der Menschen. 
Nimm dir die Zeit, voll Verwunderung die Natur zu sehen, den Flug eines Vogels, eine blühende Blume, ein gelb werdendes Blatt, einen rauschenden Fluss, den aufgehenden Mond, die Silhouette eines Berges vor dem hellen Nachthimmel. 

Wenn du das tust, wird sich die harte, schützende Schale, die dein Herz umgibt, öffnen, weicher werden und sich auflösen, und dein Herz wird voll Zartgefühl und Aufgeschlossenheit sein. 
Die Dunkelheit in deinen Augen wird verfliegen, und deine Sicht wird klar und weit. Endlich wirst du wissen, was Liebe ist.

Anthony de Mello - Gib Deiner Seele Zeit

Sonntag, 27. Mai 2012


JUNI

Sein Weg führte den Pilger durch eine hügelige, dicht bewaldete Gegend,
Bei den vereinzelten Ausblicken, die ihm der Wald gewährte, sah er eine Burg, auf die er zu ging. Immer größer und mächtiger, bedrohlicher zeigte sie sich ihm – hoch und stolz auf dem Berg.

Ihr Ursprung ging lange zurück – in grauer Vorzeit hatten sich Menschen in unsicheren Zeiten auf diesen Berg zurückgezogen, hatten ihn befestigt, so dass sie Schutz vor Überfällen und in Kriegszeiten für sich und ihr Hab und Gut fanden.

Dann irgendwann hatten sich Herren dieses Berges bemächtigt und eine Burg bauen lassen von den Untertanen, die dann oft keinen Schutz sondern Unterdrückung und Frondienste ertragen mussten.

Schutz dort oben                                       Sinn um kehr                        Unterdrückung von oben

Als er durch das Burgtor in den innersten Hof kam sah er die weißen Tauben, die auf dem Zaun um eine Kanone saßen.

Waffe des Krieges                                    Sinn um kehr                              Symbol des Friedens

Um Schwerter in Pflugscharen, Kanonen in Glocken um zu schmieden
muss ich erst erkennen, was bei mir oben ist ging es ihm durch den Sinn:
denn
je nachdem was bei uns oben ist
was für uns oben ist
das kommt auch auf uns herab
für jeden ist etwas anderes oben

für uns Christen* müßte jesus oben sein
                                                        oberstes prinzip müßte jesus sein

und wenn das wäre
dann käme der geist jesu                                                                  auch wie feuer auf uns herab

wie regen                              wie freude                     wie Wahrheit                      wie ein wunder

wenn jesus oben wäre für uns
sprächen wir eine andere sprache
dann brauchten wir keine verbuchte religion zu sein
die glaubt dadurch alles in Ordnung und in  der wahrheit zu halten und im gesetz
daß sie alles festlegt


der heilige geist ist kein papagei der nur nachplappert
was einstudiert ist
nachplappert durch den mund von papstes durch den mund von bischöfen pastören
und die anderen
haben ja nicht einstudiert also haben die auch nichts zu sagen
und wehe
wenn einer das nicht einstudierte spricht
er überlegt, was bei ihm „oben“ ist
und was dann auf ihn herabkommen wird
der heilige geist
ist ein wind ein sturm
im hebräischen und im griechischen
gibt es für wind und für geist nur ein wort
der wind aber
ist der einzig freie im land

wenn man den versucht
zu lenken zu dirigieren festzulegen
dann ist es sofort aus mit ihm
der wind und der wahre geist
sind die einzig freien im land

sehen wir also zu
was über uns ist was für uns oben ist wer für uns oben ist
denn was oben ist
kommt auch als geist
auf uns herab

Tauben und Kanone auf der Wartburg                                                                                                                                    © Bernd H Brang
dem nachspüren, was bei mir oben ist
Text aus wilhelm willms der geerdete himmel
* je nach Bekenntnis / Glaubensrichtung anpassbar


JUNI

Sein Weg ging lange Zeit durch ein hügeliges Waldgebiet – nun werden die Wege steiler, anstrengender. Gedankenverloren folgt er dem Weg durch den Wald einen kleine Hügel hinauf.

