Nach Gottesdienst noch nettes Gespräch mit Schwester Romana, die mich ganz selbstverständlich mit dem Reisesegen entließ, hinaus in den frühen Morgen und in die schon wache Stadt Stará Boleslav, durch eine Brücke mit Brandys nad Labern (nicht Schnaps sondern Brandeis an der Elbe - was Pilger alles auf seiner Fahrt lernt 😀) verbunden ist.
Und die alte Pilgerweisheit forderte wieder ihren Tribut: es ist oft schwerer den Weg durch eine Stadt zu finden, als durch den Wald 😄😅😃.
Und so stand ich an einem Bahnübergang, wie auf dem Plan dargestellt .... doch irgendwie fand ich kein Zeichen und der Winkel zwischen Straße und Schienen war anders als dargestellt (was Pilger so auffällt und auf was man alles achten kann).
Also den Rat aus dem Pilgerführer ernstnehmen und umkehren, wenn die Zeichen ausbleiben ....
Und dann waren sie wieder da, die Markierungen und auch Schienen und Weg kreuzten sich im richtigen Winkel 😁😃😂😄😅.
Da der Weg heute eh länger werde würde .... kommen halt noch 2 km drauf ... als feste druffffff 😊😆😉😊😎
Kaum wieder Schritt gefaßt und einen guten Rhythmus gefunden, da kamen die ersten Regentropfen vom Himmel gefallen ... nächste Unterbrechung ... Regenüberzug über Rucksack; Poncho über Rucksack und Pilger; Regenschirm über alles ... so macht Regen nicht mehr so viel aus
Außer es kommen Windböen und schon ist es fast wie Drachensteigen ... der Poncho bläht sich auf und beginnt sein Eigenleben ... der Schirm versucht die Schirmherrschaft zu übernehmen 😉
Ist der Regenschauer vorbei kommt es zum Rückbau, da die Temperatur unter dem Poncho langsam aber sicher ansteigt und der Regenschirm die Sicht doch stark einschränkt.
Also Regenschirm zusammenklappen, an dem Pilgerstab befestigen. Regenponcho vorne raffen und mir Klettband fixieren, daß wieder Luft an Pilger kommt.
Beim nächsten Windstoß kann es dann passieren, daß der Regenponcho zum Drachen wird und sich irgendwie um Pilger wickelt.
Oder der nächste Regenschauer kommt und der Rückbau wird wieder reversiert ....
Nieselregen lädt dann eine abzuwägen zwischen langsamen naß werden und Luft (Poncho gerafft) oder langsamen naß werden von Innen und keine Luft (Poncho heruntergelassen).
Im ersten Fall ist der Foto ungeschützt (Fotografieren möglich) - im zweiten Fall Foto geschützt (Fotografieren mühsam).
Und diese Komponenten kann man beliebig komponieren.
So vergeht die Zeit auch ... mit welchen Kleinigkeiten Pilger die Zeit füllt und sich Probleme machen kann, oder es auch lassen kann.
Daneben gilt es natürlich auf den Weg und das Wetter und seine Zeichen zu achten.
Vorallem, wenn es über Feld geht, wo sich die Möglichkeiten Wegmarkierungen anbringen auf natürliche Weise reduzieren.
Wind, Regen, Nieselregen, Fieselregen, ergänzt mit kaltem, scheidendem Wind und Windböen wechselten sich in buntem Mix ab.
Feld, kleine Ortschaften, Teiche und urige Wälder wechselten sich ab, wie das Wetter ...
Aus so einem urigen Wald hinaus auf das Feld tretend sehe ich drei schöne Kastanienallee: rechts gerade aus links ...
Drei Alleen ... hoppla ... drei Dinge sollte ich in den Händen spüren ... Pilgerstab - Regenschirm - .... Pilgerhalstuch aus SdC ...
letzteres war unspürbar ... schmerzhaft, nicht wegen des materiellen, aber wegen des ideellen Wertes.
Es war eh eine lange Etappe, den Umweg hatte ich schon draufgelegt, also kam es auch nicht mehr darauf an zurückzulaufen, in der aberwitzigen Hoffnung, das Halstuch wieder zu finden ...
Vorallem wie weit lag der Verlust zurück .... ich hatte kein Gefühl wann ich alle drei Dinge das letzte Mal gespürt hatte und es gab viele Stellen, wo ich fotografiert hatte , der wahrscheinlichste Grund des Verlieren.
