Samstag, 16. Mai 2015

Ansichten eines Pilgers 16.05.2015 Foligno - Campello sul Clitunno / Settecamino

Draußen ist wieder Disco ... was soll mir das nur sagen ;-) bin hier wohl mehr an der Peripherie und an einer befahren Straße, doch die Bar scheint beliebt und die Musik schallt laut her;  wenigstens in etwa meine Stilrichtung ...
Den Tag konnte ich sehr gemütlich beginnen, da es nur wenig Steigung und genau so viele km waren ... 20 also wenig.
Also bummelte ich noch gemütlich durch Foligno, frühstückte ebenso gut wie gemütlich und machte mich dann noch auf den Weg.
...

Zuvor machte ich mir noch den Spaß meinen Vermieter in einem Vorurteil zu bestätigen: gestern meinte er, daß ich um 8 Uhr ihm den Schlüssel in die Metzgerei bringen solle. Also war ich um genau 8 Uhr bei ihm, was ihn zu dem bewundernden Aufruf veranlasste: Ein Deutscher.
'Ich liebe meine Vorurteile', meinte da mein Pilger-Ich.'Da kann ich ganz unverbrähmt mal was rauslassen. Gefährlich wird es allerdings,  wenn ich vergesse oder nicht mehr merke, daß es eben ein Vorurteil ist und damit tendenziell immer schief oder gar falsch. Ich liebe und hege meine Vorurteile, doch ich gebe auf sehr auf sie acht, damit sie mein Urteilsvermögen eher schärfen, als trüben. Denn Vorurteile hat jeder - wichtig bleibt sie als solche zu identifizieren. '
Dann hieß es wieder Abschied von einer Stadt zu nehmen, mit der ich gerade angefangen hatte Kontakt aufzunehmen.
Erst ging ich an der Straße entlang, was in Pilgerführern immer wieder verpönt ist und bei Wegen durch größere Vorstädte immer wieder mit der Bemerkung kommentiert wird, daß man hier auch den Bus nehmen kann.
Kommentar des Pilger-Ichs: 'Aber WIR haben diese Städte doch genauso gemacht, da leben doch endlos viele Menschen genau in diesen Vorstädten, wie kann (m)ich da eine Abkürzung ver suchen? Diese Vorstädte oder auch Industrieviertel sind doch Teil unserer Welt und damit originäre Bestandteile des Weges.
Doch diesmal war es nur eine relativ kurze Strecke und dann ging der Weg wieder Weg von der Hauptstraße.
Hin zu einem kleinen Ort, der aber immer noch erkennbar von einer Stadtmauer umgeben war.
Und dann ging es doch wieder hinauf, wobei es heute sehr komot zuging in Sachen auf und ab - und schließlich sollte man ja einmal am Tag so richtig zum Schwitzen kommen.
Hoch ging ich zu dem Ort Trevi (ob er etwas mit dem gleichnamigen Brunnen in Rom zu tun hat weiß ich nicht, es war mir aber wie ein Gruß, eine Einladung).
Was mir aber dabei aber auffiel war, daß ganz viele der Altstädte am Hang angesiedelt waren, auch auf der Gegenseite der Ebene sah ich sie. Dazwischen eine, wie es scheint fruchtbare Ebene. Es muß eine gefährliche Zeit gewesen sein, als diese Ansiedlungen angelegt wurden und diese Zeit muß lange angedauert haben, da die Altstädte wirklich neueren Datums zu sein scheinen. Tom zeigte in Assisi auf die Häuser und meinte, daß sie alle ursprünglich nur über Leitern in den ersten Stock zu erreichen gewesen seien - eine Vorstellung, die ich mir als heutigen Menschen nur schwer vorstellen kann.
Doch die Anlage der meisten Ansiedlungen hier scheint das zu bestätigen.
Etwas weiteres zum Wundern oder vielleicht Wunder habe ich dann auf dem Weg sehen können - Olienbäume, die schon 1700 Jahre alt sein sollen. Es gibt dort in der Nähe eine Kirche, in der  Franziskus gebetet hat - da war dieser Baum bereits 500 Jahre alt ... un vor stellbar ... und da steht mir meine Vor-Stellung nicht im Weg.
Eher die Disco, bei der das Publikum nun langsam mitsingt.
Doch bevor ich hier ankam verwies mich ein Hinweisschild und mein Pilgerführer auf einen besonderen Ort: 'die berühmten Fonti del Clitunno, den Quellen des Flüsschens Clitumnus .. ( ... schon von den Dichtern Plinius und Lord Byron besucht und gelobt)' Soweit das Zitat. Nun leben beide Dichter nicht mehr, auch wenn der eine noch etwas näher an unserer Zeit lebte, so verwunderte mich dann das Hinweisschild vor dem Kassenhäuschen ganz und gar nicht, auf dem stand,daß es hier doch nicht mehr so aussehe, wie zu Plinius Zeiten; was mich garnicht wunderte -  wobei als Begründung eine Anzahl von Erdbeben genannt wurde. Daß sich Natur mit der Zeit ganz natürlich ändert ist anscheinend bei so etwas Besonderem als Begründung zu schwach angesetzt.