Plötzlich eine großartige Aussicht
auf einen gewaltigen Berggipfel          –             umspielt von leichten Wolken
in den Mythen und Religionen ist dort die Wohnung Gottes oder der Götter zu finden

Berggipfel – Wolken
Symbole der Wohnung, der Anwesenheit des Unfassbaren,
das über allem ist                  das alles übersteigt         und doch in allem webt

Der Pilger erinnert sich an ein Gebet, das er vor vielen Jahren gelesen hatte:

je nachdem was bei uns oben ist
was für uns oben ist
das kommt auch auf uns herab
für jeden ist etwas anderes oben

für uns Christen* müßte jesus* oben sein
oberstes prinzip müßte jesus sein

und wenn das wäre
dann käme der geist jesu                                                                  auch wie feuer auf uns herab

wie regen                              wie freude                     wie Wahrheit                      wie ein wunder

wenn jesus oben wäre für uns
sprächen wir eine andere sprache
dann brauchten wir keine verbuchte religion zu sein
die glaubt dadurch alles in Ordnung und in  der wahrheit zu halten und im gesetz
daß sie alles festlegt

der heilige geist ist kein papagei der nur nachplappert
was einstudiert ist
nachplappert durch den mund von papstes durch den mund von bischöfen pastören
und die anderen
haben ja nicht einstudiert also haben die auch nichts zu sagen
und wehe
wenn einer das nicht einstudierte spricht
er überlegt, was bei ihm „oben“ ist
und was dann auf ihn herabkommen wird

der heilige geist

ist ein wind ein sturm
im hebräischen und im griechischen
gibt es für wind und für geist nur ein wort
der wind aber
ist der einzig freie im land

wenn man den versucht
zu lenken zu dirigieren festzulegen
dann ist es sofort aus mit ihm
der wind und der wahre geist
sind die einzig freien im land

sehen wir also zu
was über uns ist was für uns oben ist wer für uns oben ist
denn was oben ist
kommt auch als geist
auf uns herab

                                                                                                                                                                                         © Bernd H Brang

dem nachspüren, was bei mir oben ist
Text aus wilhelm willms der geerdete himmel
* je nach Bekenntnis / Glaubensrichtung anpassbar




Samstag, 26. Mai 2012

je nachdem was bei uns oben ist
was für uns oben ist
das kommt auch auf uns herab
für jeden ist etwas anderes oben

wenn der mammon oberstes prinzip ist
dann kann auch nur der geist
des mammon auf uns herabkommen

sie können weiter versuchen
sich vorzustellen
wenn was oben ist
was dann herunterkommt

für uns Christen
müßte jesus oben sein
oberstes prinzip müßte jesus sein
und wenn das wäre
dann käme der geist jesu
auch wie feuer auf uns herab
wie regen
wie freude
wie Wahrheit
wie ein wunder

wenn jesus oben wäre
für uns
sprächen wir eine andere sprache
dann brauchten wir keine
verbuchte religion zu sein
die glaubt
dadurch alles in Ordnung
und in  der wahrheit zu halten
und im gesetz
daß sie alles festlegt

der heilige geist ist kein papagei
der nur nachplappert
was einstudiert ist
nachplappert
durch den mund von papstes
durch den mund von bischöfen
pastören  und kaplänen
und die anderen haben
ja nicht einstudiert
also haben die auch nichts zu sagen
und wehe

wenn einer
das nicht einstudierte spricht

der heilige geist
ist ein wind ein sturm
im hebräischen und im griechischen
gibt es für wind und für geist
nur ein wort

der wind aber
ist der einzig freie im land

wenn man den versucht
zu lenken
zu dirigieren
festzulegen
dann ist es sofort aus mit ihm
der wind und der wahre geist
sind die einzig freien im land

sehen wir also zu
was über uns ist
was für uns oben ist
wer für uns oben ist

denn was oben ist
kommt auch als geist
auf uns herab

es erbarme sich unser
der gott jesu
in dem das erbarmen
mit den menschen
sichtbar und greifbar erschienen ist
er verzeihe uns
unsere schuld
wie auch wir einander verzeihen
daß wir ins wahre leben gelangen
miteinander
amen