Bis zu dem interessanten Morastloch, 10 min, bis zu dem See, wenn ich so weit zuückgelaufen bin kann ich auch bis zur Straße zurückgehen ... immer weiter zog ich den Kreis, gehalten und getrieben von einer inneren Gewißheit, das Halstuch wieder zu finden (klingt toll und heroisch 🤔 aber viel wahrscheinlicher war, daß ich mich nicht meinem inneren Gejammer und Gezeter aussetzen wollte, das mich wohl einige Zeit beschäftigt hätte:.warum hast du es nicht weggepackt , warum hast du nicht richtig aufgepaßt ....
Die Straße kam in Sicht ... die Zuversicht war fast außer Sicht ... da stets ein Auto, sonst liegt da nichts ... jetzt bin ich so weit gegangen, jetzt auch noch zu Straße, um das Auto herum ....
Meine innere Seelenruhe war wieder hergestellt
... da lag das Halstuch 😀😉😀😉😀😉.
Nun also frohgemut den gleichen Weg zurück ... 3 - 4 km add-on 👍👍👍
Weiter gen Prag ...
das dann plötzlich vor mir lag ... scheinbar endlos weite Hochhäuserreihen an Hochhäuserreihen gereiht ... nebeneinander und hintereinander, durch einander und aufgereiht wie eine Perlenkette ... hingeworfen , wie eine Handvoll Würfel oder Schachteln ... endlos in Weite und Breite ...
garnicht das Goldene Prag mit den vielen Türmen und Kuppeln ....
einfach die Hauptstadt von Tschechien ... gleichzeitig die größte Stadt des Landes (11.5 %.der Einwohner des Landes leben hier)
Und so ging ich durch Prag 12, 13 oder mehr km ... hin zum Goldenen Prag ...
unbeschreiblich, als ich das erste Mal den Veitsdom sehen konnte ...
Im Grunde ging ich relativ gradlinig durch die Außenbezirke mit Autohäusern, Industrie Hochhäusern, Wohnsiedlungen, Grünflächen ... immer mehr hin ins Zentrum ... bestaunte die wunderschönen Fassaden, mal vom Staub der Jahrzehnte bedeckt, mal frisch und neu herausgeputzt ...
Jogger und Kinderwagen vor sich herschiebende joggende Frauen kamen mir entgegen und überholten mich wieder ...
... eine Hund zog den Schwanz und lief vor mir weg ... nur das geduldige Zureden seiner Besitzerin half ihm dann mit Höchstgeschwindigkeit an mir vorbeizurennen ... eine neue Erfahrung ...
Und dann endlich vertrautes Gebiet ... eine Ballung von Eisenbahngleisen verkündet die Nähe des Hauptbahnhofs ... jetzt ist der Pulverturm nicht mehr weit ... die Glocken läuteten zum Angelus - 18 Uhr - doch St. Jakobus war leider nicht zugänglich (auch beim zweiten Versuch am nächsten Tag, das gleiche Lied) ... an einem Lieblingscafe am Ungelt vorbei ...
warum eigentlich? Ich war in PRAG angekommen, endlich DA !!!!
Da war es doch an dem , daß ich eine kleine Pause machen und feiern kann 😁😃😎
Durch diese schmale Tür soll er gehen ... im dritten Anlauf kam ich mit dem Rucksack in den kleinen, wunderbar gemütlich eingerichteten Raum ... Cappuccino & Apfelstrudel waren die verdiente Belohnung ...
und der Hunger und die müden Füße zeigten die Länge der Etappe andeutungsweise an.
Dann weiter an der Tynkirche vorbei zum Altstädter Ring - eine Freudentänzchen und ein Jubelschrei wären nun eigentlich angebracht - auf den Boden legen und genießen, wie in Santiago nach der Ankunft ...
doch eine stiller, innerer Jubel war angebrachter 🙋🙋🙋👍👍👍👏👏👏👣👣👣
Als ich dann den Wenzelsplatz Richtung Muzeum und Straßenbahn hinnnnauf ging brach plötzlich die Wolkendecke auf und die Sonne illuminierte zuerst das abschließende Gebäude des Muzeums und anschließend die einzelnen Wolken, die am Himmel vorbeizogen ... mein persönliches Begrüßungsfeuerwerk.
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