Wobei die Begeisterung für die Sänger immer mehr zu nimmt oder ist nur jemand an den Lautstärkeregler gekommen....
Was dem Pilger noch so alles auf fiel; worüber er gestolpert ist, ohne hinzufallen.
Vorallem beim Gang durch die Städte und Ortschaften fällt dem Pilher eine, wie soll er es ausdrücken, Verarmung oder doch eher eine, fast traut er sich nicht, 'Ver wahr losung' auf undzwar bei der Kleidung. Am Anfang dachte er es seien nur Einzelne doch dann war es noch nicht mehr zu ignorieren - die Unzahl von zerrissenen Hosen, die da herumliefen.
Wievielte Jahrhunderte, Jahrtausendene war es so, daß man schon den Kleinen beigebracht hatte sie sollen nur auf ihre Kleidung aufpassen und sie ja nicht schmutzig oder gar kaputt machen.
Und nun ist gerade das in Mode? !!! Vielleicht banal und vielleicht ist der Pilger als nicht unter die Sesshaften gehörig auch etwas eigenen - aber das macht etwas mit uns, davon ist er überzeugt.
Etwas anderes fasziniert ihn noch mehr in den Städten: die Anordnung und Vielzahl von Antennen und Kaminen. Kamine, um die Abluft abzuleiten.
Antennen, um Kontakt auf zunehmen  ... nur mit einem wem ... es gab eine Zeit, da waren es die Kirchturm, die sich in den Himmel streckten, um Kontakt aufzunehmen mit etwas, was Über Natur genannt.
Nun strecken sich die Antennen aus, um ... ja mit wem Kontakt aufzunehmen ... mit der Medienwelt und -vielfalt. Doch was bringt diese uns ins Haus?
Lebens Hilfe oder nur Überflutung mit Informationen, die zuvor von Irgendwem vor gefiltert wurde, um irgendwelchen Interessen zu dienen, die selten die meinen sind, meint der Pilger.
... und die Sänger werden immer lauter und die Trefferquote der richtigen Töne immer geringer ... warum greift hier kein Filter ...
Und zu guter Letzt ( der Pilger könnte wohl noch lange weiter schreiben, da die Energie der Sänger unerschöpflich scheint, doch er will sich nicht der allgemeinen Informations-Umweltverschmutzung kurz InfoSmog verdächtig machen)
Was ihm schon länger auf seinen Wegen auffiel, war daß er viele Turmuhren sah, die einfach still standen
(Kann mal jemand der Sängerin klar machen, daß LAUTstärke aus dem Verstärker NICHTS mit Qualität und schon garnichts mit Kunst zu tun hat. Das Wort hat meiner Meinung nach etwas mit KÖNNEN zu tun wann können sie wohl nicht mehr )
Aber zurück zu den Uhren. Lange dachte er, daß da vielleicht mangelnde Achtsamkeit oder Pflege dahinter steckt. Schließlich geht manches kaputt und die Bedeutung einer Turmuhr für die Allgemeinheit ging schon lange zurück, schließlich ist eine Armbanduhr längst kein Luxus mehr und selbst diese ist schon vom Handy auf den Weg vom Notwendigen zum Schmuckstück geschickt worden.
Heute kam dem Pilger eine andere Phantasie:Vielleicht sind all diese Still stehenden Turmuhren nichts anderes als ein stiller Protest gegen diese immer schnellere Zeit, gegen diese Fließband-Mentalität, die längst ALLE Bereiche unseres Lebens durchdrungen und in ihrem unbarmherzigen Griff hat; die Mentalität, die den Börsenkurs anbetet und über langfristiges und kontinuierliches,  verantwortliches Handeln und Planen stellt; die selbst den Umgang mit Menschen mit der Stoppuhr und dem Kostendruck reglementiert.
Die uns in einer Zeit, in der wir in der Regel mehr FREIzeit haben als die Menschen in den Jahrhunderten vor uns keine Zeit mehr haben lässt.
Ich habe leider keine Zeit ...
Der Pilger hat nun genug von Deiner Zeit beansprucht und versucht nach nun den stillen Protest gegen diese infernalischen Sänger und schließt den Blog und das Fenster.   ;-)  :O

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