13.9 aus wilhelm willms der geerdete himmel

Freitag, 25. Mai 2012

Wer andern nie ein Feuer macht


Wer andern nie ein Feuer macht,
wer denen, die am Abgrund stehn
und angstvoll in die Tiefe sehn,
nicht etwas Hoffnung bringt,
wer nur schale Lieder singt,
wer meint, die einzig wahre Masche
sei Geld in seine eigne Tasche,
 wer andern nie ein Feuer macht
draußen in der Welt,
der ist nicht zu beneiden,
um den ist's schlecht bestellt.
Wer andern nie ein Feuer macht,
wer denen, die am Ende sind,
denen das Leben in den Ausguß rinnt,
nicht mal die Wogen glättet
und die Scharniere fettet
von rostig starr verschloss'nen Türen,
die in ein bess'res Morgen führen,
wer dem andern nie ein Feuer macht,
sich nie für ihn verbrennt,
der hat jede Nacht verplempert
und jeden Tag verpennt.

Wer andern nie ein Lager macht,
wer ewig fragt: »Was bringt das ein?«,
der wird, wenn seine Stunde schlägt,
unter den Geschlagnen sein.
Wer andern nie ein Feuer macht,
wer nur zu Gott um Hilfe fleht,
wenn's um eigene Belange geht,
wer frißt aus fremden Futterkrippen
mit starken Worten auf den Lippen,
wer Phrasen drischt am Rednerpult
für den eigenen Personenkult,
wer andern nie ein Feuer macht,
das warm im Dunkel brennt,
 wird keine Ruhe finden,
weil er das Licht nicht kennt.
Wer andern nie ein Feuer macht,
wird an der andern Feuerschein
irgendwann in einer kalten Nacht
einsam erfroren sein.

Peter Horton

Donnerstag, 24. Mai 2012

Frieden

"Sag mir, was wiegt eine Schneeflocke?" fragte die Tannenmeise die Wildtaube.

"Nicht mehr als Nichts.", gab diese zur Antwort.

"Dann muss ich dir eine wunderbare Geschichte erzählen", sagte die Maise.

"Ich saß auf dem Ast einer Fichte, dicht am Stamm, als es zu schneien anfing; nicht etwa heftig mit Sturmgebraus, nein, wie im Traum lautlos und ohne Schwere. 
Da ich nichts Besseres zu tun hatte , zählte ich die Schneeflocken, die auf die Zweige und Nadeln meines Astes fielen und darauf hängenblieben. Genau dreimillionensiebenhundereinundvierzigtausendneunhundertzweiundfünfzig waren es. Als die genau dreimillionensiebenhundereinundvierzigtausendneunhundertdreiundfünfzigsteFlocke niederfiel - nicht mehr als ein Nichts wie du sagst -, brauch der Ast ab." 
Damit flog sie davon. 
Die Taube, seid Noahs Zeiten eine Spezialistin in diesen Fragen, sagte zu sich nach kurzem Nachdenken:
" Vielleicht fehlt nur eines einzigen Menschen Stimme zum Frieden der Welt."

Mittwoch, 23. Mai 2012

Dekalog der Gelassenheit 

1. Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne
das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.


2. Nur für heute werde ich die größte Sorge für mein Auftreten pflegen:
vornehm in meinem Verhalten; ich werde niemand kritisieren, ja ich
werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu
verbessern, nur mich selbst.


3. Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für
das Glück geschaffen bin, nicht nur für die andere, sondern auch für
diese Welt.


4. Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen ohne zu
verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen.


5. Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten
Lektüre widmen; wie die Nahrung für das Leben des Leibes
notwendig ist, ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.


6. Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen, und ich werde es
niemand erzählen.


7. Nur für heute werde ich etwas tun, das ich keine Lust habe, zu tun;
sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür
sorgen, dass niemand es merkt.


8. Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht
halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und
ich werde mich vor zwei Übeln hüten: Hetze und Unentschlossenheit.


9. Nur für heute werde ich fest glauben - selbst wenn die Umstände das
Gegenteil zeigen sollten -, dass die gütige Vorsehung Gottes sich um
mich kümmert, als gäbe es sonst niemand in der Welt.


10. Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders
werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was schön ist,
und an die Güte zu glauben. Mir ist es gegeben, das Gute während
zwölf Stunden zu wirken; mich könnte es entmutigen, zu denken, dass
ich es das ganze Leben durchsetzen muss.


Johannes XXIII.

Dienstag, 22. Mai 2012

 DER PREDIGER SALOMO (KOHELET)


Alles hat seine Zeit


1 EJN jglichs hat seine zeit / Vnd alles fürnemen vnter dem Himel hat seine stund.  
2 Geborn werden / Sterben / Pflantzen / Ausrotten das gepflantzt ist / 
3 Würgen / Heilen / Brechen / Bawen  
4 Weinen / Lachen / Klagen /Tantzen  
5 Stein zestrewen / Stein samlen / Hertzen / Fernen von hertzen 
6 Suchen / Verlieren / Behalten /Wegwerffen  
7 Zureissen / Zuneen / Schweigen / Reden
8 Lieben / Hassen / Streit / Fried / hat seine zeit.  
9 MAN erbeit wie man wil / So kan man nicht mehr ausrichtenWenn das stündlin nicht da ist / so richt man nichts aus / man thu wie man wil / Wens nicht sein sol / so wird nichts draus. .  
10 Da her sahe ich die mühe / die Gott den Menschen gegeben hat / das sie drinnen geplagt werden 
11 Er aber thut alles fein zu seiner zeit / Vnd lesst jr Hertz sich engsten wie es gehen solle / in der Welt / Denn der Mensch kan doch nicht treffen das werck das Gott thut / weder anfang noch ende
12 Darumb merckt ich / das nichts bessers drinnen ist / denn frölich sein / vnd jm gütlich thun in seinem Leben..
 13 Denn ein jglicher Mensch der da isset vnd trinckt / vnd hat guten mut in alle seiner erbeit / Das ist eine gabe Gottes.  
14 JCH mercke / das alles was Gott thut / das bestehetWas er thut / das stehet / Was er wil / das gehet. Das ist / Er wanckt nicht / wird auch nicht verdrossen / wie ein Mensch / Er dringet durch. jmer / man kan nichts da zu thun noch abthun / Vnd solchs thut Gott / das man sich fur jm fürchten so
15 Was Gott thut / das stehet da / Vnd was er thun wil / das mus werden / Denn er tracht vnd jagt jm nach

 Luther 1545 - letzte Hand



1Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:
2geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;
3töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;
4weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;
5Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;
6suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;
7zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;
8lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.
9Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.
10Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen.
11Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.
12Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben.
13Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.
14Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, dass man sich vor ihm fürchten soll.
15Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.


Lutherbibel 1984

Montag, 21. Mai 2012



Es sieht so aus,
als ob unsere Industriegesellschaft langsam untergeht,
und zwar vor allem,
weil sie eine Gesellschaft ohne Freude und Liebe ist.

Sieht man tiefer, dann wird die Vitalität des Menschen
durch den Mangel an Freude und an Liebe geschwächt. 

Ich glaube, in der modernen Industriegesellschaft
hat das Leben keinen Reiz und keine Vision mehr.

Wenn das Leben keine Vision hat,
nach der man strebt,
nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte,
dann gibt es auch kein Motiv,
sich anzustrengen,
sich anzuspannen,
einer Vision nachzuleben.

