Samstag, 23. Mai 2015

Ansichten eines Pilgers 23.05.2015 Poggio San Lorenzo - Kloster Farfa

Auch der heutige Tag (und jetzt,  am Abend,  wo ich das schreibe liegen noch drei Tage und 65 km bis zum Petersdom in Rom vor mir - unglaublich) relativ entspannt ... wenn man davon absieht, daß es regnete, als ich heute morgen aufgestanden bin! Also hieß es das erste Mal alles regendicht zu machen: Schutzhülle über den Rucksack, Regenponcho und dann noch den Regenschirm zücken.
Doch es war Gott sei Dank mehr ein stärker Nieselregen, der da vom grauen Himmel kam. Daß es vorwiegend an und auf Straßen ging hatte den Vorteil, daß die Schuhe trocken blieben, also nahm ich das notgedrungen in Kauf.
Und nach einiger Zeit konnte ich den Schirm schon wieder schließen.
Aber den Regenschirm bloß nicht wegpacken, sonst fängt es gleich wieder an zu regnen! ging es mir durch den Kopf. 'Du mit deinen Einreden und Glaubenssätzen!' meldete sich da gleich das Pilger-Ich. 'Als ob sich der Regen davon beeinflussen lässt, ob du den Schirm in der Hand mit dir rumträgst oder wieder wegpackst! Herrschaftspossen! Allmachtsphantasien!' grummelte er noch.
Ein Reden ... 'Schäfchen zur Linken, das Glück wird dir winken. Schäfchen zur Rechten, das Glück mußt du dir erfechten' 'Never change a winning team' ... und wie diese Sprüche alle heißen. Nun solche Vorhersagen kann man natürlich schnell in den Bereich des Humbugs und Aberglauben abschieben, wie auch das Festhalten des Regenschirms.
Doch gibt es in der Geschichte des Lebens auch noch so Sprüche wie: 'Das lernst du nie' schlimmer noch 'Was soll aus dir noch werden' oder 'Laß das - was denken die Leute' 'Ein Junge, ein Mädchen macht dies nicht oder macht jenes ...' und welche anderen Einreden uns von Kindes Beinen an begleitet haben. Und die wir so ganz nebenbei verinnerlicht haben.
Es ist gut, wenn wir auf uns hören; auf das hören, was wir uns selbst und auch anderen Tag für Tag so zu sagen ... nach und nach werden wir dabei vielleicht auf solche oder ähnliche Sprüche und Einreden stoßen. Und dann ist es wichtig hellhörig zu werden! Zu prüfen, was solche Sätze mit machen oder schon gemacht haben.
Und so den einen oder anderen Satz über Bord zu werfen; aus unserem Vokabular zu streichen, bzw durch einen Gegensatz zu ersetzen.
'Vielleicht habe ich das bisher nicht geschafft, aber jetzt gehe ich es erneut an.
Das mit dem Asphalt war ganz gut ... die Schuhe blieben den ganzen Tag trocken, bis ... ja bis mich mein Pilgerführer darauf hinwies, daß da noch ganz kurz vor Ende der Etappe ein Bach zu überqueren sei.
Na und dachte ich, bis mir so dämmerte, daß die Formulierung normalerweise schon beinhaltete, daß das mittels einer Brücke geschieht ...
Nicht einmal Trittsteine gab es, dafür aber nasse Schuhe (Gore Tex zum Trotz - übrigens eine Einrede, die bei mir nicht klappt - auch bei Gore werden die Füße naß)
Na ja das Festhalten und Rumtragen des Regenschirm hat übrigens auch nichts geholfen. Nachdem also meine Schuhe und Füße naß waren ging ich nur noch etwas hoch zum Kloster und da erinnerte sich Petrus meiner und schickte noch schnell einen richtig schönen Regenschauer aus den grauen Wolken. Und bevor wieder so eine dumme Einrede ( ich hab's gewußt, daß ich kein Glück habe ... ) über mich herfiel versuchte ich es schnell mal mit Dankbarkeit, denn es hätte ja den ganzen Tag so regnen können - graue Wolken waren genau über mir versammelt.
PS: Bei dem Spruch mit den Schafen hat mich IMMER ( aufgepasst, wenn immer oder nie oder eigentlich im Satz vorkommen - könnte auf Einrede hinweisen) gestört, daß bei mir die Schafe fast IMMER auf der Rechten Seite waren ...
Deshalb habe ich das etwas gewandelt: 'Schäfchen zur Rechten, mit Glück ist zu rechnen! '

'Eines was ich in diesem Zusammenhang schon mal gehört habe, aber nicht so recht verstanden habe' mischte sich da das Pilger-Ich noch ein. 'Es wird die These vertreten, daß solche Einreden auch etwas positives bewirken können. Nur nennen diese Einreden sich dann Motivationssätze. Wichtig sei dabei aber unbedingt, daß diese Sätze positiv formuliert werden (also nicht: Ich habe kein Pech mehr sondern Ich habe Glück im Leben).
Begründung:diese Sätze wirken auf das Unterbewusstsein und beeinflussen es dann positiv (kann ich noch nachvollziehen). Da das Unterbewußte den Begriff 'nicht' nicht verstehen können würden Sätze die eine Negation beinhalten genau das gegensätzliche Ergebnis bewirken. Und das verstehe ich nicht, meint das Pilger-Ich. Denn dann würden alle Menschen, die den Spruch: Das kann ich nicht! Über kurz oder lang zu Könnern und die Menschen mit der Einrede 'Nie habe ich Glück! 'müssten doch dann folgerichtig irgendwie wann vom Glück eingeholt werden.

Wie immer es so ist beim Versuch etwas von Lebensvorgängen zu verstehen mag die folgende Geschichte zeigen.
Ein bekannter Psychologe hatte einen Studenten bei einer Therapiestunde dabei gehabt. Nach der Stunde sollte der Student diese Sitzung nun analysieren und zeigen was er gelernt und verstanden hatte. Und seine Erklärungen waren hervorragend.
Als er dann fertig war und meinte: 'So war es doch bei diesem Patienten,  Herr Professor?' nickte dieser ganz bedächtig und meinte: 'Sehr gut sie haben alles bedacht und sehr fein beobachtet. Ja, so wird es wohl bei diesem Patienten sein! '
Und nach einer kurzen Pause ergänzte er mit einem leisen Lächeln: 'Oder ganz anders!'

Und dieses leise Lächeln kommt im Moment auch von der Sonne vom Himmel.
Frohes Pfingstfest möge SEIN Geist über uns alle kommen!
Pace e Bene!

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