Freitag, 15. Mai 2015




Ruhen

Es lebte ein Mann, der war ein sehr tätiger Mann und konnte es nicht übers Herz bringen eine Minute seines wichtigen Lebens ungenützt vorübergehen zu lassen.
Wenn er in der Stadt war, so plante er,
in welchen Badeort er reisen werde.
War in dem Badeort, so beschloß er einen Ausflug nach Marienruh zu machen.
Saß er dann in Marienruh, so nahm er den Fahrplan her, um nach zu sehen, wie man am schnellsten wieder zurückfahren könne.
Wenn er im Gasthof einen Hammelbraten verzehrte, studierte er während des Essens die Karte, was man nachher nehmen könne.
Und während er den langsamen Wein des Gottes Dionysos hastig hinuntergoß, dachte er,
daß bei dieser Hitze ein Glas Bier wohl besser gewesen wäre.
So hatte er niemals etwas getan,
sondern immer nur ein nächste vorbereitet. Und als er auf dem Sterbebett lag, wunderte er sich sehr, wie leer und zwecklos doch eigentlich dieses Leben gewissermaßen gewesen sei.

                                                 V. Auburtin

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