Gibt es keine Vision
von etwas Großem, Schönem, Wichtigem,
dann reduziert sich die Vitalität,
und der Mensch wird lebensschwächer.
                                                                                                           Erich Fromm in einem Interview 1980

Sonntag, 20. Mai 2012

Das "Unerhörte"

'In Gottes Hand zu sein'


wieder ein Mahnen
  an dieses einzig Bleibende
in deinem Leben


wieder diese Enttäuschung,
die bezeugt,
wie lange du brauchst
um das zu erkennen


Dag Hammarskjöld - UN Gernalsekretär und Friedensnobelpreisträger

Samstag, 19. Mai 2012



"Mein Sohn, als ich zum Papst gewählt wurde, bin ich erschrocken vor der Würde dieses Amtes, 
und ich konnte eine Zeit nicht mehr schlafen.

Einmal bin ich doch kurz eingenickt, da erschien mir ein Engel im Traum, 
und ich erzählte ihm meine Not.

Daraufhin sagte der Engel:

'Giovanni, nimm dich nicht so wichtig'.



Seitdem kann ich wunderbar schlafen"

 Papst Johannes XXIII. (1958-1963) zu einem jungen Bischof

Freitag, 18. Mai 2012

Denn ich wurde gewahr, dass es mit dem Menschen ganz ähnlich steht wie mit der Zitadelle. 

Der Mensch reißt die Mauern nieder, um sich seine Freiheit zu wahren, aber nun ist er nur noch eine geschleifte Festung, die sich den Sternen öffnet. 

Dann beginnt die Angst vor dem Nichtsein. 

Möge er doch den Duft der Rebe, die in der Sonne dörrt, oder das Schaf, das er scheren soll, zu seiner Wahrheit machen. 

Die Wahrheit gräbt sich wie ein Brunnen. 

Wenn der Blick sich zerstreut, verliert er die Anschauung Gottes. 

Antoine de Saint- Exupéry  - Die Stadt in der Wüste



Donnerstag, 17. Mai 2012


Wenn du dich an negative Gefühle klammerst, wirst du nie glücklich.

Ich will damit nicht sagen, dass du nicht auch einmal so etwas empfinden kannst, was man negative Gefühle nennt.
Dafür sind wir Menschen! Es wäre nicht normal, würdest du dich nie in Bedrängnis oder niedergeschlagen fühlen,
wenn du nie wegen irgendeines Verlustes traurig wärst. Du kannst durchaus negative Gefühle haben.

Weißt du aber, was das Schlimmste an ihnen ist?
Wenn du dich an sie klammerst.

Anthony de Mello

Sonntag, 13. Mai 2012


MAI

Schon von Ferne sah der Pilger die große Stadt – umgeben von einer wehrhaften Mauer und starken Wehrtürmen – überragt von einem prächtigen Dom.

Er ging zum prachtvollen Dom – erbaut zur Ehre Gottes –
von mächtigen Bischöfen und Domherren entworfen –
von deren Untertanen in Schweiß und Entbehrungen aufgebaut.
Er hörte die Fremdenführer das Bauwerk erklärten, die Namen der Herren wurden dabei gepriesen – die Namen der Menschen, die die Steine geschleppt haben, eher nicht.

… von Gott, der ja der Beweggrund zum Bau gewesen sein sollte, war in diesen Erklärungen eher  weniger die Rede.

Nachdenklich geht er durch die Straßen – die Sonne blendet ihn, als er an einer großen Fensterfassade vorbeigeht – schnell geht er weiter und
bleibt dann plötzlich stehen – aus den Augen verschwindet die Blendung und
er sieht: der mächtige Dom spiegelt sich in der Fassade wider –
hinter den Fenstern erscheint das zur Ehre Gottes erbaute Gebäude in dem Geschäftsgebäude wieder – ein Gebäude im Gebäude – DurchBLICK in den HinterGRUND

Durch die Spiegelung öffnet sich ihm die Fassade und etwas anderes wird sichtbar.

War das in seinem Leben nicht auch so?
VorderGRUeNDig pilgerte er hin zu seinem Pilgerziel!
Sicher er konnte darüber Auskunft geben
und lange Geschichten über den Weg erzählen

Was war aber der Hintergrund, warum er gerade diesen Weg ging?
Was waren seine Beweggründe, seine wirkliche Motivation?
Kannte er die denn eigentlich selbst?

