Sonntag, 13. Mai 2012


 
MAI

Auf seinem Weg durch eine Stadt fällt der Blick des Pilgers auf eine Treppe.

Perfekt ausgerichtet wächst sie Stufe um Stufe nach oben –
immer höher und höher
perfekt in Höhe und Winkel

Fast erwartet er, dass gleich die nächste Stufe und dann  noch weitere angefügt werden – endlos immer weiter und höher

Höher - schneller - weiter                                                                           das Maxim seiner Zeit
besser ist nicht mehr gut genug - alles muss immer perfekter sein

Aber wohin führt diese Treppe?*                                                                      Keine Ahnung

Hauptsache:
Höher - schneller - weiter
besser ist nicht mehr gut genug es muss immer perfekter sein

Auf seinem Weg hat der Pilger auch eine  andere Welt-Anschauung gefunden.

Im Plan der Natur kommt dieses Wachstum um jeden Preis nicht vor.
Kein Baum wächst immer höher nach oben!                Kein Tier wird immer größer und länger!

Wo eine Tier- oder Pflanzenart, warum auch immer, doch einmal überhandnahm,
kam es immer zu Zerstörungen , Verwüstungen

Provozierend diese Frau – entspannt und ruhig sitzt sie einfach nur da …
Dem höher und höher der Treppe hat sie den Rücken gekehrt.

Wohin sie schaut?

Vielleicht ruht sie sich aus, um dann wieder in den Wettlauf einzusteigen?
Oder nährt sie in sich die Sehnsucht nach einem anderen Konzept?

Ratlos, verwirrt, traurig geht der Pilger weiter – er ist ein Kind seiner Zeit.
Zulange ist er in diese Schule des „höher – schneller – billiger – perfekter“ bereits gegangen.


Er spürt und sieht, dass viel Gutes daraus entstanden ist – aber tief innen weiß er, dass Wachstum ohne Maß und Ziel zerstörerisch ist und eine Umorientierung längst überfällig ist.


Er will aufmerksam horchen, wo diese alte, falsche Maxime sein Handeln bestimmt und die Sehnsucht in sich nähren nach einer neuen heilsamen Maxime – auch wenn er keine Ahnung hat, wie die aussehen soll.

Linz in Österreich                                                                                                                                                            © Bernd H Brang

dem nachspüren, was dem Leben dient
* Wolauff / Lasst vns eine Stad vnd Thurn bawen / des spitze bis an den Himel reiche / das wir vns einen namen machen / Denn wir werden vieleicht zerstrewet in alle Lender. (Lutherbibel 1545)

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