Und dann diese Zu-Fälle, die alle Planungen durcheinanderwirbelten –
zum Angenehmen oder zum Unangenehmen – einfach so …
Wie oft hatte er das Empfinden, dass da eine Hand war,
die ihn vor Umwegen oder Unheil geschützt hat?
Oder gerade umgekehrt, dass ihm ein Weg, eine Möglichkeit verwehrt blieb
oder im letzten Augenblick aus der Hand genommen wurde!

Wie oft hatten sich einfache, banale Fragen oder Aufgaben als scheinbar unlösbar entpuppt und dann wieder scheinbar unlösbare Herausforderungen und Probleme „einfach“ so auf unerklärliche Weise gelöst?

Vielleicht war ein Ziel des Weges ja hinter die Fassade, hinter das VorderGRUeNDige zu schauen – durchzustoßen zu der „Geschichte hinter der Geschichte“
Vielleicht ist ja der Vorder-Grund, das allzu Offensichtliche, das was doch klar ist, was messbar und damit regelbar ist, viel weniger klar und greifbar und tragfähig wie der Hinter-Grund auf dem alles gründet – der aber nicht messbar ist und damit scheinbar nicht regel- und verfügbar. 
Als der Pilger weiterzog hatte er viel Stoff zum Nachdenken und zum Durchdenken – auf der Suche nach dem Durchblick!

Dom in Erfurt                                                                                                                                                                         © Bernd H Brang

das suchen, was hinter den Kulissen wirkt und webt und trägt

 
MAI

Auf seinem Weg durch eine Stadt fällt der Blick des Pilgers auf eine Treppe.

Perfekt ausgerichtet wächst sie Stufe um Stufe nach oben –
immer höher und höher
perfekt in Höhe und Winkel

Fast erwartet er, dass gleich die nächste Stufe und dann  noch weitere angefügt werden – endlos immer weiter und höher

Höher - schneller - weiter                                                                           das Maxim seiner Zeit
besser ist nicht mehr gut genug - alles muss immer perfekter sein

Aber wohin führt diese Treppe?*                                                                      Keine Ahnung

Hauptsache:
Höher - schneller - weiter
besser ist nicht mehr gut genug es muss immer perfekter sein

Auf seinem Weg hat der Pilger auch eine  andere Welt-Anschauung gefunden.

Im Plan der Natur kommt dieses Wachstum um jeden Preis nicht vor.
Kein Baum wächst immer höher nach oben!                Kein Tier wird immer größer und länger!

Wo eine Tier- oder Pflanzenart, warum auch immer, doch einmal überhandnahm,
kam es immer zu Zerstörungen , Verwüstungen

Provozierend diese Frau – entspannt und ruhig sitzt sie einfach nur da …
Dem höher und höher der Treppe hat sie den Rücken gekehrt.

Wohin sie schaut?

Vielleicht ruht sie sich aus, um dann wieder in den Wettlauf einzusteigen?
Oder nährt sie in sich die Sehnsucht nach einem anderen Konzept?

Ratlos, verwirrt, traurig geht der Pilger weiter – er ist ein Kind seiner Zeit.
Zulange ist er in diese Schule des „höher – schneller – billiger – perfekter“ bereits gegangen.


Er spürt und sieht, dass viel Gutes daraus entstanden ist – aber tief innen weiß er, dass Wachstum ohne Maß und Ziel zerstörerisch ist und eine Umorientierung längst überfällig ist.


Er will aufmerksam horchen, wo diese alte, falsche Maxime sein Handeln bestimmt und die Sehnsucht in sich nähren nach einer neuen heilsamen Maxime – auch wenn er keine Ahnung hat, wie die aussehen soll.

Linz in Österreich                                                                                                                                                            © Bernd H Brang

dem nachspüren, was dem Leben dient
* Wolauff / Lasst vns eine Stad vnd Thurn bawen / des spitze bis an den Himel reiche / das wir vns einen namen machen / Denn wir werden vieleicht zerstrewet in alle Lender. (Lutherbibel 1545)